Haftung des Geschäftsführers bei Abführung von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen?
Mehr zum Thema: Gesellschaftsrecht, Geschäftsführer, HaftungDas Oberlandesgericht Frankfurt / Main musste sich wiederholt mit der praxisrelevanten Thematik der Haftung des Geschäftsführers einer GmbH beschäftigen. Streitpunkt war dabei wie so oft die Frage, ob die Zahlung durch den Geschäftsführer noch mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar war, wie dies § 64 II GmbHG in Zeiten der Krise fordert.
Der Leitsatz des Gerichtes:


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„Ein organschaftlicher Vertreter, der bei Insolvenzreife der Gesellschaft den sozial- oder steuerrechtlichen Normbefehlen folgend Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung oder Lohnsteuer abführt, handelt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters und ist nicht nach § 64 II GmbHG a.F. der Gesellschaft gegenüber erstattungspflichtig." (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 15.07.2009 - 4 U 298/08)
Geklagt hat der Insolvenzverwalter der GmbH, da der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Insolvenzreife noch Zahlungen an Krankenkassen und Finanzamt leistete. Im Ergebnis wurde die Klage abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in zahlreichen Entscheidungen festgehalten, dass das Verhalten des Geschäftsführers, mit dem er die entsprechenden sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften befolgt, mit den Pflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar ist. Ausgesprochen wurde dies ausdrücklich für den 3-Wochen-Zeitraum, den der Geschäftsführer für seine Sanierungsbemühungen zur Verfügung hat.
Das OLG Frankfurt geht einen Schritt weiter: Diese Grundsätze sind nach Auffassung der Richter nicht nur für die nach Ablauf der dreiwöchigen Überlegungsfrist fällig werdenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und Steuerforderungen anwendbar, sondern auch für die auf rückständige Sozialversicherungsbeiträge und Steuerforderungen erfolgten Zahlungen durch den Geschäftsführer.
Eine Strafbarkeit des Geschäftsführers liegt zu diesem Zeitpunkt bereits vor.
Aufgrund der möglichen Straffreiheit hat der Geschäftsführer jedoch ein eigenes - schützenswertes - Interesse an der Zahlung. Ihm ist es daher nicht zuzumuten, dass er die Möglichkeit einer Straffreiheit verstreichen lässt, um die Massesicherungspflicht zugunsten der Gläubiger zu erfüllen.
Praxistipp:
Das Urteil des Oberlandesgerichtes ist zu begrüßen. Aufgrund der Bedeutung der Angelegenheit wurde jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen - dessen Urteil steht noch aus.
Erster Orientierungspunkt für jeden Geschäftsführer sollte daher immer eine mögliche strafrechtliche Sanktion sein - dies gilt es zu vermeiden.
Sofern gleichzeitig den Sozialversicherungsträgern und Finanzbehörden die notwendigen Mitteilungen gemacht werden, um einer Sanktion zu entgehen, bestehen gute Chancen „mit einem blauen Auge" davonzukommen.
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