Die Haftung des Grundstücksverkäufers wegen arglistig verschwiegener Mängel

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Der Umfang der Sachmängelhaftung eines Grundstücksverkäufers

Gegenstand dieses Artikels ist der Umfang der Sachmängelhaftung eines Grundstücksverkäufers für ein negatives Abweichen der Wohnfläche eines Hauses sowie für eine fehlende Baugenehmigung.

Der Beklagte, der im Prozess vom Verfasser dieses Artikels vertreten wurde, verkaufte den Klägern Anfang 2014 ein Hausgrundstück, das er seinerseits zu Beginn der 1960er Jahre erworben hatte und das mit einem im 19. Jh. errichteten Vorderhaus und einem einige Jahrzehnte später errichteten Hinterhaus bebaut ist. Die Kläger entrichteten einen Kaufpreis i.H.v. 315.000 € und verlangten im Rahmen des Prozesses nun einen Betrag i.H.v. 100.000 € zurück.

Lars Liedtke
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Die Kläger machten geltend, dass der Beklagte zwei Sachmängel arglistig verschwiegen habe:

Zum einen enthält der notariell beurkundete Immobilienkaufvertrag neben einem üblichen Gewährleistungsausschluss die Angabe, dass sich die Gesamtwohnfläche von Vorder- und Hinterhaus "nach Angaben des Verkäufers auf ca. 390 m2" belaufe. Ca. 10 Monate nach Vertragsdurchführung hatten die Kläger die Wohnfläche nachgemessen und kamen auf lediglich 316 m2, was also eine für sie negative Abweichung von 74 m2 bedeuten würde.

Zum anderen ergibt sich aus den ursprünglichen Bauzeichnungen aus dem Jahre 1881, die die Kläger dem Gericht vorlegten, dass es sich bei dem heutigen Hinterhaus ursprünglich lediglich um einen Schuppen handelte. Da sie vom Beklagten keinerlei Baugenehmigung übergeben bekommen hatten, aus denen sich eine erlaubte Umnutzung zu Wohnzwecken ergeben würde, herrsche ein baurechtswidriger Zustand, der eine Vermietung des Hinterhauses zu Wohnzwecken verbiete, so dass sie die erwarteten Mieteinnahmen nicht realisieren könnten.

Die Kläger waren der Ansicht, dass der Beklagte beide Mängel am Grundstück – also sowohl die geringere Wohnfläche als auch das Fehlen der Baugenehmigung für das Hinterhaus – arglistig verschwiegen habe und beantragten, den Beklagten zur Zahlung von 100.000 € zu verurteilen.

Verkäufer hatte Wohnfläche nicht verbindlich zugesagt

Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil des LG Göttingen vom 17.10.2014 (Az. 4 O 34/14) wurde die Klage auf Antrag des Verfassers dieses Textes vollumfänglich abgewiesen.

Das Gericht führt in seinem Urteil zutreffend aus, dass Gewährleistungsansprüche wegen der vermeintlichen Wohnflächenabweichung aufgrund des Gewährleistungsausschlusses nicht mit Erfolg geltend gemacht werden können, da kein Fall des § 444 BGB einschlägig sei, wonach sich ein Verkäufer auf einen Haftungsausschluss nicht berufen kann, wenn er eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache zusichert oder einen Mangel arglistig verschweigt.

Eine Auslegung des streitgegenständlichen Kaufvertrags ergebe, dass der Beklagte nicht verbindlich zugesichert habe, dass die Wohnfläche 390 m2 betrage. Es handele sich bei dieser Angabe lediglich um eine Beschreibung des Kaufobjekts, die - selbst bei Fehlerhaftigkeit - aufgrund des Gewährleistungsausschlusses nicht zu Mängelrechten führe. Dies ergebe zum einen die konkrete Formulierung der Vertragsklausel und zum anderen die Verwendung einer "ca."-Angabe sowie das Fehlen einer jedweden Berechnungsgrundlage, aus der die Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen ableiten könnten. Eine Haftung wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels kam zudem nicht in Betracht, da die Kläger nicht beweisen konnten, dass der Beklagte überhaupt die Kenntnis davon hatte, dass heutzutage andere Wohnflächenberechnungsmethoden zum Tragen kommen können als zu der Zeit, zu der der Beklagte das Objekt erworben hatte.

Käufer erbrachte keinen Beweis für arglistiges Fehlen der Baugenehmigung

Auch in Bezug auf die vermeintlich fehlende Baugenehmigung für die Nutzung des Hinterhauses zu Wohnzwecken folgte das Gericht der Argumentation des Verfassers. Einerseits hatten die Kläger diesbezüglich keinen Beweis dafür angeboten, dass überhaupt ein baurechtswidriger Zustand herrscht. Und zum anderen handelte der Beklagte auch diesbezüglich nicht mit Arglist. Selbst wenn eine Baugenehmigung nicht etwa innerhalb der letzten Jahrzehnte beim Beklagten abhanden gekommen sein mag sondern tatsächlich nie erteilt worden wäre, so wird das Hinterhaus seit mehr als 50 Jahren beanstandungsfrei zu Wohnzwecken genutzt, weshalb der Beklagte hiervon weder wusste noch wissen musste.

Dieses Beispiel aus der beruflichen Praxis des Verfassers dieses Beitrags belegt wieder einmal, dass Streitigkeiten um Gewährleistungsansprüche bei Immobilienkaufverträgen nicht nur wirtschaftlich besonders weitreichend, sondern dass hierbei insbesondere sämtliche Details des Einzelfalls maßgeblich und eine fundierte und professionelle Vertragsauslegung von Nöten sind.

Sobald sich ein solcher Streitfall abzeichnet, sind sowohl Grundstückskäufer als auch Verkäufer in diesen Fällen stets gut beraten, sich möglichst früh durch einen Rechtsanwalt mit Interessen- oder Tätigkeitsschwerpunkt im Kaufrecht beraten zu lassen, insbesondere weil ein juristischer Laie die Details eines solchen Falles häufig nicht korrekt zu würdigen weiß.

Rechtsanwalt Lars Liedtke
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