Der Geschäftsführer einer GmbH und das Märchen von der Haftungsbeschränkung

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Die Haftung der Geschäftsführung kann nicht durch Vertragsgestaltung im Geschäftsführeranstellungsvertrag ausgeschlossen werden

Im Internet findet sich verbreitet die Auffassung, dass die Haftung des Geschäftsführers durch geschickte Vertragsgestaltung minimiert oder gar ganz ausgeschlossen werden kann.

Eine alltägliche Beratungssituation in meiner Kanzlei – der Geschäftsführer einer mittlerweile insolventen GmbH legt mir Schreiben von Krankenkassen und dem Finanzamt vor – er soll aufgrund der Pflichtverletzung - verspätete Insolvenzantragstellung - zahlen.

Sandro Dittmann
Partner
seit 2009
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht
Schlesischer Platz 2
01097 Dresden
Tel: 0351 / 811 60 438
Web: http://www.unternehmerrecht.info
E-Mail:
Wirtschaftsrecht, Insolvenzrecht

Gleichzeitig legt er mir seinen Geschäftsführeranstellungsvertrag vor, verbunden mit dem Hinweis, dass seine Haftung ja ausgeschlossen wurde – sein früherer Berater habe ihm versichert, dass bei einem guten Anstellungsvertrag keine Haftung droht.

Leider gibt es in diesen Fällen keine guten Neuigkeiten:

Der Geschäftsführer kann per Vertrag seine gesetzlich angeordnete Haftung nicht ausschließen.

Verletzt der Geschäftsführer ihm obliegende Pflichten, insbesondere in einer Insolvenzsituation die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages, haftet er – und zwar privat mit seinem gesamten Vermögen.

Dieser Grundsatz gilt für alle Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt – mit Ausnahme der Gewerbesteuer. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, § 34 i.V.m. § 69 Abgabenordnung.

Gleiches gilt bei nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen – dies ergibt sich unmittelbar aus § 823 I BGB i.V.m. § 266 StGB.

Nimmt der Geschäftsführer Zahlungen vor, obwohl die Gesellschaft bereits insolvenzreif ist, muss er diese Zahlungen an den Insolvenzverwalter erstatten - § 64 GmbHG.

Diese gesetzlich angeordnete Haftung lässt sich nicht umgehen – auch nicht durch „geschickte Vertragsgestaltung" durch Rechtsanwälte oder Steuerberater.

Praxistipp vom Fachanwalt

Ein Geschäftsführeranstellungsvertrag ist sinnvoll – als Unternehmer sollte man allerdings nicht für eine Leistung bezahlen, die am Ende nicht weiterhilft.

Wichtiger ist eine ausführliche Beratung vom Fachmann zu allen Risiken – denn nur wer alle Risiken kennt, kann sich auch gesetzeskonform verhalten.

Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Insolvenzverwalter
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- und
Gesellschaftsrecht

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Mehr Informationen: www.UNTERNEHMERRECHT.info
Leserkommentare
von Rechtsanwältin Gabriele Lindhofer am 26.05.2014 16:52:54# 1
Da kann ich dem Kollegen nur uneingeschränkt Recht geben.
Es sträuben sich die Haare, wenn man Kenntnis davon erlangt, was Geschäftsführer von Ihrer Haftung wissen. Das betrifft insbesondere oft die Scheingeschäftsführer, für die Ehefrauen oder Lebensgefährten herhalten müssen.
Das Controling läßt generell zu wünschen übrig, das sei auch an die Adresse der Steuerberater einer GmbH gerichtet. Und wenn es dann bereits um die Nichtabführung von Lohnsteuer oder Sozialversicherungsabgaben geht, befinden wir uns bereits im Insolvenzstrafrecht, gleiches gilt für nicht erstellte Abschlüsse und Veröffentlichungen von Bilanzen (Bankrottdelikte).
Sobald sich eine Krisensituation aufzeigt ist sofortige anwaltliche Beratung eines insolvenzkundigen Anwalt/in sofort - und nicht erst nach Wochen und Monaten - geboten. Dann kann meist viel oder sogar noch alles in trockene Tücher gebracht werden!

Rechtsanwältin
Gabriele Lindhofer
82194 Gröbenzell
    
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