Darf ein unterhaltspflichtiger Vater Hausmann sein?

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Eigentlich sollte man bzw. frau hoffen, dass die heutige Familienrechtsordnung nicht mehr von dem Leitbild der Hausfrauenehe, sondern einer gleichberechtigten Partnerschaft geprägt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dies zwar schon 1954 postuliert (BverfGE FamRZ 1954, 15), und auch der Gesetzgeber hat es schon durch verschiedene Maßnahmen umgesetzt (z.B. Elternzeit für beide Eltern), doch die Rolle des Hausmannes ist noch immer nicht vollständig akzeptiert - z.B. nicht von der Rechtsprechung:

Ein Ehepaar lässt sich scheiden. Die Frau bleibt als Hausfrau und Mutter mit einem oder mehreren Kindern zurück, der Mann, der mit seinem Einkommen die Familie ernährt hat, findet eine neue Partnerin. Er bekommt Kinder mit der neuen Partnerin. Der Mann gibt seinen Beruf auf, um sich um die Kinder zu kümmern, die neue Partnerin ist erwerbstätig und versorgt die Familie. Da er dann ja über kein Einkommen mehr verfügt, kann er seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen.

Nach der "Hausmann-Rechtsprechung" des BGH kann aber ein wiederverheirateter Ehegatte im Einvernehmen mit seinem neuen Ehepartner zwar Haushaltsführung und Kinderbetreuung allein übernehmen, unterhaltsrechtlich entlastet die häusliche Tätigkeit den Unterhaltspflichtigen aber nur gegenüber den Mitgliedern seiner neuen Familie.

Der unterhaltspflichtige Vater kann also nur unter engen Voraussetzungen Hausmann sein, da seine geschiedene Frau und die bei ihr lebenden gemeinsamen Kinder unterhaltsrechtlich den selben Rang einnehmen wie das Kind aus der neuen Ehe.

Diese Rechtsprechung sei laut BGH auch auf nichteheliche Lebensverhältnisse anzuwenden. Auch in einem derartigen Fall sei es nicht gerechtfertigt, dass sich der Rollentausch zu Lasten der früheren Ehefrau und der aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder auswirkt.

Danach müssen die Unterhaltsberechtigten eine Einbuße ihrer Unterhaltsansprüche jedenfalls dann nicht hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie das Interesse der geschiedenen Ehefrau und der Kinder aus erster Ehe nicht deutlich überwiegt. Dafür reicht es unter keinen Umständen aus, wenn die Partnerin des Unterhaltspflichtigen nur über ein unwesentlich höheres Einkommen verfügt als dieser durch Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Im Ergebnis bleibt somit der "Hausmann" seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern aus der früheren Ehe in vollem Umfang unterhaltspflichtig.

Die Rechtsprechung akzeptiert den Rollenwechsel des Mannes also grundsätzlich nicht.

Sie geht mindestens unterschwellig von einem Umgehungstatbestand aus, dass nämlich der Mann nur deshalb als Hausmann tätig sein will, damit er seinen Unterhaltspflichten nicht mehr nachkommen muss. Das mag in einigen Fällen auch so sein. Es per se anzunehmen ist jedoch eindimensional gedacht. 1999 wurde die Arbeitsteilung in Ehen hinsichtlich Erwerbstätigkeit, Hausarbeit und Kindebetreuung untersucht. Es wurden die Umstände ermittelt, unter denen Männer einen substanziellen Beitrag zur häuslichen Arbeit leisten. Dabei wurden auch die Scheidungserfahrungen der Männer als signifikanter Faktor berücksichtigt: es wurde herausgefunden, dass Männer mit Scheidungserfahrungen sich stärker an der Hausarbeit und auch an der Kinderbetreuung beteiligen, und zwar unabhängig davon, ob sie unterhaltspflichtig waren oder nicht.

Als Grund wurde angeführt, dass Fehler aus der ersten Ehe vermieden und von Anfang an eine intensivere Beziehung zum Kind aufgebaut werden sollte. Es kann daher nicht einfach von vorneherein unterstellt werden, dass Männer nur deshalb Hausmann werden, um ihren Unterhaltspflichten zu entgehen - auch wenn dies in einigen Fällen sicherlich die Motivation ist.
Eheliche Autonomie und Unterhaltspflichten lassen sich sehr wohl miteinander verbinden.

Wenn ein Mann auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet, weil er die Rolle des Hausmannes übernimmt, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass er hinsichtlich des Unterhalts leistungsunfähig wird. Da der Mann als Hausmann - wie eben auch eine Hausfrau - durchaus etwas leistet und dadurch seiner neuen Partnerin die volle Berufstätigkeit ermöglicht, könnte man überdenken, dem Mann ein fiktives Einkommen zu fingieren, was im Unterhaltsrecht keineswegs unbekannt ist. Für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte dem neuen Partner unentgeltlich den Haushalt führt, kommt es auf diese Weise zu einer Bedarfsminderung. Die Höhe dieser fiktiven Vergütung wird von der Rechtsprechung unterschiedlich angesetzt, die Hammer Leitlinien sehen z.B. einen Betrag zwischen 250,- und 500,- vor.

Es bleibt abzuwarten, wie die gerichtliche Entwicklung diesbezüglich weitergeht.