Was darf ich nebenbei; was darf ich danach? Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer und Gesellschafter

Mehr zum Thema: Gesellschaftsrecht, Wettbewerbsverbot
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

1. Einführung

Wer mit anderen eine Gesellschaft gründet, sich an Gesellschaften beteiligt, sich zum Geschäftsführer bestellen lässt oder wer andere in seine Gesellschaft eintreten lassen möchte, steht oft vor der Frage, ob und in welchem Umfang Wettbewerbsverbote die Beteiligten untereinander binden sollen und können. Es kann gemeinhin sinnvoll und geboten sein, untereinander nicht in Konkurrenz zu der eigenen Gesellschaft tätig zu werden. So kann wirtschaftlicher Schaden vermieden und die Energie aller Beteiligten auf die gemeinsame Gesellschaft konzentriert werden. Es kann außerdem im berechtigten Interesse der Gesellschaft liegen, dass Geschäftsführer oder Gesellschafter mit exklusivem Know-How auch nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht in Konkurrenz zur Gesellschaft tätig werden. Mit Wettbewerbsverboten in Gesellschafts- und Beteiligungsverträgen oder Satzungen kann geregelt werden, ob und wie sich die Beteiligten während der Dauer einer Gesellschaft oder eines Joint Ventures konkurrierend anderweitig betätigen dürfen und ob ihnen dies gegebenenfalls selbst nach dem Ausscheiden verboten sein soll.

Unser Recht setzt dem Inhalt und Umfang von Wettbewerbsverboten jedoch deutliche Grenzen. Der Bundesgerichtshof wie auch verschiedene Instanzgerichte haben in der Vergangenheit Wettbewerbsverbote immer wieder für unwirksam erklärt, weil diese über das zulässige Maß hinausgingen. Nachfolgend soll eine Übersicht über typische Wettbewerbsverbote und deren Zulässigkeitsanforderungen gegeben werden. Außerdem folgen Hinweise und Tipps zu Wettbewerbsverboten sowohl für und unter Gründern als auch für aus einer Gesellschaft ausscheidende Beteiligte.

 2.      Arten von Wettbewerbsverboten

Die Arten und Ausprägungen von Wettbewerbsverboten können sehr unterschiedlich sein. Zum einen ist zwischen gesetzlichen und vertraglichen Verboten zu unterscheiden. Zum weiteren können die üblichen Verbote hinsichtlich ihres Adressatenkreises (Gesellschafter, Geschäftsführer), hinsichtlich ihrer zeitlichen Dimension (vertraglich und nachvertraglich) als auch hinsichtlich ihres sachlichen Umfangs unterschieden werden.

 

a)      Gesetzliches, vertragliches und nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Bereits das Gesetz selbst regelt einige Wettbewerbsverbote, so z.B. in § 112 HGB. Außerdem werden Wettbewerbsverbote auch ohne vertragliche Regelung häufig aus gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten abgeleitet.

Eine wesentliche Bedeutung kommt jedoch den vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverboten zu, die dem jeweils Verpflichteten untersagen, zur Gesellschaft konkurrierend tätig zu werden. Eine Sonderrolle nehmen dabei die sog. nachvertraglichen Wettbewerbsverbote ein, die das Betreiben konkurrierender Geschäfte auch nach dem Ausscheiden als Gesellschafter oder nach der Abberufung als Geschäftsführer untersagen.

 

b)     Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer und Gesellschafter

Der Geschäftsführer, z.B. einer GmbH, unterliegt auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung einem Wettbewerbsverbot aus seiner Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft für die Dauer seiner Tätigkeit. Ihm ist der Wettbewerb untersagt, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Belange des Unternehmens erforderlich ist. Der Umfang des Wettbewerbsverbots ist stets mit einer Interessenabwägung im Einzelfall verbunden. Das Verbot ist jedoch grundsätzlich weit zu verstehen. So ist es dem Geschäftsführer verboten, im Tätigkeitsfeld des Unternehmens Geschäfte zu betreiben, sei es als selbständig Tätiger, als Arbeitnehmer oder als Geschäftsführer für einen Dritten. Verletzt der Geschäftsführer das Wettbewerbsverbot, können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche und natürlich die Abberufung als Geschäftsführer drohen.

Für die persönlich haftenden Gesellschafter der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) enthält die Vorschrift des § 112 HGB ein gesetzliches Wettbewerbsverbot. Danach darf ein Gesellschafter ohne die Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen. Die Vorschrift ist für die Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) zwar nicht entsprechend anwendbar. Allerdings werden auch bei einer GbR teilweise Wettbewerbsverbote aus der Treuepflicht der Gesellschafter hergeleitet. Zulasten der Gesellschafter und Anteilsinhaber von Kapitalgesellschaften wie der GmbH oder der Aktiengesellschaft werden häufig vertragliche Wettbewerbsverbote vereinbart, die unter Ziffer 4. noch näher dargestellt werden sollen.

 

 3.      Zur Zulässigkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer

Eine besonders hohe Aufmerksamkeit in der Rechtsprechung genossen in der Vergangenheit die nachvertraglichen Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer. Mit ihnen soll verhindert werden, dass ein Geschäftsführer sein Know-How, seine Kontakte oder allgemein seinen Sachverstand aus der alten Gesellschaft in ein (eigenes oder fremdes) Konkurrenzunternehmen überführt. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann schwerwiegende nachteilige Konsequenzen für den Geschäftsführer haben, da ihm praktisch verboten werden kann, seinem Beruf nach der Abberufung nachzugehen. Mit Blick auf den hohen Stellenwert der Berufsfreiheit als verfassungsmäßiges Grundrecht (Art. 12 GG) sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur in engen Grenzen zulässig.

Die Rechtsprechung macht die Wirksamkeit von mehreren Voraussetzungen abhängig, namentlich

  • einem berechtigten Interesse des Unternehmens,
  • einer Begrenzung des Verbots nach Ort, Zeit und Gegenstand,
  • einer Karenzentschädigung für den ausscheidenden Geschäftsführer.

Ob ein berechtigtes Interesse eines Unternehmens an einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot besteht, muss stets im Einzelfall geprüft werden – eine pauschale Antwort verbietet sich. Ein berechtigtes Interesse kann jedenfalls bestehen, wenn ohne ein Verbot ein schwerwiegender wirtschaftlicher Schaden oder eine massenhafte Kundenabwanderung droht. In jedem Fall darf die weitere Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschwert werden – dann ist das Wettbewerbsverbot nichtig. Ein Wettbewerbsverbot kann im Einzelfall auch ohne Karenzentschädigung wirksam sein, wenn es nur sehr eingeschränkte Wirkungen entfaltet.

 

 4.      Zur Zulässigkeit von vertraglichen Wettbewerbsverboten für Gesellschafter

In den Fokus der jüngeren Rechtsprechung sind außerdem vermehrt vertragliche Wettbewerbsverbote für Gesellschafter geraten. In diesen Wettbewerbsverboten ist den Gesellschaftern bzw. den Inhabern von Anteilen an Kapitalgesellschaften untersagt, zu dem Unternehmen, an dem sie aktuell beteiligt sind, mit weiteren Geschäften in Konkurrenz zu treten. Die Verbote sind zu einem im Hinblick auf das kartellrechtliche Verbot vertikaler Absprachen nach § 1 GWB als auch im Hinblick auf die Berufsfreiheit der Gesellschafter aus Art. 12 GG problematisch.

 

 a.      Kartellrechtliche Anforderungen (§ 1 GWB)

Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil vom 23.06.2009 (Az: 58/07) klar gemacht, dass ein Wettbewerbsverbot im Gesellschaftsvertrag dann nicht gegen das Kartellverbot des Unternehmens verstößt, wenn es notwendig ist, um den Bestand und die Funktionsfähigkeit zu erhalten und davor zu schützen, dass ein Gesellschafter es von innen her aushöhlt. Die Verbote können daher insbesondere für beherrschende Gesellschafter zulässig sein. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass ein Wettbewerbsverbot dann kartellrechtlich problematisch wird, wenn es lediglich dazu dient, jeglichen Wettbewerb von und unter den Gesellschaftern zu unterdrücken.

Es kommt demnach maßgeblich auf die Stellung des verpflichteten Gesellschafters an – nur für Gesellschafter, die eine beherrschende Stellung innerhalb des Unternehmens inne haben, kann ein Wettbewerbsverbot kartellrechtlich unproblematisch sein. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom 17.03.2009 – 11 U 61/08) verneinte eine beherrschende Stellung für einen Kommanditisten mit einem Stimmanteil von einem Drittel und erklärte ein entsprechendes Wettbewerbsverbot für unwirksam.

b.      Schranken aus der Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

Das Oberlandesgericht München hat in einer aktuellen Entscheidung (OLG München, Urteil vom 11.11.2010 – U (K) 2143/10) strenge Anforderungen an die Zulässigkeit von Wettbewerbsverboten gegenüber Gesellschaftern auch wegen der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit des betroffenen Gesellschafters gestellt. Das Gericht hatte über die Wirksamkeit des folgenden Wettbewerbsverbots für Gesellschafter zu entscheiden:

„…Dementsprechend ist es den Gesellschaftern und den Geschäftsführern nicht gestattet, unmittelbar oder mittelbar, in eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung, selbständig oder unselbständig in einem Betrieb tätig zu sein, der dem Betrieb einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der Gesellschaft gleichartig ist oder mit ihm im Wettbewerb steht oder stehen könnte oder im wesentlichen Umfang Geschäftsbeziehungen mit einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft unterhält…"

Betroffen von dem Verbot war ein Gesellschafter ohne beherrschende Stellung. Das Gericht erachtete das Verbot für unwirksam, weil es als sehr ausgedehntes Verbot über die schützenswerten Interessen der Gesellschaft hinausging und die Belange des Gesellschafters übermäßig beschränkte. Nach dem OLG München kann wohl ein Wettbewerbsverbot im Lichte von Art. 12 GG ebenfalls nur dann gerechtfertigt sein, wenn es verhindern soll, dass die Gesellschaft von innen her ausgehöhlt und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Wettbewerbsverbote gegenüber Gesellschafter einer Wirksamkeitskontrolle wohl nur standhalten wenn sie sich

  • an Gesellschafter richten, die maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können,
  • erforderlich sind, um die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Gesellschaft zu erhalten und
  • den betroffenen Gesellschafter nicht übermäßig in seinem wirtschaftlichen Fortkommen beschränken.

5.      Hinweise und Tipps für Gründer

Vor der Gründung einer Gesellschaft sollte man sich die Thematik der Wettbewerbsverbote zunächst einmal bewusst machen und für sich selbst feststellen, welches Verhalten man von sich und seinen Mitstreitern für die Dauer der Gesellschaft erwartet. Danach sollte miteinander im Dialog geklärt werden, ob den Gesellschaftern und Geschäftsführern ein gleichartiges wirtschaftliches Engagement neben der Gesellschaft erlaubt sein soll oder ob selbst nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft bestimmte Tätigkeitsbeschränkungen gelten sollen.

Sodann sollte ein erarbeiteter Konsens auch durch entsprechende Klauseln in den maßgeblichen Verträgen (z.B. Gesellschaftsvertrag, Satzung, Geschäftsführeranstellungsvertrag, Beteiligungsvertrag etc.) festgehalten werden. Da nämlich bereits das Gesetz bestimmte Wettbewerbsverbote vorsieht, können ohne vertragliche Regelungen, mit denen auch von den gesetzlichen Normen abgewichen werden kann, erhebliche Rechtsunsicherheiten entstehen.

Bei der Formulierung vertraglicher Wettbewerbsverbote sollte allerdings anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Im Hinblick auf die teilweise hohen rechtlichen Anforderungen an Wettbewerbsverbote kann die anwaltliche Prüfung der geplanten Beschränkungen ein späteres „böses Erwachen" vermeiden, sollten die Beteiligten über die Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes streiten.

6.      Hinweise und Tipps für Ausscheidende

In der Vergangenheit haben Gerichte verschiedene Wettbewerbsverbote wegen ihrer zu strengen Beschränkungen immer wieder für unwirksam erklärt. Wer aus einer Gesellschaft, sei es als Gesellschafter oder Geschäftsführer, ausscheiden möchte und sich durch ein ihn verpflichtendes Wettbewerbsverbot übermäßig eingeschränkt sieht, sollte die Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt in Erwägung ziehen. Nach der Überprüfung eines Wettbewerbsverbotes kann sich der Verhandlungsspielraum für das Ausscheiden entscheidend erweitern, wenn z.B. das Verbot als unwirksam behandelt werden muss.

Im Übrigen kann durch die Überprüfung bestehender Wettbewerbsverbote auch der Rahmen für zukünftige unternehmerische Aktivitäten abgesteckt werden. Denn wer einem wirksamen Wettbewerbsverbot zuwider handelt, dem können Unterlassungsklagen und Schadensersatzansprüche seiner ehemaligen Mitstreiter drohen. Aus diesem Grund empfiehlt sich in jedem Fall, die Reichweite eines konkreten Verbots juristisch klären zu lassen.