Ausbildungsunterhalt nach Schwangerschaft und dreijähriger Phase der Kinderbetreuung

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Trotz Unterbrechung müssen die Eltern Unterhalt zahlen

Ein unterhaltsberechtigtes Kind verliert den Anspruch auf Unterhalt für eine Ausbildung gegenüber seinen Eltern nicht deshalb, weil es, statt direkt nach dem Ende der Schule eine Ausbildung oder ein Studium aufzunehmen, schwanger wird und das Kind zunächst betreut. Mit diesem aktuell veröffentlichten Urteil vom 29.06.2011 setzt der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum sog. Basisunterhalt fort. Mit Basisunterhalt bezeichnet wird der Unterhalt, den eine Mutter, die ihr Kind in den ersten drei Lebensjahren betreut, von dem Vater des Kindes für sich selbst verlangen kann. Der nun entschiedene Fall betrifft zwar nicht einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater des Kindes; jedoch knüpft der BGH an die gesetzliche Regelung des Basisunterhaltes an. In den ersten drei Lebensjahren eines Kindes ist die Mutter nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dieser Grundsatz wird fortentwickelt: sie ist ebenfalls nicht verpflichtet, eine Ausbildung oder ein Studium aufzunehmen, sondern kann sich allein der Fürsorge für ihr Kind widmen. Nach dessen dritten Lebensjahr muss die Mutter dann allerdings – unmittelbar, höchstens nach einer Übergangszeit von wenigen Monaten, die sie zu ihrer Orientierung nutzen kann – die Ausbildung oder das Studium aufnehmen.

Verhält sich eine Mutter so, verliert sie nicht den Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern. Nach der Rechtsprechung ist der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung der Eltern, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht die Obliegenheit des Kindes gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Verletzt das Kind aber nachhaltig die Pflicht, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, verliert es den Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern und muss seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.

Eine Schwangerschaft und die daran anschließende Fürsorgephase für das Kind stehen dem Unterhaltsanspruch der Mutter gegen ihren Eltern aber nach diesen Grundsätzen nicht entgegen.

Urteil vom 29. Juni 2011, XII ZR 127/09

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=1&nr=57292&pos=35&anz=784