Betriebskostenguthaben im Insolvenzverfahren und Hartz-IV

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Betriebskostenguthaben im Insolvenzverfahren und Hartz-IV

Ein bislang stiefmütterlich behandeltes Problem vor allem in Verbraucherinsolvenzverfahren ist für die betroffenen Schuldner nun vom Landgericht Berlin mit Beschluss vom 29.09.2008 zum Aktenzeichen 86 T 497/08 sachgerecht zu Gunsten der Schuldner entschieden worden.

Hintergrund der Entscheidung ist der von den Insolvenzgerichten bislang abgelehnte Pfändungsschutz für Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen des Vermieters, bei gleichzeitiger Verrechnung dieses Guthabens auf laufende Leistungen nach SGB II in Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II.

Bisher war die Rechtslage so: Der Schuldner hatte gegen den Vermieter aufgrund einer Nebenkostenabrechnung einen Erstattungsanspruch wegen nicht verbrauchter Vorauszahlungen. Dieser Anspruch stand gem. § 35 InsO unstreitig der Masse zu, das Guthaben wurde vom Treuhänder/Insolvenzverwalter eingezogen.

Da Leistungen gem. SGB II in Leistungen auf Grundsicherung und Leistungen für Unterkunft und Heizung unterteilt sind, haben die JobCenter Anspruch auf Bekanntgabe der Nebenkostenabrechnung durch die Leistungsempfänger. § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II sieht, unabhängig von einer tatsächlichen Verfügbarkeit über das Guthaben, per se eine Verrechnung mit den laufenden Leistungen vor.

Entsprechend äußerte sich das Sozialgericht Berlin mit Entscheidung vom 31.10.2007 zum Aktenzeichen S 125 AS 11847/07 dahingehend, dass die Verrechnung unabhängig von den Vorschriften der Insolvenzordnung vorzunehmen und daher rechtmäßig sei.

Im Ergebnis hieß das für die Betroffenen, dass ein von Ihnen aus Sparsamkeit erwirtschaftetes Nebenkostenguthaben zum einen durch den Treuhänder/Insolvenzverwalter zur Masse eingezogen wurde, zum anderen erfolgte eine Verrechnung desselben Betrages mit ihren laufenden Leistungen. De facto führte dies zu Mietschulden, da die Betroffenen nunmehr anstelle des Guthabens ein Minus in gleicher Höhe auf dem Mietkonto zu verbuchen hatten, welches in der Regel nicht aus den laufenden Sozialleistungen getilgt werden kann. Ein im wahrsten Sinne des Wortes „ungerechter" Vorgang, der auf eine Gesetzeslücke hinwies.

Das Landgericht Berlin hat in der hier zitierten Entscheidung nunmehr ausgesprochen, dass Pfändungsschutz gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO in entsprechender Anwendung des § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO und § 54 Abs. 4 SGB I gewährt werden kann, wenn eine Verrechnung des Guthabens durch den Leistungsträger vorgenommen wird. Diese Verrechnung muss natürlich dem Treuhänder/Insolvenzverwalter nachgewiesen werden.

In der Begründung führte das Gericht aus, dass der § 850f ZPO zwar dem Wortlaut nach auf Arbeitseinkommen beschränkt sei und auch in Verbindung mit § 54 Abs. 4 SGB I, der sich auf laufende Sozialleistungen erstreckt, nicht auf eine Nebenkostenrückzahlung anwendbar sei. Indes führe aber die durch § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II zugelassene Verrechnung dazu, dass die Erstattung wirtschaftlich für den Empfänger an die Stelle laufender Sozialleistungen tritt. Die hierdurch vorliegende Gesetzeslücke ergibt sich, da § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II auch solche Rückzahlungen erfasst, die der Schuldner an die Insolvenzmasse herausgeben muss.

Das Landgericht Berlin stellte fest, dass diese Gesetzeslücke planwidrig sei und durch die Konzeption der §§ 36 Abs. 1 S. 2 InsO, §§ 850ff ZPO grundsätzlich sichergestellt sein sollte, dass das Existenzminimum nicht in die Insolvenzmasse fallen soll. Daher ging das Gericht in seiner Entscheidung davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II dem Schuldner nicht bewusst nur einen geringeren Betrag als pfändungsfrei belassen wollte, so dass eine Erstreckung des § 54 Abs. 4 SGB I auf die Leistungen, die nach § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II wirtschaftlich an die Stelle der Sozialleistung treten, geboten war.

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