Kopftuch - Baskenmütze... und dann?

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Dieses Urteil hat bundesweit Aufmerksamkeit bekommen:

12 Ca 175/05 – Arbeitsgericht Düsseldorf

  • Durch die tief in die Stirn gezogene, die Haare der Klägerin komplett verdeckende Baskenmütze kann bei Schülern, Schülerinnen und Eltern der Eindruck entstehen, dass es sich um eine religiöse Bekundung, vergleichbar dem islamischen Kopftuch, handelt. Gerade solche Eindrücke sollen durch das Schulgesetz zum Schutz der positiven und negativen Glaubensfreiheit sowie des Schulfriedens verhindert werden.

  • Das nordrhein-westfälischen Schulgesetz verbietet politische, religiöse, weltanschauliche oder ähnliche Bekundungen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine derartige Bekundung vorliegt, ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. Es kommt also allein darauf an, wie das Erscheinungsbild der Klägerin auf Dritte wirkt und nicht darauf, was die Klägerin zum Ausdruck bringen will.

Durch die Entscheidung zum Tragen eines Kopftuches werden solche Entscheidungen präjudiziert.

Wenn man sich am Empfängerhorizont orientiert, können alle möglichen Kleidungsstücke inkriminiert werden. Die gleiche Erfahrung wurde vor ungefähr zwanzig Jahren mit der Kleidung der Bhagwan-Jünger gemacht. Erst durfte die sog. Mala, eine Holzkette, nicht getragen werden, dann die rote Kleidung und schließlich alle Kleidung, die einen Eindruck erwecken konnte, hier handelt es sich um einen Jünger des Bhagwan. Jede Unterscheidung - Diskriminierung - hat die Tendenz zur Ausdehnung, so weit, bis sie einen gewissen Eindruck der Absurdität macht.

Man darf darauf gespannt sein, wann weitere Bekleidungsstücke dem Verbot anheimfallen, Stirnbänder, die weitgehend das Haar verdecken, werden praktiziert und stehen wahrscheinlich bereits unter Beobachtung.

Der Kern ist das mangelnde Vertrauen zur weltanschaulichen Pluralität. Das vorgeblich so wichtige Grundrecht der Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit ist unter die Räder des Zeitgeistes geraten. Dies ist dort umso bedenklicher und eindeutig in Richtung einer Diskriminierung gehend, wo christliche Symbole zugelassen werden und solche anderer Religionsgemeinschaften inkriminiert werden. Die Begründung, christliche Symbole würden den Schulfrieden nicht beeinträchtigen, ist vordergründig nachvollziehbar, verstößt aber gegen den Grundsatz der Parität - der strikten Gleichbehandlung - von Religions-und Weltanschauungsgemeinschaften - der Staat soll sich eben gänzlich neutral verhalten.

Dem Anti-Diskriminierungs-Charakter - Art. 3 Abs. 3, 33 Abs. 3 GG - wird diese Rechtsprechung nicht gerecht. Es wird eben doch unterschieden, „die" oder „wir". Würde man dem Grundgesetz gerecht werden wollen, wäre die Grenze unzulässigen Tuns dort zu setzen, wo man sie nachvollziehen kann: bei der konkreten Gefährdung einer negativen Glaubensfreiheit, bei unzulässiger Beeinflussung von Kindern aufgrund einer bestimmten Glaubens- oder Weltanschauungsausrichtung.

Mit diesem Ansatz „Abstrakte Gefahr - Empfängerhorizont" werden wir uns noch auf manche Urteile einrichten müssen, die wahrscheinlich in der Rechtsstaatsgemeinschaft in der Welt Kopfschütteln auslösen.

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