Pech für die Ehefrau - Teil 2

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Vor wenigen Wochen hat sich der 2. Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts mit der Frage der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages auseinander gesetzt. Der Senat wies die Berufung der Ehefrau, die trotz abweisendem Urteil des Familiengerichts weiterhin den Standpunkt der Sittenwidrigkeit des geschlossenen Ehevertrages vertrat und ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich aufrecht hielt, zurück.

Die Parteien (46 und 65) sind seit 22 Jahren verheiratet und vereinbarten noch vor der Eheschließung in einem sehr knapp gehaltenen Ehevertrag den gegenseitigen nachehelichen Unterhaltsverzicht sowie den Ausschluss des Zugewinnausgleichs, bei Fortbestehen des Versorgungsausgleichs.

Christian Kenkel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
Bergstraße 26
20095 Hamburg
Tel: 040 - 76 99 99 79 0
Web: http://www.hamburgeranwaelte.de
E-Mail:
Eherecht, Lebenspartnerschaftsrecht

Bei Abschluss des Ehevertrages war die Ehefrau im 2. Monat schwanger. Ziffer 4 des Ehevertrages, in dem die Parteien den gegenseitigen Unterhaltsverzicht vereinbarten, lautet wie folgt:

„... die Parteien vereinbaren gegenseitig den vollständigen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt:... auch für den Fall der Not... Der Notar weißt ausdrücklich darauf hin, dass diese Regelung gegen § 138 BGB verstoßen kann.. .“

Die Parteien vereinbarten darüber hinaus am Ende des Ehevertrages eine separat abgefasste salvatorische Klausel.

Während der gesamten Ehezeit bewohnte das Ehepaar mit seinen zwei Kindern, die heute 18 und 20 Jahre alt sind, eine Vierzimmerwohnung. Zudem behielt der Ehemann mit ausdrücklicher Billigung der Ehefrau seine Junggesellenwohnung, die er am Abend aufsuchte und in der er allein übernachtete.

Die Ehefrau, die sich kurz vor dem Renteneintritt des Ehemannes einem neuen Lebenspartner zugewandt hatte, begehrte im Scheidungsverbund Stufenklage auf Auskunft hinsichtlich des Vermögens des Ehemannes und Zahlung eines noch zu beziffernden Zugewinnausgleichsanspruches. Zuvor hatte der Ehemann der Ehefrau einen Betrag in Höhe von € 30.000,00 aus seinem Depot übertragen und außergerichtlich eine weitere Zahlung in Höhe von € 50.000,00 angeboten. Von dieser Zahlung sollten € 30.000,00 für die Altersvorsorge der Ehefrau und jeweils € 10.000,00 als Ausbildungsvorsorge für die beiden gemeinsamen Kinder verwendet werden. Den Vergleichsbetrag lehnte die Ehefrau ab, da sie auch Zugriff auf die Geldbeträge haben wollte, die für die gemeinsamen Kinder gedacht waren, die der Ehemann aber nur bei gemeinsamer Verfügungsmöglichkeit leisten wollte. Die Höhe des Zugewinnanspruches bewertete die Ehefrau im Laufe des Verfahrens mit mindestens € 150.000,00.

Die Ehefrau war der Ansicht, dass der Ehevertrag wegen des vollständigen Unterhaltsverzichts ohne Kompensation wegen der Kinderbetreuung sittenwidrig und dass darüber hinaus zu berücksichtigen sei, dass sie bei Eingehung des Ehevertrages schwanger war. Sie berief sich insoweit auf eine strukturelle Unterlegenheit gegenüber dem wesentlich älteren und erfahreneren Ehemann, der diese Situation ausgenutzt und ihr den „Macho-Ehevertrag“ diktiert habe. In jedem Falle könne sich der Ehemann nicht auf den vertraglichen Ausschluss des Zugewinnausgleiches berufen, da die Eheleute sich im Laufe der Ehezeit einig waren, dass der Ehevertrag keine Gültigkeit mehr haben sollte. Dies hätten die Eheleute nach der Geburt des zweiten Kindes besprochen und der Ehemann habe dies sogar noch einmal bestätigt, nachdem die Ehefrau ihn bei der Überwindung einer Alkoholkrankheit unterstützt habe. Zudem sei ihr aufgrund der Kinderbetreuung eine nicht wieder aufholbare Schlechterstellung widerfahren.

Der Ehemann bestritt den Tatsachenvortrag der Ehefrau und vertrat demgegenüber die Auffassung, dass der Ehevertrag nicht sittenwidrig wäre. Er war zudem der Auffassung, dass auch die Geburt des zweiten Kindes keine Angleichung des Ehevertrages, insbesondere keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich rechtfertigen würde. Die Ehefrau sei bei Abschluss des Vertrages nicht unterlegen gewesen und habe gewusst, was sie unterzeichnen würde. Er habe ihr damals erklärt, dass dies seine zweite Ehe sei und er nicht noch einmal im Falle einer Scheidung zu Unterhaltszahlungen verpflichtet sein wolle. Auch hätte seine Frau nach Geburt der Kinder wieder ihre Tätigkeit als Steuerfachgehilfin aufgenommen. Sie habe aber trotz aller Möglichkeiten und trotz der vom Ehemann finanzierten Kinderbetreuung ihre berufliche Entwicklung nicht vorangetrieben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht erklärte die Ehefrau auf Nachfrage des Gerichts, wie der Ehevertrag zustande gekommen sei, dass sie sich des Risikos des Unterhalts- und Zugewinnausschlusses durchaus bewusst gewesen wäre, dass sie aber ohne den Vertrag den Ehemann „nicht bekommen hätte“ und deshalb unterschrieben habe.

Das Familiengericht verneinte die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages und wies auch eine Angleichung des Vertrages zu Gunsten und demzufolge einen Zugewinnausgleich der Ehefrau zurück.

In der Berufungsinstanz vertrat die Ehefrau weiterhin die Auffassung, die Sittenwidrigkeit würde sich aus der strukturellen Unterlegenheit aufgrund der damaligen Schwangerschaft ergeben und verwies hierzu auf die neuere Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, abgedr. in FamRZ 2008, S. 519 hin.
Wegen des Ausschlusses des nachehelichen Unterhaltes ohne Kompensation aufgrund der Betreuung der Kinder ergeben sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Teilnichtigkeit des Ehevertrages, was wiederum die Gesamtnichtigkeit zur Folge habe. Demnach habe die Ehefrau einen Anspruch auf Zugewinn.

Das Hanseatische Oberlandesgericht trat dem entgegen und verwies auf den in Ziffer 4 des Ehevertrages enthaltenen notariellen Hinweis. Darin wurde vor Unterzeichnung des Vertrages auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der vollständige Unterhaltsausschluss sittenwidrig sein könne. Da die Parteien trotz des ausdrücklichen Hinweises des Notars den Ausschluss vereinbarten, sei diese Regelung nicht zu beanstanden. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Parteien die Regelung in jedem Falle wünschten, und demzufolge könne nicht von einer Teilnichtigkeit des Unterhaltsanspruches ausgegangen werden. Aus diesem Grund sei auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den salvatorischen Klauseln nicht heranzuziehen. Daher sei die Ehefrau gehalten, die Sittenwidrigkeit des angegriffenen Zugewinnausschlusses, bzw. die Gesamtnichtigkeit des Ehevertrages darzulegen, wofür der Senat trotz des umfangreichen Vortrages der Ehefrau jedoch keine Begründung zu erkennen vermochte. Auch eine Angleichung des Vertrages sollte nach dem Hinweis des Senates nicht in Betracht kommen.

Die Ehefrau nahm daraufhin die Berufung zurück. Sie wird nun auch auf Rückzahlung der zuvor außergerichtlich geleisteten € 30.000,00 in Anspruch genommen.

Pech für die Ehefrau!

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