OLG Düsseldorf: Sanieren oder Ausscheiden - Rechtsprechung bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit anwendbar
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In seinem Urteil vom 27.06.2014 hatte sich das OLG Düsseldorf mit der Rechtsprechung des BGH zu befassen, Az. I-16 O 149/13
Was war geschehen?
Die Klägerin ist eine GbR mit 188 Gesellschaftern, welche 1995 gegründet wurde. Bei der Gründung gewährte das Land Berlin der GbR eine 15- jährige staatliche Grundförderung. Nach diesen 15 Jahren sollte die GbR eine Anschlussförderung für eine Dauer von 15 Jahren erhalten. Diese Anschlussförderung wurde jedoch im Jahr 2003 durch einen Beschluss des Landes Berlin versagt. Daraufhin wurde von der GbR ein Sanierungskonzept entwickelt, um liquide zu bleiben. Dieses Konzept beinhaltete, dass das momentane Kapital herabgesetzt wird, dieses herabgesetzte Kapital muss anschließend mit neuen Einlagen von an der Kapitalerhöhung teilnehmenden Gesellschaftern wieder erhöht werden und diejenigen Gesellschafter, welche an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen, werden aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
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Dieses Konzept wurde bei der hierfür angesetzten Gesellschafterversammlung mit 100 % der abgegebenen Stimmen befürwortet. Der Beklagte hat nicht an der Gesellschafterversammlung teilgenommen und auch nicht bei der Kapitalerhöhung. Daraufhin wurde er aus der Gesellschaft ausgeschlossen und die Klägerin verlangte gemäß § 739 BGB eine Zahlung des Fehlbetrages in Höhe von 53.136,66 €.
Wie hat das Gericht entschieden?
Dieser Klage gab das OLG Düsseldorf statt. Schließlich gilt die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.01.2011- II ZR 122/09) auch für Publikumsgesellschaften in der Rechtsform einer GbR. Es ist für die Sanierungsbedürftigkeit ausreichend, dass der Gesellschaft die Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 II InsO droht.
Das OLG Düsseldorf hat sich in der Entscheidung auch mit dem Gesellschaftsvertrag auseinandergesetzt und festgestellt, dass keine Täuschung bei dem Beitritt des Beklagten vorgelegen hat, dass die Anschlussförderung wegfallen kann.
Praxistipp vom Fachanwalt
Aufgrund des MoMiG und des ESUG kommt es zu immer mehr Überschneidungen zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht. Dies zeigt auch die „Sanieren und Ausscheiden"- Rechtsprechung des BGH, welche verschiedene Optionen bei einer vorinsolvenzlichen Sanierung aufzeigt.
Nach dieser Rechtsprechung können vor allem diejenigen Gesellschafter aufgrund der gesellschaftlichen Treuepflicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, die nicht laut dem Sanierungskonzept an der Sanierung mitwirken.
Dem läuft auch nicht zuwider, dass dies zur Folge hat, dass ein Fehlbetrag des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gemäß § 739 BGB bezahlt werden muss oder dass im Außenverhältnis eine Nachhaftung gemäß §§ 128, 160 HGB besteht.
Die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft – gleich welcher Rechtsform – ist daher regelmäßig mit Risiken verbunden. Es ist daher unvermeidlich, derartige Beteiligungen von einem Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht überprüfen zu lassen.
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