Verkäufer haftet für eingesetzten Vermittler

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Verkäufer muss sich falsche oder unvollständige Angaben des Vermittlers zurechnen lassen

Einen wichtigen Beitrag zum Anlegerschutz hat der BGH mit einer aktuellen Entscheidung vom 19.12.2014 (V ZR 194/13) geleistet.

Nicht selten scheitert eine Inanspruchnahme des Verkäufers einer Immobilie daran, dass dieser Vermittler einsetzt und sich sodann darauf beruft, dass deren (fehlerhafte) Angaben und Auskünfte oder Empfehlungen ihn nichts angingen.

Der BGH hat nun in genannter Entscheidung klargestellt, dass im Falle einer Beratung im Zuge der Vermittlung eines Immobilienkaufes, welche einem Makler oder Vermittler überlassen worden ist, der stillschweigende Abschluss eines Beratungsvertrages zwischen dem Käufer und dem Verkäufer in Betracht kommt, insbesondere wenn die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen war.

Die Annahme eines solchen Beratungsvertrages zwischen Käufer und Verkäufer scheitert nach Auffassung des BGH auch nicht an dem Umstand, dass auch zwischen Käufer und Vermittler bzw. Makler ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Für den geschädigten Käufer kommt somit eine Inanspruchnahme sowohl des Vermittlers / Maklers als auch des Verkäufers wegen Verletzung von Beratungspflichten in Betracht. Ihm stehen daher mehrere Optionen zur Verfügung, um seinen Schaden kompensieren zu können.

Ein Beratungsvertrag zwischen Käufer und Verkäufer komme zustande, so der BGH in seinen Entscheidungsgründen, wenn der Verkäufer den Vermittler mit dem Vertrieb der Immobilie beauftragt und dabei gewusst habe oder nicht ausschließen habe können, dass dieser gegenüber Interessenten die finanziellen Vorteile eines Kaufs herausstellen würde. Der Wille des Vermittlers, für den Verkäufer handeln zu wollen, kann sich nach Auffassung des BGH auch aus der Organisation des Verkaufs durch den Verkäufer ergeben. Dieser ist anzunehmen, wenn der Verkäufer auf jeglichen Kontakt mit dem Käufer verzichtet und den Vermittler mit dem Vertrieb und den Vertragsverhandlungen bis zur Abschlussreife beauftragt hat.

Es ist demnach nicht erforderlich für die Annahme eines Beratungsvertrages zwischen Käufer und Verkäufer, dass der Vermittler Unterlagen verwendet, welche auf den Verkäufer hindeuten oder der Vermittler in die Vertriebsstruktur des Verkäufers eingebunden ist. Auch wird ein solcher Beratungsvertrag nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verkäufer noch andere Vermittler mit dem Vertrieb betraut hat oder diesen sogar selbst in Teilen vorgenommen hat.

Entscheidend ist vielmehr, wie der Kaufinteressent das Auftreten des Vermittlers bzw. Maklers verstehen durfte. Regelmäßig wird er aus dessen Auftreten schließen, dass der Vermittler bzw. Makler für bzw. anstelle des Verkäufers handelt und daher für diesen auftritt. In diesem Fall kommt eine Inanspruchnahme des Verkäufers wegen Verletzung von Beratungspflichten in Betracht.

Diese Entscheidung des BGH ist zu begrüßen und stellt einen wichtigen Beitrag zum Anlegerschutz dar, meint Rechtsanwalt Siegfried Reulein, Nürnberg, der als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht häufig Opfer sog. Schrottimmobilien berät und vertritt.

„Solche Immobilien werden regelmäßig durch Vermittler und Makler vertrieben, ohne dass es zu einem persönlichen Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer kommt. Vor diesem Hintergrund war es einem Verkäufer oftmals möglich, insbesondere wenn der Vermittler keine Unterlagen des Verkäufers für die Beratung verwendete, sich aus der Haftung zu stehlen. Angesichts dieser Entscheidung des BGH wird nun eine Inanspruchnahme des Verkäufers erleichtert, welche sich nun nicht mehr nur auf eine oftmals bestehende sittenwidrige Überteuerung der Immobilie, sondern auch auf Verletzung von Beratungspflichten stützen lässt.", meint Rechtsanwalt Reulein, der diese Entscheidung des BGH gerade auch für die erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen in einem aktuellen Anlagefall mit einer Vielzahl von geschädigten Immobilienkäufern für bedeutsam erachtet.

Hierbei handelt es sich um den Vertrieb von Immobilien durch die in Berlin ansässige Consortis Verwaltungs GmbH, welche in den vergangenen Jahren insbesondere Kunden aus Bayern Immobilien in Berlin und dem Berliner Umland vermittelt und diese mit teilweise haarsträubenden Versprechungen geködert hat. Dies berichten unabhängig voneinander zahlreiche Geschädigte, welche sich bereits Rat suchend an Rechtsanwalt Reulein gewandt haben.

So haben Mitarbeiter der Consortis Verwaltungs GmbH versprochen, dass Käufer im Zuge des Kaufes keine wirtschaftlichen Belastungen träfen. Die Kosten für eine 100 %-Finanzierung bei einer bereits ausgewählten Bank sowie eines zweiten angeblich für die Immobiliensanierung gedachten Kredits würden quasi von der Consortis Verwaltungs GmbH im Zuge des Abschlusses einer Garantievereinbarung übernommen. Im Gegenzug sollten die Kunden ihre Mietansprüche an die Firma Consortis abtreten.

Auch wurden die Kaufinteressenten mit einer Wiederverkaufsvereinbarung geködert. Gemäß dieser sollte 10 Jahre nach Kauf sichergestellt sein, dass die Wohnung von der Firma Consortis zu einem fest vereinbarten Preis abgekauft werden würde. Hiermit, so wurde suggeriert, bestünde eine absolute Sicherheit für den Käufer. Auf diese Vereinbarung kann sich jedoch kein Kunde berufen, da sie nicht in der notwendigen notariellen Form geschlossen worden ist.

Die Firma Consortis hat zwischenzeitlich selbst Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt und eine Vielzahl ratloser und nun nicht selten um ihre Existenz bangende Geschädigte hinterlassen.