Unterhaltspflichten eines Selbständigen

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Angriffsmöglichkeiten auf die Gewinn – und Verlustrechnung

Von Rechtsanwalt Patrick Inhestern

Wenn der Unterhaltsgläubiger auf Auskunft klagt, kann ihm der Unterhaltsschuldner zunächst die Einkommenssteuerbescheide der letzten drei Jahre reichen. Gibt sich der Kläger damit zufrieden, so kann sich der Beklagte aus zweierlei Gründen glücklich schätzen: Erstens sind die Einkommensteuerbescheide bestens geeignet, dass steuerrechtliche Einkommen dem unterhaltsrechtlichen Einkommen gleichzusetzen, und zweitens geht der Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB eigentlich viel weiter. Er ist gerichtet auf den Nachweis der Gesamteinkünfte des Unterhaltschuldners durch Vorlage unter anderem der Gewinn – und Verlustrechnungen. Die Gewinn– und Verlustrechnungen bieten dem Unterhaltsgläubiger in aller Regel eine breite Angriffsfläche. So kann ein steuerrechtlich geradezu armer Unterhaltsschuldner unterhaltsrechtlich überaus leistungsfähig sein. Nachstehend soll aufgezeigt werden, welche Positionen in der Gewinn – und Verlustrechnung unter anderem aussichtsreiche Angriffsfläche bieten.

  1. Abschreibungen

    Patrick Inhestern
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    Rechtsanwalt
    Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Familienrecht
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    Unter Abschreibungen sind die steuerrechtlichen Berücksichtigungen von Wertverlusten der Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Einkünften dienen, zu verstehen. Was unterhaltsrechtlich von diesen Wertverlusten anzuerkennen ist, hängt von der Art der Abschreibung ab. Unstreitig nicht unterhaltsrechtlich anzuerkennen sind degressive Abschreibungen. Bei Ihnen wird das Wirtschaftsgut in fallenden Jahresbeiträgen steuerlich angesetzt. Solche Abschreibungen dienen der Investitionsförderung und der Senkung des steuerlichen Einkommens. Gleiches gilt für Abschreibungen auf Gebäude. Hier steht einer unterhaltsrechtlichen Anerkennung entgegen, dass ein tatsächlicher Wertverlust in der Regel nicht vorliegt. Schließlich zu erwähnen sind Sonderabschreibungen: Diese haben Finanzierungsfunktion für den Betrieb des Selbständigen. Diese Sonderabschreibungen sind unterhaltsrechtlich nicht anerkannt.

    Beispiel:

    Ein Selbständiger verdient im Jahr 2003 15000 Euro. Er machteine Sonderabschreibung in Höhe von 5000 Euro zur Anschaffungeines PKW nach § 7 g EStG. Steuerrechtlich sinkt sein Einkommen auf 10.000 Euro. Bei diesem Einkommen wäre er unterhaltsrechtlich nicht mehr leistungsfähig. Da tatsächlich aber kein Einkommensverlusteintritt, bleibt diese Abschreibung unterhaltsrechtlich außer Betracht.Das unterhaltsrechtliche Einkommen liegt bei 15.000 Euro.

    Wer im Rahmen eines Unterhaltsprozesses gezwungen ist, eine solche Sonderabschreibung aufzulösen, der sollte aber einwenden, dass der fiktive steuerliche Nachteil vom Wert der Abschreibung in Abzug zu bringen ist. Denn wenn die Sonderabschreibung aufgelöst wird, dann ist sie dem steuerpflichtigen Einkommen hinzuzurechnen.

    Zweifelhaft ist die Rechtslage auch bei Sofortabschreibungen und linearen Abschreibungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter. Sofortabschreibungen sind für bewegliche Sachen mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu einem Wert von 475,60 Euro nach § 6 EStG zulässig. Bei linearen Abschreibungen wird das Wirtschaftsgut in gleich bleibenden Beträgen jährlich entsprechend der tatsächlichen Nutzungsdauer abgesetzt wird. Sie sind geregelt in § 7 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG. Die Kommentarliteratur befürwortet eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung solcher Abschreibungen. Als Argument wird vorgebracht, dem während des Abschreibungszeitraumes gesenkten unterhaltsrechtlichem Einkommen, stünde ein umso höheres Einkommen nach Ende des Abschreibungszeitraumes gegenüber. Die Rechtsprechung sieht dies leider ein wenig anders: Sie bürdet dem Unterhaltsschuldner die Aufklärungs - und Beweislast auf. Er muss darlegen und beweisen, dass Abschreibungsdauer und Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes identisch sind. Dies ist gerade bei umfangreicheren Abschreibungen eine nahezu unmögliche Aufgabe. Kommt der Unterhaltsschuldner dieser Aufklärungs- und Beweislast nicht nach, werden die Abschreibungen lediglich mit 50 Prozent unterhaltsrechtlich berücksichtigt. Bleiben Zweifel hinsichtlich der Identität von Abschreibungs– und Nutzungsdauer, so schlägt die Rechtsprechung ein Drittel des Abschreibungsbetrages dem unterhaltsrechtlichen Einkommen hinzu.

    In den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Celle ist zur Abzugsfähigkeit von Abschreibungen vom unterhaltsrechtlichen Einkommen nichts gesagt. Dementsprechend lässt sich die Rechtslage bei Abschreibungen als unsicher beschreiben – selten wird es dem Unterhaltsschuldner gelingen, seine steuerrechtlichen Abschreibungen auch unterhaltsrechtlich voll in Abzug zu bringen. Er sollte daher andere Möglichkeiten zur unterhaltsrechtlichen Einkommensminimierung durchdenken. Eine von diesen Möglichkeiten heißt Leasing.

  2. Telefonkosten

    Auch Telefonkosten können für den Unterhaltsgläubiger Angriffsfläche bieten. Zum einen kann moniert werden, dass private und geschäftliche Telefonate an einem oder mehreren Anschlüssen zusammenfallen, und ein entsprechender Privatanteil in der Gewinnermittlung des Unterhaltsschuldners nicht oder nicht ausreichend gebucht ist. Dem kann der Unterhaltsschuldner entgegentreten, indem er entweder einen Privatanteil in einer entsprechenden Höhe bucht, oder mit penibler Genauigkeit Einzelverbindungsnachweise erbringt und Verbindung für Verbindung darlegt, und beweist, dass diese geschäftlich ist. Zum anderen kann die Notwendigkeit der Höhe der Telefonkosten angegriffen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Telefonkosten im Verhältnis zum erzielten Einkommen relativ hoch sind. Der Verfasser erinnert sich an die richterliche Frage, warum ein Gastwirt eigentlich so viel telefonieren muss. Eine solche Frage muss der Unterhaltsschuldner beantworten, indem er Einzelverbindungsnachweise erbringt und Verbindung für Verbindung darlegt, und beweist, dass diese geschäftlich sind. Darüber sollte sich die Gegenfrage stellen, ob die Höhe von Telefonkosten in einem bestimmten Gewerbe derart allgemein bekannten Erfahrungssätzen unterliegen, dass sie ohne Sachverständigengutachten Gegenstand richterlicher Beurteilung sein können.

  3. Kurzfristige Zinsaufwendungen

    Auch kurzfristige Zinsaufwendungen, nämlich Überziehungszinsen für Girokonten, bieten dem Unterhaltsgläubiger die Möglichkeit, mit dem Hinweis, es handele sich um Zinsaufwendungen, die durch die persönliche Haushaltsführung bedingt seien, das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Unterhaltsschuldners in die Höhe zu treiben. Den Unterhaltsschuldner trifft die Darlegungs– und Beweislast. Er kann dieser am besten genügen, wenn er Privat– und Geschäftskonto strikt trennt, und sich die Höhe der Geschäftskontozinsen jährlich von seiner Bank bestätigen lässt.

  4. Kraftfahrzeug

    Schließlich stellt sich die Frage, ob ein Kraftfahrzeug als unterhaltsrechtlich einkommensmindernd zu berücksichtigen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Kraftfahrzeug die Ursache dafür ist, dass der Unterhalt nicht oder nicht ausreichend bezahlt wird, also einen Mangelfall begründet. Hier kann sich der Unterhaltsschuldner dadurch entlasten, dass er darlegt und beweist, dass die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Fazit

Die Gewinn– und Verlustrechnung eines Selbständigen bietet für den Unterhaltsgläubiger – wie gezeigt – viele Angriffsmöglichkeiten. Dringt jeder Angriff durch, weicht das unterhaltsrechtliche Einkommen heftig vom steuerrechtlichen Einkommen ab, der Unterhaltsschuldner ist dann voll leistungsfähig. Von dem erwirtschafteten Einkommen bleibt ihm nur der Selbstbehalt. Es gibt Wege, dass unterhaltsrechtliche dem steuerlichen Einkommen gleichzuschalten. Gerne berate ich Sie hierzu in unserer Kanzlei.

Patrick Inhestern
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

Rechtsanwaltskanzlei Tarneden & Inhestern
Köbelinger Straße 1
30159 Hannover

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