Auch Schuldner können sich wehren!

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Auch Schuldner können sich wehren!

Von Rechtsanwalt Andreas Behnke

Immer häufiger versuchen Inkassounternehmen und andere Firmen, die sich damit rühmen, „gnadenlos und erfolgreich" vorzugehen, Druck auf die Schuldner auszuüben. Das geschieht zunächst vergleichsweise harmlos durch Anrufe zu Hause. Später kommen Besuche von Vertretern oder sogar ständige Anrufe am Arbeitsplatz hinzu. Es wird mit Einträgen bei der Schufa und weiteren Nachteilen privater oder beruflicher Art gedroht. Im Rahmen von Insolvenzverfahren werden Schuldnern sogar unter Umgehung dessen Rechtsanwalts Ratenzahlungsvereinbarungen empfohlen, die nicht einmal geeignet sind, auch nur einen Teil der Zinsen zu decken.

In der letzten Zeit ist in der Presse, im Rundfunk und Fernsehen zudem viel von Firmen die Rede gewesen, die allein durch ihren Namen und ihr Auftreten auffallen und versuchen, im Auftrag von Gläubigern Forderungen einzutreiben. So fahren beim Schuldner schwarz gekleidete Personen, meist mit geschorenen Köpfen, in schweren dunklen Limousinen vor. Es werden die Nachbarn befragt oder es wird einfach nur auffällig vor dem Haus oder der Wohnung des Schuldners geparkt. Ist der Schuldner nicht zu Hause, wird nach dem Arbeitsplatz, etwaigen Lagern und Fahrzeugen des Schuldners gefragt. Meist werden ganz offen Videoaufnahmen gemacht, so dass die Aufmerksamkeit und das Interesse der Nachbarschaft geweckt wird.

Das Amtsgericht Celle hat am 29.06.2005 (1 C 1309/05) entschieden, dass sich ein Schuldner gegen unlautere Methoden von Inkassofirmen rechtlich wehren kann. In dem entschiedenen Fall waren schwarz gekleidete Mitarbeiter der Firma „Moskau Inkasso" mit kugelsicheren Westen vor der Wohnung des Schuldners aufgetaucht. Sie hatten die Nachbarschaft befragt. In einem Schreiben hatte das Unternehmen dem Schuldner den Besuch des „Einsatzteams Moskau" angedroht, und zwar für den Fall, dass er nicht zahlt.

Der Schuldner, der von Rechtsanwalt Behnke vertreten wurde, setzte sich gegen diese Maßnahmen erfolgreich zu Wehr.

Dem Auftraggeber der Firma „Moskau Inkasso" - einem Celler Geschäftsmann - wurde es durch einstweilige Verfügung, die später durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde, untersagt, auf den Schuldner Druck auszuüben, insbesondere mit dem Ziel, den Schuldner in der Nachbarschaft und in dem Bekanntenkreis in Misskredit zu bringen. Das Gericht drohte dem Unternehmer eine Strafe bis zu 250.000,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung an.

Grundsätzlich ist Detektivarbeit erlaubt. So hat der Gläubiger einer Forderung das Recht, Ermittlungen anzustellen oder anstellen zu lassen.

Verboten ist es jedoch, Beitreibungsmaßnahmen als Nötigung oder als Bedrohung zu gestalten. Eine Nötigung oder Bedrohung kann schon darin gesehen werden, dass ein Inkassounternehmen martialisch auftritt (dunkle Gestalten, dunkle Kleidung, bedrohliche Körperhaltung). Das Gericht urteilte hier nach der Gesamtschau der Begleitumstände und sah in dem Vorgehen der Firma u.a. einen Verstoß gegen das staatliche Zwangs- und Vollstreckungsmonopol.

Bereits aus der aggressiven Werbung von solchen Inkassounternehmen und ihres Firmennamens ist in der Regel auch für den Auftraggeber einer solchen Firma die Intention des Vorgehens erkennbar, so dass Auftraggeber dieser „Inkassofirmen" ein hohes Risiko eingehen. Meist haben diese Unternehmen auch nicht die erforderliche Genehmigung, um als Inkassounternehmen aufzutreten. Das hat für den Auftraggeber einer solchen Firma die Konsequenz, dass er selber gegen das Gesetz verstößt.

Allein den Gerichtsvollziehern und den staatlichen Vollstreckungsorganen ist es gestattet, Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen. So kann im Rahmen der Pfändung dem Gerichtsvollzieher mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss auch der Zutritt zu der Wohnung des Schuldners verschafft werden.

Mitarbeitern von Banken oder Inkassounternehmen muss in keinem Fall der Zutritt zur Wohnung gestattet werden. In ganz hartnäckigen Fällen sollte die Polizei zur Hilfe gerufen werden.

Auf Dauer wird man den Gläubigern jedoch nur durch eine umfassende Regulierung sämtlicher Verbindlichkeiten - notfalls durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens -„entkommen" können. Betroffene sollten wissen, dass der Gesetzgeber eine Änderung des Insolvenzrechts plant, die vor allem für die masselosen Verfahren, d.h. für die Verfahren, wo die Schuldner über kein Vermögen und auch keine hinreichenden Einkünfte verfügen, erhebliche Erschwernisse zu der (noch) geltenden Gesetzeslage mit sich bringen dürfte.