Wechselwirkungen zwischen Gewaltschutz und Trennung oder Scheidung

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Wirkung eines Gewaltschutzverfahrens auf laufende Trennungs- und Scheidungsverfahren

Der Gewaltschutz bei Trennung und Scheidung soll hier anhand von zwei extremen, leider in der Praxis oft vorkommenden Fallbeispielen erläutert werden. Es wird angemerkt, dass beide Beispiele zwar in einer Mann-Frau Beziehung spielen. Es sollen hier keinesfalls Klischees „aufgewärmt" werden und Männern und Frauen typische Rollen zugewiesen werden. Diese Fallbeispiele gibt es ebenfalls in gleichgeschlechtlichen Beziehungen oder die Rollenverteilung funktioniert ebenfalls auch in umgekehrten Rollen. Es geht lediglich darum, den Laien auf wichtige, rechtliche Konsequenzen in dieser Fallkonstellation hinzuweisen.

Gewalt in einer Beziehung - Beispiele aus der Praxis

1) Gewaltschutz beantragt, aber Gewaltvorwurf stimmt nicht

Elisabeth Aleiter
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Die Ehefrau fühlt sich von ihrem Ehemann hintergangen. Er hat sie mit seiner besten Freundin betrogen. Die Ehefrau möchte ihrem Mann nun schaden und behauptet wahrheitswidrig, ihr Mann habe sie geschlagen und stellt einen Antrag nach Gewaltschutzgesetz. Prompt wird der Ehemann per Beschluss nach GewaltschutzG für 6 Monate aus der Wohnung verwiesen und darf zu seiner Frau keinen Kontakt mehr aufnehmen. Bei Zuwiderhandlung wird ein Strafgeld von 25.000,00 EUR in Aussicht gestellt.

Der Ehemann ist entsetzt. Er beantragt, wie in der Belehrung des Beschlusses nach GewaltschutzG zu lesen, die mündliche Verhandlung. Er leugnet zu Recht seine Täterschaft. Er ist inzwischen anwaltlich vertreten. Im Termin vor dem Familiengericht hat die Ehefrau viele Details ihrer wahrheitswidrigen Behauptungen nicht präsent. Sie ist überrascht, dass die zuständige Familienrichterin sie nun auffordert, ausgiebig den gesamten Sachverhalt zu rekapitulieren. Ungereimtheiten werden sogleich hinterfragt.

Erklärungen der Ehefrau erscheinen jetzt nicht mehr schlüssig. Schließlich wird die Ehefrau nervös und verstrickt sich in deutlichen Widersprüchen, die sich nicht mehr aufklären lassen. Die Familienrichterin gibt schließlich eine eindeutige Belehrung und weist auf die strafrechtliche Relevanz von falschen eidesstattlichen Versicherungen hin und hebt den Beschluss nach wenigen Wochen sofort wieder auf.

2) Gewaltschutz zurückgezogen, obwohl Gewaltvorwurf stimmt

Die Ehefrau wird seit Jahren von ihrem Ehemann geschlagen. Die Frau und ihr Mann sind gesellschaftlich gut integriert. Niemand ahnt von den Misshandlungen. Diese beginnen,als der Mann seinen Beruf verliert und die Frau alleine den Familienunterhalt verdient. Aus einer momentanen Gereiztheit entwickelt der Mann regelmäßig Übergriffe gegen seine Frau. Die Frau duldet das. Sie hat ein schlechtes Gewissen, da sie gut verdient und in einem krisensicheren Beruf arbeitet.

Die Übergriffe steigern sich allerdings stetig und nehmen an Gefährlichkeit zu. So wird die Frau einmal von ihrem Mann so geschlagen, dass sie die Treppe herunterstürzt. Die Frau überlebt mit einigen Schrammen und geht nun sichtlich geschockt zu einer Anwältin. Diese rät sofort zu einem Antrag nach GewaltschutzG, einem Scheidungsantrag und der Einleitung eines Strafverfahrens. Schon deshalb, da beide Ehepartner eine gemeinsame 8 Jahre alte Tochter haben, die Zeugin der Auseinandersetzungen ist und die Frau nicht in der Lage ist, dem Verhalten ihres Mannes weiter Einhalt zu gebieten. Die kann zu dem Antrag nach GewaltschutzG bewegt werden. Ein Strafverfahren wird ebenfalls eingeleitet.

Eine Scheidung möchte die Ehefrau noch nicht einleiten. Der Beschluss nach GewaltschutzG wird sofort erteilt. M erhält Kontaktverbot, muss die gemeinsame Wohnung verlassen, die Ermittlungen der Strafbehörden werden aufgenommen. Der Mann leugnet alles und beantragt im Gewaltschutzverfahren die mündliche Verhandlung. Ferner fordert er Unterhalt von seiner Frau über eine Anwältin. Seit dem Beschluss nach GewaltschutzG sind nur wenige Wochen vergangen.

Die Frau bittet ihre Anwältin, alle rechtlichen Schritte rückgängig zu machen. Sie möchte eine Versöhnung. Dies wird nach intensiven Belehrungen und Besprechungen schließlich auf Anweisung der Frau auch so gehandhabt. Das bedeutet: Alle Verfahren, die von der Frau eingeleitet wurden, werden beendet. Der Mann kann in die gemeinsame Wohnung zurück. Man feiert Versöhnung, die nicht lange anhält. Bald muss die Frau feststellen, dass sich nichts geändert hat.

Rechtliche Hinweise zu 1)

Mancher Rechtssuchender könnte auf die Idee kommen, das Gewaltschutzgesetz dazu benutzen zu wollen, unliebsame Mitbewohner „einfach und schnell loszuwerden". Doch davon ist dringend abzuraten. Zunächst einmal, weil das Gewaltschutzgesetz ausschließlich bedrohten und misshandelten Opfern eine effektive Lösung von ihren Peinigern gewährleisten soll. Wer dieses System bewusst, wahrheitswidrig nutzt, schadet dem Ansehen aller wirklichen Opfer.

Weiterhin muss das Opfer seine missliche Lage durch einen entsprechenden Sachverhalt, den es durch eine eidesstattliche Versicherung bekräftigt, darlegen. Wer dann wahrheitswidrig einen solchen Sachverhalt erfindet, leistet bewusst wahrheitswidrig eine falsche eidesstattliche Versicherung und macht sich damit strafbar. Eine solche Straftat wird mit empfindlichen Strafen geahndet, selten unter einem Jahr Freiheitsstrafe. Das gilt übrigens auch für Ersttäter. D.h. die Ehefrau muss hier u.U. mit der Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen gegen sie selbst rechnen.

Die Schutzwirkung des Beschlusses nach Gewaltschutzgesetz ist dann mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Sollte die Ehefrau dann auch noch Unterhalt von ihrem Mann benötigen, kann es sein, dass dieser so in die Lage kommt, den Unterhalt für seine Frau zu kürzen, ganz zu versagen oder zeitlich zu begrenzen. Da diese ihren Ehemann durch unwahre Behauptungen geschädigt hat - i.S. von § 1579 Nr. 7 und 8 BGB, der auch schon im Rahmen des Trennungsunterhaltes Anwendung finden kann.

Weitere Kürzungsmöglichkeiten können sich für den Mann u.U. im Zugewinnausgleichsrecht und im Versorgungsausgleichsrecht ergeben. Es ist damit sehr dringend vor einem Missbrauch des Gewaltschutzgesetzes abzuraten.

Rechtliche Hinweise zu 2)

Ganz anders liegt der Fall hier. Die Ehefrau, die misshandelt wird und die sich eröffnenden rechtlichen Möglichkeiten nicht nutzt oder verstreichen lässt, tut sich später sehr schwer, diese Position wieder zu erreichen. Die misshandelte Ehefrau sollte unbedingt den Schutz des Gewaltschutzgesetzes nutzen, um nicht mehr dem Mann ausgeliefert zu sein. Gleichzeitig schafft sie so effektiven Schutz für ihr Kind.

Selbstverständlich ist dann im Rahmen gewisser Sicherheitsvorgaben ein Umgang zwischen Vater und Kind, wenn keine Gewalt gegen das Kind ausgeübt wurde, möglich und entsprechend zu installieren. Nachdem ein Kontaktverbot aufgebaut wurde, empfiehlt sich ebenfalls die Erstattung einer Strafanzeige. Meist erfolgt dies schon, wenn die Polizei eingeschaltet wurde. Die Ehefrau, die in diesem Fall wohl dem Ehemann gegenüber unterhaltsverpflichtet wäre, hat dann auch die Möglichkeit, den Unterhalt zu kürzen, zu versagen und gleichzeitig in ein sofortiges Scheidungsverfahren ohne einjährige Wartezeit zu gelangen.

Wenn diese Ehefrau nun ihre gesamten rechtlichen Möglichkeiten für eine sehr wahrscheinlich nur kurzfristig mögliche Versöhnung aufs Spiel setzt und Ihre Anträge wieder zurückzieht, weil sie in die Beziehung zurück möchte, kann es ihr nach dem Rückzug der Anträge passieren, dass sie keinen angemessenen Schutz mehr vor ihrem Ehemann erhält und im Wiederholungsfalle sogar unglaubwürdig wirkt. Weiterhin besteht auch dann die weitaus größere Gefahr, Unterhaltsforderungen ausgesetzt zu sein und ein längeres Trennungs- und Scheidungsverfahren erdulden zu müssen. Eine Versöhnung sollte nicht ohne tatkräftige Unterstützung der misshandelten Frau erfolgen und nicht ohne ausführlichen Vergleich, der alle Modalitäten einer Versöhnung aber auch der Möglichkeiten des Scheiterns der Bemühungen im Blick behält.

Fazit

Das Gewaltschutzgesetz entfaltet massive Auswirkungen auf das Trennungs- und Scheidungsrecht und sollte mit Bedacht gewählt werden. Eine leichtsinnige Handhabung zieht im Zweifel eine strafrechtliche Verfolgung nach sich. Eine zu schnelle Preisgabe der rechtlichen Möglichkeiten, schwächt den Geschädigten aber ebenfalls in seiner Position;

Rechtsanwältin Elisabeth Aleiter
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