BGH: Ehevertraglicher Verzicht auf Zugewinnausgleich nicht unwirksam

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BGH: Ehevertraglicher Verzicht auf Zugewinnausgleich nicht unwirksam

Ein ehevertraglicher Verzicht auf Zugewinnausgleich ist nicht schon deshalb unwirksam (§ 138 BGB), weil ein Ehegatte - entsprechend den gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten bei Vertragsschluss - in der Ehe einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und deshalb kein im Versorgungsausgleich auszugleichendes Versorgungsvermögen erworben hat. Damit hat der BGH wiederum seine Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Eheverträge konkretisiert.

1. Sachverhalt

Klaus Wille
Rechtsanwalt
Waidmarkt 11
50676 Köln
Tel: 0221-79077052
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Die Parteien lernten sich während des Studiums kennen. Beide haben ihr Studium aber nicht beendet. 1994 wurde Ehefrau schwanger. Auf Wunsch des Ehemannes wurde Anfang 1995 eine Ehevertrag geschlossen; die Hochzeit fand kurz darauf statt.

In dem Ehevertrag vereinbarten die Parteien u.a. Gütertrennung. Der Ehemann erwarb kurze Zeit nach der Eheschließung einen Anteil an der Firma seiner Eltern. Zum Zeitpunkt der Scheidung war Ehemann Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer. 2001 fand die Trennung statt. Der Ehemann zahlte Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt. 2003 wurde die Scheidung eingericht. Im Verlauf des Verfahrens verlangte die Ehefrau die Durchführung des Zugewinnausgleichs. Das Amtsgericht hatte den Ehemann antragsgemäß verurteilt. Dagegen wurde Berufung des Ehemannes eingelegt. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Ehefrau.

2. Rechtlicher Hintergrund

Für Ehegatten besteht die Möglichkeit durch einen Ehevertrag unter anderem den Güterstand der Zugewinngemeinschaft, den nachehelichen Unterhalt sowie den gesetzlichen vorgesehenen Versorgungsausgleichs auszuschließen. Die Ehegatten haben dabei allerdings die gesetzlichen Grenzen, insbesondere das Verbot der Sittenwidrigkeit aus § 138 BGB, zu berücksichtigen. Dabei wird eine zweistufige Prüfung vorgenommen, zuerst wird im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle geprüft, ob der Ehevertrag wirksam ist. Soweit ein Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, hat sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu erfolgen. Entscheidend ist bei der Ausübungskontrolle, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar ist.
(vgl. Urteil des BGH vom 17.05.2006 (Az. : XII ZB 250/03).

3. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.10.2007 (Az. : XII ZR 96/05)

Der BGH hatte bereits in anderen Urteilen dargelegt, dass die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen. Der BGH stellte zunächst klar, dass der vereinbarte Ausschluss des Zugewinnausgleichs für sich genommen, nicht zu einer Sittenwidrigkeit führe. Daran ändere auch die Schwangerschaft nichts. Denn die Schwangerschaft führe für sich gesehen nicht zu einer Sittenwidrigkeit.

Dazu führt der BGH u.a. aus:

"Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst; er erweist sich ehevertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich (.. .). Schon im Hinblick auf diese nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss dieses Güterstandes, (.. .), regelmäßig nicht sittenwidrig sein.

Die durch die Schwangerschaft der Klägerin indizierte ungleiche Verhandlungsposition der Parteien führt vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Die Parteien haben mit ihrem Ehevertrag nur die Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und damit von einer ihnen vom Gesetz ausdrücklich eröffneten Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Hinsichtlich aller anderen Scheidungsfolgen haben sie es bei der gesetzlichen Regelung belassen; der Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ist damit von ihrer Abrede nicht berührt. Schon deshalb bewirkt der Ehevertrag hier keine evident einseitige Lastenverteilung, die für die Ehefrau hinzunehmen unzumutbar wäre. Dies gilt umso mehr, als nach dem eigenen Vortrag der Ehefrau der Abschluss dieses Vertrages in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Beteiligung des Ehemannes als Mitgesellschafter an dem von seiner Familie gegründeten Unternehmen stand. Für den Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes sprach, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist, deshalb hier das berechtigte Interesse des Beklagten an der Erhaltung der wirtschaftlichen Substanz seiner Unternehmensbeteiligung.

Das Anliegen, den Fortbestand dieser Beteiligung als der Lebensgrundlage der Familie nicht durch etwaige Ausgleichszahlungen, die jedenfalls etwaige Wertzuwächse der Unternehmensbeteiligung während der Ehe erfassen würden, im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung zu gefährden, erscheint legitim und nicht als Ausnutzung einer ungleichen Verhandlungsstärke."

(vgl. BGH in: FamRZ FamRZ 2008, 386 ff.). Daher wurde die Klage der Ehefrau abgewiesen.

4. Fazit

Die Schwangerschaft an sich ist kein Grund allein, die Unwirksamkeit eines Ehevertrages anzunehmen. Ebenso bedeutet der Ausschluss des Zugewinnausgleichs allein in der Regel keine Unwirksamkeit eines Ehevertrages. In Zweifelsfällen raten wir Ihnen zu einer anwaltlichen Beratung.


Für weitere Fragen zu diesem oder anderen Themen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Wille
Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Familienrecht
Breite Str. 147 - 151
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Fax. : 0221/ 2724747
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Mit freundlichen Grüße
Klaus Wille
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