Rechtsanwälte: Zulassung bei allen Oberlandesgerichten

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Referentenentwurf als Reaktion auf Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Anwälte sollen bundesweit vor jedem beliebigen Oberlandesgericht prozessieren dürfen. Das Bundesministerium der Justiz hat einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten vorgelegt. Danach sollen Anwälte, die bei dem für sie zuständigen Oberlandesgericht zugelassen sind, künftig vor jedem Oberlandesgericht auftreten dürfen. Bislang ist ein Prozessieren nur vor dem Gericht möglich, bei dem der Anwalt zugelassen ist. Voraussetzung für ein überregionales Auftreten ist, dass der Anwalt bei der Landesjustizverwaltung oder Anwaltskammer einen Antrag auf Zulassung stellt und zuvor bereits fünf Jahre bei einem Gericht des ersten Rechtszuges zugelassen war.

Mit dem Referentenentwurf reagiert das Bundesjustizministerium auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das aufgrund einer Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwalts die Verfassungswidrigkeit des Verbots der Simultanzulassung, also der Zulassung der Anwälte zum Auftreten vor Landgerichten und Oberlandesgerichten, wegen Verstoßes gegen die Berufsfreiheit festgestellt hatte. Danach war die Prozessführung von Anwälten vor dem zuständigen Landgericht und dem Oberlandesgericht grundsätzlich ausgeschlossen. Diese regionale Beschränkung ist bei der Landgerichtszulassung zwischenzeitlich abgeschafft worden, so dass mittlerweile jeder zugelassene Anwalt vor jedem Landesgericht in Deutschland auftreten kann. Für den Auftritt eines Rechtsanwalts vor einem Amtsgericht greift dieser Grundsatz nicht, da nach dem Gesetz die Vertretung durch einen Anwalt vor einem Amtsgericht nicht erforderlich ist.

Gestützt wird der Referentenentwurf auf die Gründe in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Danach gewinnen die Mandanten durch die Simultanzulassung eine größere Wahlfreiheit, da diese bei Wechsel des Gerichts häufig keinen Anwaltswechsel möchten. Außerdem stellen sich Nachteile, die sich aus der Wahrnehmung von auswärtigen Terminen ergeben könnten, angesichts des technischen Fortschritts als gering dar. Die verbesserte Mobilität in Verbindung mit modernen Telekommunikationsmitteln wie Handys, Faxgeräte und Laptops gewähren eine nahezu lückenlose Erreichbarkeit des Anwalts.

Im Zuge des Wandels des anwaltlichen Berufsrechts hat der Gesetzgeber seinen früheren Standpunkt aufgegeben, wonach die Beschränkung der Prozessführungsfähigkeit einer schnellen Durchführung von Prozessen, der Unterstützung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Gericht und Anwaltschaft und der Verbesserung der anwaltlichen Beratung durch Kenntnis örtlicher Gepflogenheiten dienen sollte.

Anfang Juni ist das Gesetz vom Bundestag beschlossen worden. Nachdem im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss erzielt worden ist, wird der Bundesrat noch diesen Freitag darüber beraten.

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