Notarkosten bei Vorkaufsrecht
Mehr zum Thema: Immobilienrecht, Wohnungseigentum, Vorkaufsrecht, Notarkosten, Immobilie, Grundstück, GrundbuchWer Vorkaufsrecht ausübt, muss dem Käufer schon bezahlte Notarkosten erstatten – ein in der Literatur diskutiertes Grundsatzurteil des OLG Frankfurt
Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte den rechtstheoretisch nicht leicht darstellbaren Anspruch des Käufers gegenüber dem Vorkäufer mit neuer Begründung. Der Bundesgerichtshof hat sich mit der rechtlichen Herleitung des Anspruchs bisher kaum befasst.
Nicht selten sind in Grundbüchern Vorkaufsrechte vermerkt, üblich vor allem zu Gunsten der Gemeinde, die es dem so Berechtigten ermöglichen bei einem Verkauf des Grundstücks in den schon notariell abgeschlossenen Vertrag „hinein zu grätschen".
Erst wenn der Vorkaufsberechtigte informiert wurde und die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts verstrichen ist, kann der Käufer in diesem Fall sicher sein, das Eigentum an dem Grundstück auch sicher zu erhalten. Die Information erledigt der Notar. Zur Ausübung des Vorkaufsrechts genügt ein Brief. Der Berechtigte muss nicht einmal beim Notar erscheinen.
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Was bedeutet das Vorkaufsrecht?
Wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, wird ein neuer Vertrag mit dem Vorkaufsberechtigten begründet (§ 464 BGB). Der ursprüngliche Vertrag mit dem Käufer ist nicht mehr durchsetzbar. Dieses Schicksal ereilte unseren Mandanten, der ein Gewerbegrundstück erwerben wollte, das mit dem Vorkaufsrecht eines Brauereikonzerns mit angrenzender Produktionsstätte belegt war.
Dem natürlichen Rechtsempfinden folgend wird man dem Käufer, der die Notarkosten schon vorab bezahlt hat, auch einen Ersatzanspruch gegen den Vorkaufsberechtigten zusprechen wollen, der sich schließlich auf Kosten des Käufers genau diese sonst obligatorischen Aufwendungen erspart hat, also indirekt bereichert ist. Gleiches gilt, wenn der Käufer im Vertrauen auf den Bestand des Kaufvertrags schon in das Grundstück investiert hat, z.B. durch Reinigung, Erschließung oder die Beseitigung von Altlasten. Dies sind Leistungen, die dem Vorkaufsberechtigten zu Gute kommen.
Regeln können Verkäufer und Käufer die Kostenerstattung des Vorkaufsberechtigen selbst nicht, ohne ihn unmittelbar (per Unterschrift) einzubeziehen. Denn dann würden sie ihn als Dritten belasten. Dies wäre logisch als Vertrag zu Lasten Dritter rechtlich unwirksam. Der Vorkaufsberechtigte kann verlangen, dass er das Grundstück zu den exakt gleichen Bedingungen wie der Käufer erwerben darf. Regelungen im Kaufvertrag, die dies unmittelbar behindern oder nur ihn für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts benachteiligen wollen, sind unwirksam.
Bleibt der Käufer ohne Grundstück und dafür auch noch auf den bezahlten Notarkosten sitzen?
Wer den Nutzen hat, soll auch zahlen. Diese dem Empfinden nach klare Rechtslage bildet sich in der Theorie der Gerichte und der juristischen Literatur bezüglich der Notarkosten deutlich komplizierter ab.
Wer den Nutzen hat, soll auch zahlen. Diese dem Empfinden nach klare Rechtslage bildet sich in der Theorie der Gerichte und der juristischen Literatur bezüglich der Notarkosten deutlich komplizierter ab.
Die Herleitung des Ersatzanspruchs ist kompliziert und führt daher nicht selten zu Problemen in der Durchsetzung.
So hatte das Landgericht Frankfurt in seiner Entscheidung vom 03.12.2010 (2-5 O 276/10) dem von mir vertretenen Käufer sogar jegliche Ersatzansprüche aus rechtstheoretischen Erwägungen abgesprochen und unsere Klage gegen den mit dem Vorkaufsrecht begünstigten Brauereikonzern abgewiesen.
Das Gericht hatte dies mit der Feststellung begründet, dass der Käufer mit der beauftragten Beurkundung des Kaufs und der Bezahlung der angefallenen Gebühren an den Notar nichts an den Vorkäufer geleistet habe. Daher könnten aber auch die weiteren Tatbestände einer Nichtleistungskondiktion, also eines Ersatzanspruches ohne Leistung an den Bereicherten aus § 812 BGB Absatz 1 Satz 1 2. Alternative „ohne rechtlichen Grund“ nicht eingreifen, da diese immer hinter das Leistungsverhältnis zum direkten Leistungsempfänger, also dem Notar, zurückträten (Absatz 1 Satz 1 1. Alternative).
Diese rechtstheoretische Feststellung des Landgerichts ist prinzipiell zutreffend. Die nachrangige gesetzliche Anspruchsgrundlage der Nichtleistungskondiktion greift nur ein, wenn sich keine andere vertragliche – auch nicht theoretisch – ergeben kann und auch keine solche vorher bestand und nur später wegfiel.
Damit hätte der Vorkäufer in diesem Verfahren das millionenschwere Grundstück erworben, und die ganz erheblichen, bei einem normalen Kauf von ihm zu tragenden Kosten dafür erspart - erfolgreich abgewälzt auf den Käufer. Der Kauf eines mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks wäre damit ein unkalkulierbares Kostenrisiko.
Das Oberlandesgericht entschied anders
Dies korrigierte das Oberlandesgericht Frankfurt durch seine am 11.04.2012 verkündete Entscheidung auf unsere Berufung (16 U 226/10) und sprach dem Käufer den Ersatz der Notarkosten zu.
Es begründete dies zutreffend damit, dass die Bereicherung des Vorkaufsberechtigten entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mit der Zahlung des Käufers sondern erst später mit der Ausübung des Vorkaufsrechts eingetreten war, mit der sich die Vorkäuferin den auf Veranlassung und Rechnung des Käufers schon beurkundeten Kaufvertrag zu Nutze machte. Damit läge eine Bereicherung ohne Leistungsbezug vor und damit kein Vorrang einer anderen Leistungsbeziehung zum Notar. Dieser neue Lösungsweg, der auf die genaue zeitliche Abfolge der Rechtsbeziehungen abstellt, ist sowohl in der sachverhaltsnahen und klaren juristischen Logik in der Herleitung wie auch im Ergebnis gut nachvollziehbar.
Das Oberlandesgericht stimmte in seiner Entscheidung auch der wohl überwiegend vertretenen Argumentation zu, dass der Käufer das Leistungsziel, auch durch die Einbeziehung des Vorkäufers mit einer Fremdbestimmung nachträglich ändern kann (vgl. BGH NJW 1986, 2700). Dies muss meines Erachtens insbesondere deshalb möglich sein, weil der Käufer wie auch der Notar in Kenntnis des Vorkaufsrechts schon bei der Zahlung der Notarkosten damit rechnen, dass mit der Beurkundung eine Leistung bedingt durch die Ausübung des Vorkaufsrechts auch für den Vorkaufsberechtigten erbracht wird. Damit leistet der Käufer zumindest auch an den Vorkäufer.
Der Bundesgerichtshof hatte in seinen wenigen Entscheidungen zu dieser Frage seine Anwendung des § 812 BGB bisher nicht näher problematisiert und erläutert (z.B. BGH MDR 1960, 1004; BGHZ 87, 301).
Die Kritik der Literatur an der Entscheidung und „alternative Lösungsvorschläge“
Damit führen letzendlich alle vertretbaren Ansichten jedenfalls zu dem Ergebnis eines Erstattungsanspruchs.
Im Zweifel ist aber zur Vermeidung von Erstattungsforderungen zu raten, bei einem laufenden Vorkaufsverfahren besser den Notar um ein längeres Zahlungsziel bis zur Entscheidung über den Vorkauf zu bitten. Dann kann dieser die Gebühren gegebenenfalls gleich beim Vorkäufer abrechnen.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt wurde in der Folge mehrfach juristisch kritisiert und kommentiert. Allerdings fehlt es diesen Kommentierungen durchgehend an Schlüssigkeit und Realitätsbezug.
Die Anmerkung Schermaier in MittBayNot 2/2013 zu der Entscheidung vermutet bei der Lösungssuche zunächst überraschender Weise eine Regelung im Kaufvertrag mit meinem Mandanten über die Kostentragung für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts. Diese gab es tatsächlich nicht und sie hätte auch keine erkennbare Lösung ergeben, da diese zwar im Ergebnis faire Abwälzung auf den Vorkaufsberechtigten als Belastung Dritter bekanntlich bereits rechtlich unwirksam und damit überhaupt keine Lösung des Problems gewesen wäre.
Der in der Anmerkung empfohlene Rücktrittsvorbehalt des Verkäufers für den Fall der Ausübung des Vorkaufs wäre zwar wirksam, keine Lösung. Sie hätte zumindest entscheidende wirtschaftliche Nachteile für den Verkäufer, da er sich dann den in aller Regel mit dem eigentlichen Kaufinteressenten vereinbarten Kaufpreis nicht sichern kann.
Denn mit dem Rücktritt wäre auch die Vereinbarung erledigt.
Und was dann? Da gleiche Spiel nochmal?
Unklar ist auch, von welcher „Doppelverpflichtung“ des Verkäufers infolge des Vertragsübergangs diese Anmerkung ausgeht. Den Nachteil hat der Drittkäufer, der am Ende ohne Grundstück und entreichert um Notarkosten dasteht, nicht der Verkäufer, der eine Kostentragung ausschließt.
Dass der Verkäufer statt dem Käufer gemäß Vorschlag der Anmerkung das Kostenrisiko übernimmt, ist für den Käufer sicher eine optimale Lösung. Aber welcher Hausverkäufer macht das ohne Eigeninteresse in der derzeit regelmäßigen Marktsituation?
Auch der alternativ empfohlene Weg über eine Abtretung von Kostenerstattungsrechten des Verkäufers gegen den Vorkaufsberechtigten an den Erstkäufer setzt logisch voraus, dass er mit den Notarkosten in Vorleistung geht oder dahingehend zumindest eine seinerseits Verpflichtung besteht.
Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Käufer wie ganz üblich die Notarkosten zu tragen hat. Und einen Ausgleichsanspruch gegen den Vorkaufsberechtigten hat er auch nur dann.
Die in der Anmerkung angebotenen, theoretischen Lösungen erscheinen daher nicht schlüssig. Sie übersehen vor allem die regelmäßige Übermacht des Verkäufers und sein umfassendes Interesse, sich vertraglich nicht nur die Gewährleistung für das Grundstück „umfassend vom Hals zu halten“ - genau wie das regelmäßig übergroße Interesse des Käufers am Erwerb des Objekts mit der Bereitschaft, auch „üble Kröten im Vertrag zu schlucken“.
Außerdem haben die ursprünglichen Parteien, ohnehin der Käufer, aber meist auch der Verkäufer das Interesse, den Vorkaufsberechtigten von einem Vorkauf abzuhalten. Und das geschieht ganz logisch nicht mit käuferfreundlichen Klauseln im Vertrag, die den Vorkaufsberechtigten zur Vertragsübernahme „einladen“.
Besser: Der einfache, praktische und risikofreie Weg, vergeblichen Aufwand mit Notarkosten für den Käufer zu vermeiden
Diese echte Alternative lässt den Verkäufer „außen vor“, ist daher einfach durchsetzbar und behindert den Verkaufsvorgang in keiner Weise. Zudem vermeidet man eine spätere Streiterei mit dem Vorkaufsberechtigten um die Kostentragung in praktischer Weise:So kann der Käufer bei einem laufenden Vorkaufsverfahren den Notar um Aussetzung der Gebührenabrechnung oder ein Zahlungsziel bis zu Fristablauf für Ausübung des Vorkaufs bitten - gegebenenfalls unter Hinterlegung einer Sicherheit für die Kosten bei ihm.
Dann rechnet der Notar die Gebühren nach einer Ausübung des Vorkaufsrechts durch den neuen Käufer bei ihm direkt ab und gibt eine evtl. hinterlegte Sicherheit nach Regelung der Abläufe mit dem neuen Käufer zurück.
Der neue Käufer kann sich dann auch nicht auf irgendwelche Verpflichtungen des Erstkäufers berufen, dem er das schon erworbene Grundstück „vor der Nase“ wieder abnehmen will. Denn die Kostentragung bzw. die immer noch „offene Rechnung“ des Notars geht genau wie die Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises 1:1 auf ihn über (§ 464 Absatz 2 BGB).
Solange er den Kostenausgleich verweigert, wird er bei entsprechender Regelung im Kaufvertrag dann eben auch nicht als neuer Eigentümer eingetragen.