Wann muss ich für meine Eltern zahlen?

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Müssen Angehörige mit ihrem Einkommen für Ihre Eltern aufkommen?

Über viele Jahre ist das Bedürfnis der Sozialämter erheblich gestiegen, erwachsene Kinder vor allem pflegebedürftiger Eltern zu Unterhaltszahlungen heran zu ziehen. Damit ist auch die Angst der sogenannten Sandwich-Generation gestiegen, sich hiergegen abzusichern. Die heute 30- bis 50-Jährigen stehen vor dem Problem, nicht nur ihre Kinder – deren Ausbildungszeiten immer länger werden – weit über die Volljährigkeit hinaus finanziell unterstützen, sondern teilweise gleichzeitig noch für ihre Eltern aufkommen zu müssen.

Diverse Urteile des Bundesgerichtshofes sowie des Bundesverfassungsgerichts haben jedoch die Rechte der Betroffenen bereits früh erheblich gestärkt. Mit dem seit 2020 geltenden Angehörigen-Entlastungsgesetz hat der Gesetzgeber dann für großzügige Erleichterung bei den Betroffenen gesorgt. Danach müssen nur noch die Kinder überhaupt Unterhalt für ihre Eltern zahlen, deren Einkommen über 100.000 € im Jahr liegt.

Miriam Möller
Partner
seit 2008
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Hüserheide 58d
47918 Tönisvorst
Tel: 02152/8079526
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Erbrecht, Inkasso

Für diejenigen, die über ein solches Einkommen verfügen, stellt sich dann aber weiterhin die Frage, in welcher Höhe nun Unterhalt für die Eltern gezahlt werden muss. Auch insoweit hat der Gesetzgeber Erleichterungen geschaffen.

So spielt das Einkommen des Ehepartners keine Rolle mehr, auch nicht wie früher über den Umweg des eigenen theoretischen Unterhaltsanspruches. Maßgeblich ist allein das selbst erzielte Einkommen.

Wer Geschwister hat muss zudem nur anteilig nach dem Verhältnis seines Einkommens zu dem der Geschwister Unterhalt zahlen. Das gilt auch, wenn die Geschwister gar keinen Unterhalt zahlen müssen, weil ihr Einkommen unter den magischen 100.000 € pro Jahr liegt.

Zudem ist für die letztliche Berechnung des konkreten einsetzbaren, des sogenannten unterhaltsrechtlichen, Einkommens und damit des Unterhaltsanspruches an sich der Abzug diverser Kosten möglich (z.B. Beiträge für eigene Vorsorgeversicherungen, Kredite). Auch Unterhalt für Kinder, die noch unterstützt werden müssen, ist selbstverständlich vorrangig abzuziehen genauso wie ein etwaiger Unterhalt für den Ehepartner, wenn diese weniger Einkommen hat als man selbst.

Nach alledem war dann nach den bis zum 31.12.20 geltenden Richtlinien von dem so verbleibenden Einkommen ein sogenannter Eigenbedarf von zunächst 2.000 € und dann nochmals der Hälfte des verbleibenden Betrages abzuziehen und nur der Rest hiernach ergab das Maximum des an die Eltern zu zahlenden Unterhaltes.

Mit den neuen seit dem 1.1.2021 geltenden Richtlinien der Oberlandesgerichte ist diese starre Grenze aufgehoben worden. Nunmehr ist formuliert, dass bei der Bemessung des dem unterhaltspflichtigen Kindes zu verbleibendem Eigenbedarf „Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz) vom 10.Dezember 2019 (BGBl I S. 2135) zu beachten“ sind. Dies ist so zu verstehen, dass der entsprechende Eigenbedarf, der in Abzug gebracht werden kann, durchaus wesentlich höher liegen kann als der zuletzt geltende Festbetrag von 2.000 €.

Vermögen kann zwar eventuell nach wie vor für den Unterhalt der Eltern eingesetzt werden müssen. Allerdings muss hier im Einzelfall die mögliche Verwertbarkeit und deren Zumutbarkeit geprüft werden. Das erwachsene Kind kann nicht grundsätzlich dazu gezwungen werden, selbst Schulden zu verursachen, um Unterhalt für die eigenen Eltern zahlen zu können, etwa indem es ein Darlehen aufnimmt, und dieses mit seinem Vermögen – wie z.B. einem Hausgrundstück – absichert. Die Verwertung des eigenen Vermögens zu Gunsten des Unterhalts der Eltern kommt nur dann in Betracht, wenn diese Verwertung auch kurzfristig erfolgen kann und mit dem Sinn und Zweck dieses Vermögens in Einklang steht. An erster Stelle steht hier immer noch die Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes und zwar auch für die Zukunft. Deshalb ist Vermögen, das für die eigene Altersvorsorge angelegt wurde, ebenso unantastbar, wie Vermögen, das aktuell dem Lebensunterhalt dient.

Hier liegen zwar noch Ermessensspielräume der Sozialämter, die jedoch bei vorausschauender vernünftiger, klarer Planung und Geldanlage gesichert werden können. Diese sollte jedoch immer rechtzeitig vor einer möglichen Inanspruchnahme durch das Sozialamt unter fachlicher anwaltlicher Beratung erfolgen.

© Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Miriam Möller
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Leserkommentare
von gerhard_73 am 14.08.2019 11:52:57# 1
Hallo,

gilt das auch wenn ich (Sohn) im Ausland (Österreich) lebe und mein Vater bzw Eltern in Deutschland leben?

Vielen Dank für Ihre Antwort
Beste Grüße
Gerhard Huber
    
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