Schimmel, Lärm, kaputte Heizung - So mindern Sie die Miete richtig
Mehr zum Thema: Experteninterviews, Mietminderung, mindern, Minderung, Mietmangel, MangelDas müssen Sie bei einer Mietminderung wegen Mängeln an der Mietwohnung beachten
Jeder Mieter möchte eine schöne, ruhige Wohnung. Was aber, wenn plötzlich Schimmel an der Wand auftritt, die Fenster undicht sind oder Baulärm unerträglich ist? Die volle Miete möchte man dafür nicht bezahlen, also wird die Miete gemindert. Aber geht das überhaupt so einfach und was muss dabei beachtet werden? Rechtsanwalt Marko Liebich erläutert im Interview mit 123recht.de, was Sie im Zusammenhang mit einer Mietminderung wissen müssen.
Bei erheblichen Mängeln kann die Miete gemindert werden
123recht.de: Herr Liebich, wann kann eine Mietminderung erfolgen?


123recht.de
Rechtsanwalt Liebich: Eine Minderung der vertraglich vereinbarten Mietzahlung ist nach den Vorgaben des § 536 BGB möglich, wenn ein "nicht unerheblicher Mangel" der Mietsache vorliegt. Wann genau dies der Fall ist, legt das Gesetz leider nicht eindeutig fest. Ein erheblicher Mangel soll aber jedenfalls dann vorliegen, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vereinbarten Gebrauch (also zum Beispiel als Wohnraum) eingeschränkt ist, der Mieter also die Mietwohnung nicht so nutzen kann, wie dies vorab vereinbart war. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter den Mangel nicht selbst verursacht hat, also zum Beispiel bei Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück, die zu erheblichen Einwirkungen auf die Mietsache durch Lärm und Schmutz führen. Allerdings darf der Mangel nicht völlig unerheblich sein, d.h. Bagatell-Mängel wie eine fehlende Glühbirne oder kleine Kratzer in der Lackierung der Wohnungstür berechtigen nicht zur Minderung der Miete.
123recht.de: Vermieter beurteilen einen Mangel ja gerne anders als Mieter...
Rechtsanwalt Liebich: Entgegen der Vorstellung, die vor allem unter Vermietern gelegentlich aufzutreten scheint, kommt es für die Frage, ob ein Mangel vorliegt, aber nicht auf die subjektive Sicht der Parteien an. Das Vorliegen eines Mietmangels wird vielmehr - spätestens durch das zuständige Gericht - nach objektiven Kriterien beurteilt. Es kommt also - überspitzt formuliert - zum Beispiel nicht auf die subjektive Meinung des Vermieters an, dass der Mieter sich ja im Winter anstatt mit einer funktionierenden Heizungsanlage auch mit Hilfe eines dicken Pullovers warm halten könne und deswegen kein Mietmangel vorliege.
Ein verbreiteter Irrglauben besteht außerdem darin, dass ein Mangel der Mietsache nicht vorliege oder nicht zur Minderung berechtige, wenn der Mieter von dem Mangel nichts mitbekommt. Dies ist jedoch in der Praxis nicht der Fall. Um im Bild zu bleiben - es liegt in jedem Falle ein zur Minderung berechtigender Mangel vor, wenn die Heizung im Winter nicht funktioniert. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter sich in dieser Zeit im Urlaub befindet oder sogar schon aus der Wohnung ausgezogen ist.
Bagatellmängel berechtigen nicht zur Minderung der Miete
123recht.de: Wann darf ich die Miete nicht mindern?
Rechtsanwalt Liebich: Die Minderung der Miete ist gemäß § 536 BGB zunächst dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine völlig unerhebliche Beeinträchtigung handelt. Eine wichtige Ausschlussregel besteht zudem dann, wenn der Mieter den Mangel selbst verschuldet hat. In diesen Fällen ist eine Minderung der Miete ausgeschlossen.
123recht.de: Das wäre dann beim klassischen "falschen Lüftungsverhalten" der Fall.
Rechtsanwalt Liebich: Genau. Anschaulich wird die Problematik am Beispiel des Schimmelbefalls einer Wohnung. In diesem Fall kann eine Mietminderung rechtens sein, wenn die Ursachen für den Schimmel vom Vermieter zu vertreten sind, wenn also zum Beispiel Mängel an der Bausubstanz vorliegen, die Feuchtigkeit ins Mauerwerk gelangen lassen und so den Schimmelbefall verursachen. Ein Minderungsanspruch besteht jedoch dann nicht, wenn der Schimmel auftritt, weil der Mieter falsch heizt oder zu wenig lüftet, weil der Mangel dann von ihm selbst verschuldet wurde.
Mietern ist in diesem Fall zu raten, ein - möglichst von unabhängigen Zeugen bestätigtes - Protokoll über das Heizungs- und Lüftungsverhalten zu führen, das auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu bestimmten Uhrzeiten festhält. So kann im Zweifel vor Gericht nachgewiesen werden, dass ausreichend gelüftet und richtig geheizt wurde und somit ein Verschulden des Mieters nicht besteht.
Minderungsmitteilungen sollten aus Beweiszwecken schriftlich erfolgen
123recht.de: Muss die Mietminderung schriftlich erfolgen?
Rechtsanwalt Liebich: Auch wenn die Mietminderung automatisch kraft Gesetzes eintritt und somit grundsätzlich nicht extra gegenüber dem Vermieter erklärt werden muss, hat der Mieter die Pflicht, den Vermieter über den Mietmangel zu unterrichten. Verbunden werden kann und sollte diese Mitteilung mit der Ankündigung einer Mietminderung und einer Fristsetzung zur Behebung des Mangels. Diese Mitteilung sollte schon zu Beweiszwecken am besten schriftlich erfolgen. Zwingend ist die Schriftform aber nicht vorgeschrieben. Erst, wenn der Mieter den Vermieter auf den Mietmangel hingewiesen hat, kann er die Miete - zum Beispiel durch Einbehalt eines Teils der monatlichen Mietzahlung - tatsächlich mindern.
Zu beachten ist hierbei auch, dass eine rückwirkende Mietminderung nicht möglich ist, wenn Mieter den Vermieter auf einen Mangel nicht hinweisen und kommentarlos weiterhin die volle Miete zahlen. Schließlich hat der Vermieter ja auch keine Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen, wenn er von dem Mangel keine Kenntnis hat. Mieter sollten also frühzeitig und möglichst nachweisbar mit der Vermieterseite Kontakt aufnehmen. Dies gilt insbesondere, wenn durch den bereits bestehenden Mangel ggfs. weitere Schäden drohen - zum Beispiel bei einem Leck in der Wasserleitung - denn hier macht sich der Mieter unter Umständen schadenersatzpflichtig, wenn er die Gefahr dem Vermieter nicht zur Kenntnis bringt.
Mietminderungstabellen können einen erste Hilfe bei der Berechnung der Minderung sein
123recht.de: Woher weiß ich als Mieter, wie viel ich mindern darf? Wie berechne ich die konkrete Mietminderung?
Rechtsanwalt Liebich: Die Höhe der konkreten Mietminderung ergibt sich leider nicht aus dem Gesetz selbst. Der Gesetzgeber hat es der Rechtsprechung überlassen, die vielfältigen im alltäglichen Leben auftretenden Fälle einzuordnen und entsprechende Minderungsquoten festzulegen. Hierdurch sind über die Jahre unzählige Entscheidungen verschiedener Gerichte zur Höhe der Minderung ergangen, die leider auch nicht immer einheitlich ausgefallen sind. So können sich die Minderungsquoten in eigentlich vergleichbaren Fällen - je nach Gerichtsbezirk - erheblich unterscheiden. Es existieren also keine einheitlichen Festlegungen, wonach zum Beispiel ein Schimmelbefall immer zur Minderung um 50% führt. Vielmehr existiert hier eine große Spannbreite, weshalb jeder Fall individuell zu betrachten ist und die genaue Höhe der Mietminderung im Zweifel von einem Experten geprüft werden sollte.
Der Umfang der Minderung ergibt sich dann aus der Schwere des Mangels und dessen Dauer. Hierbei ist - wie gerade dargestellt - zum einen der Prozentwert der Minderung entscheidend, zum anderen aber auch die Zeitspanne, in der der Mangel aufgetreten ist. Hat dieser beispielsweise nur 10 von 30 Tagen eines Monats bestanden, so kann auch nur für diesen Zeitraum eine Minderung geltend gemacht werden. Eine Beschränkung der Höhe oder der Dauer existiert aber nicht. Wenn also die Wohnung eines Mieters für ein halbes Jahr wegen eines Wassereinbruchs unbewohnbar ist, so kann die Miete für 6 Monate um 100% gemindert werden.
Wichtig für die Berechnung ist auch, dass die Minderung sich anhand der Brutto-Miete, also der Warmmiete (Kaltmiete zzgl. Nebenkosten) berechnet. Die anderweitige Ansicht einiger Vermieter zu dieser Thematik ist nach Ansicht der einhelligen Rechtsprechung verfehlt.
Eine erste Einordnung kann anhand der so genannten Mietminderungstabellen vorgenommen werden, die zwar keinen offiziellen Charakter oder gar eine Bindungswirkung für die Gerichte haben, aber zumindest einen Eindruck von der möglichen Größenordnung der Minderung vermitteln. Im Zweifel kann den Beteiligten ein(e) sachkundige(r) Rechtsanwalt / Rechtsanwältin hierzu eine genauere Einschätzung liefern.
Miete nie vom Vermieter abbuchen lassen
123recht.de: Kann sich der Vermieter weigern?
Rechtsanwalt Liebich: Grundsätzlich kann sich ein Vermieter einer berechtigten Mietminderung nicht verweigern, weil die Minderung bei vorliegen eines erheblichen Mangels der Mietsache bereits von Gesetzes wegen eintritt. Somit existieren hierfür auch keine Ausschlussfristen, nach denen ein Mieter seinen Anspruch nicht mehr geltend machen kann, von der Verjährung einmal abgesehen.
Allerdings kommt es in der Praxis natürlich immer wieder vor, dass Vermieter hart bleiben, die Mietminderung nicht akzeptieren oder gar mit Kündigung drohen, weil Sie sich in einer überlegenen Verhandlungsposition wähnen. Hier sollten Mieter ruhig bleiben und die Mietminderung einfach von der nächsten Mietzahlung abziehen. Hiergegen kann auch der hartleibigste Vermieter in der Praxis kaum etwas tun. Deswegen lege ich meinen Mandanten auch regelmäßig dringend ans Herz, die Miete nicht mittels Einzugsermächtigung bzw. SEPA-Mandant vom Vermieter bzw. dessen Verwalter abbuchen zu lassen, sondern diese entweder monatlich von Hand zu überweisen oder wenigstens nur einen Dauerauftrag einzurichten, der sich schnell rückgängig machen lässt. Denn hat der Vermieter eine Mietzahlung erst einmal erhalten, wird es deutlich schwieriger, das Geld wieder (teilweise) zurückzuholen.
Im schlimmsten Fall können unberechtigte Minderungen zur Kündigung des Mietvertrages führen
123recht.de: Welche Folgen drohen Mietern, wenn Sie die Miete zu viel oder unberechtigt mindern?
Rechtsanwalt Liebich: Eine überzogene oder gar gänzlich unberechtigte Mietminderung kann zu einer Nachforderung des Vermieters und im schlimmsten Fall sogar zur Kündigung des Mietvertrages führen, weil fehlende Mietzahlungen den Vermieter ab einer gewissen Höhe zur Kündigung berechtigen. Deswegen sollten Mieter bzgl. der Höhe der Minderung eine gewisse Vorsicht walten lassen. Das Risiko lässt sich jedoch minimieren, indem die Minderung erst einmal moderat angesetzt wird und zugleich die weiteren Mietzahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellt werden. Dieser Vorbehalt sollte gegenüber dem Vermieter ausdrücklich erklärt und zusätzlich zu Beweiszwecken bei jeder Mietzahlung als Betreff in der Überweisung angegeben werden. In der Folge kann dann dem eventuell folgenden (gerichtlichen) Streit über die Mietminderung entspannt entgegen gesehen werden.
"Das deutsche Mietrecht ist sehr mieterfreundlich"
123recht.de: Was empfehlen Sie Mietern darüber hinaus?
Rechtsanwalt Liebich: Abgesehen von den bereits gegebenen Hinweisen möchte ich die Mieter gern ermutigen, ihre gesetzlichen Rechte und Ansprüche vehementer geltend zu machen. Das deutsche Mietrecht ist sehr mieterfreundlich. Viele Mieter scheuen aber die Konfrontation mit der Vermieterseite, weil sie Unannehmlichkeiten oder sogar eine Kündigung befürchten, sobald Sie auf ihre Rechte pochen. Hierzu besteht aber in der Praxis selten Anlass, denn eine Kündigung des Mietvertrages ist in erheblichem Maße schwieriger, als es viele Mieter befürchten und viele Vermieter gern hätten. Hier rate ich zu mehr Gelassenheit und Mut. Pochen Sie auf Ihr Recht - ob mit oder ohne Anwalt!
123recht.de: Herr Liebich, wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Zeit.
Telefon: 03523 / 5337 - 700
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