OLG Nürnberg: Darlegungs- und Beweislast bei Schadensersatzanspruch gegen Vorstandsmitglied
Mehr zum Thema: Gesellschaftsrecht, Haftung, Vorstand, Organmitglied, Erfolgshaftung, PflichtenkreisDie Haftung eines Vorstandsmitglieds
Ein praktisches Problem war Gegenstand der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 28.10.2014, Az. 12 U 567/13.
Was war geschehen?
Eine Aktiengesellschaft verklagt ein Mitglied im Vorstand auf Rückzahlung von Reisekosten, weil sie der Meinung ist, dass der Beklagte auf seinen zahlreichen Asienreisen seine eigenen Interessen im Fokus hatte. Nach Ansicht der Klägerin machte sich der Beklagte Quellcodes und Software, welche existenzielle Vermögenswerte der Klägerin sind, zu Eigen. Diese Klage wurde von der ersten Instanz abgewiesen.


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Daraufhin legte die Klägerin Berufung ein, welche das OLG Nürnberg zurück wies.
Wie hat das Gericht entschieden?
Nach der Rechtsprechung des BGH ist gemäß § 93 Abs. 2 AktG nicht jedes Handeln im Pflichtenkreis eines Organmitglieds als pflichtwidrig anzusehen.
Es ist Aufgabe der Gesellschaft, dass sie Umstände darlegen und beweisen muss, woraus sich zumindest der Anschein ergibt, dass das Vorstandsmitglied pflichtwidrig gehandelt haben könnte. Wenn dies nicht der Fall wäre, würde § 93 II AktG eine schwer widerlegbare Erfolgshaftung des Vorstandsmitgliedes darstellen.
Es war somit Aufgabe der Klägerin, dass sie Tatsachen darlegt und beweist die darauf schließen lassen, dass der Beklagte auf seinen Reisen gesellschaftswidrige Zwecke verfolgt hat. Nur dies führt dazu, dass die Klägerin einen Anspruch auf die Rückerstattung der Reisekosten erhält.
Durch diese Entscheidung sollte im Organhaftungsprozess die Beweislastverteilung und Beweislastregelung konkretisiert werden. Dies bezüglich ist die Argumentation des OLG Nürnberg nicht sehr überzeugend.
Das OLG Nürnberg hat richtig ausgeführt, dass die Darlegungs- und Beweislast nicht beim Vorstandsmitglied liegt.
Dennoch dürfen im Gegenzug auch die Anforderungen an die Gesellschaft nicht zu hoch sein, weil „das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre. […] Vor einer Überspannung seiner Darlegungs- und Beweislast ist er [der ausgeschieden Geschäftsführer] dadurch geschützt, dass die Gesellschaft die angebliche Pflichtverletzung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu bezeichnen hat."
Dieses Prinzip wird vom OLG Nürnberg nicht richtig angewendet. Schließlich stellt das OLG Nürnberg dar, dass von der Gesellschaft Tatsachen dargelegt und bewiesen werden müssen, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass sich das Vorstandsmitglied pflichtwidrig verhalten hat.
Schließlich obliegt der Gesellschaft nicht die Beweislast für ein gegebenenfalls vorliegendes pflichtwidriges Verhalten. Ihr obliegt lediglich die Darlegungslast.
Die Gesellschaft trägt aber sowohl die Darlegungs- als auch die Beweislast in Bezug auf den hervorgerufenen Schaden, die Schadenshöhe und das für den Schaden ursächlich Verhalten des Vorstandsmitgliedes. Auch die Vorinstanz hat ein möglicherweise vorliegendes pflichtwidriges Verhalten erkannt, schließlich hielt es die Vorinstanz für möglich, dass der Beklagte gesellschaftswidrige Zwecke bei seiner Asienreise verfolgt haben könnte.
Nach der Rechtsprechung des BGH hätte in diesem Fall dann der Beklagte die Tatsachen, die ihn in Bezug auf die Pflichtwidrigkeit und das Verschulden entlasten, vorbringen müssen. Die Ausführungen des OLG Nürnberg lassen darauf schließen, dass die Zurückweisung der Berufung jedenfalls dann richtig ist, wenn kein substantiierter Vortrag Seitens der Klägerin vorlag. Schließlich kritisiert es die mangelnden positiven Hinweise und Anzeichen in Bezug auf eine denkbare Pflichtverletzung.
Praxistipp vom Fachanwalt
Die Entscheidung zeigt einmal mehr die Schwierigkeiten in Prozessen, die sich gegen die Mitglieder eines Vorstandes richten.
Die Recherche und genaue Aufarbeitung des Sachverhaltes ist Aufgabe der Gesellschaft – insbesondere eine Schadensberechnung und der Nachweis gestalten sich schwierig.
Das Vorstandsmitglied wiederum muss sich entlasten und substantiiert darlegen, aus welchen Gründen keine Pflichtverletzung vorliegt.
Eine kompetente Beratung durch erfahrene Fachanwälte im Gesellschaftsrecht ist in derartigen Fällen auf beiden Seiten zwingend notwendig.
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