Restschuldbefreiung bei Steuerhinterziehung künftig nicht mehr möglich

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Die Reform der Privatinsolvenz führt zu einer Verschärfung der Versagungsgründe einer Restschuldbefreiung

Gegenwärtig (Stand 12-2012) werden auch Schulden beim Finanzamt aus Steuerhinterziehungen von der Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren erfasst. Dies war lange umstritten, da Finanzämter argumentiert hatten, Steuerhinterziehung sei eine vorsätzliche unerlaubte Handlung und damit von der Restschuldbefreiung ausgenommen (§ 302 Nr. 1 InsO).

Der Bundesfinanzhof (BFH – höchstes Finanzgericht) hat jedoch entschieden, dass dies (nach aktueller Gesetzeslage – Stand 12-2012) nicht der Fall ist:

Oliver Gothe-Syren
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Eine Steuerhinterziehung begründet keinen deliktischen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Steuer- und Haftungsansprüche sind eigenständige, dem öffentlichen Recht zugehörige Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Sie unterliegen eigenen, von den zivilrechtlichen Deliktsansprüchen abweichenden Regeln und begründen daher keine Schadenersatz­ansprüche aus unerlaubter Handlung
(BFH, Urteil vom 24.10.96, BStBl II 97, 308).

Dennoch ist die Restschuldbefreiung gefährdet, wenn die Steuerhinterziehung nicht lange vor dem Insolvenzantrag erfolgte: Nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO kann nämlich (insgesamt!) Restschuldbefreiung versagt werden, wenn

der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden.

Dass die Hinterziehung von Steuern unter den Begriff "Leistung an öffentliche Kassen zu vermeiden" einzuordnen ist, entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (zuletzt vom BGH beschlossen am 13.1.2011 – IX ZB 199/09).

In der Praxis ist es daher bisher (Stand 12-2012) so, dass im Hinblick auf die Frist von drei Jahren auf den genauen Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht zu achten war – eine Frage des Timings also.

Im Zuge der Reform der Privatinsolvenz mit Verkürzung der Wohlverhaltensperiode (also der Zeit bis zur Restschuldbefreiung) auf drei Jahre werden auch die Versagungsgründe verschärft. Geplant ist auch eine Ausnahme von der Restschuldbefreiung für Forderungen der Finanzämter aus Steuerhinterziehung. Nach § 302 InsO werden dann nicht mehr nur vorsätzliche Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung erfasst, sondern auch

aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist.

Nach meiner Erfahrung in der Praxis werden hiervon viele Schuldner betroffen sein, es kann daher dringend zu raten sein, vor den im Jahr 2013 voraussichtlich erfolgenden Verschärfung der Versagungsgründe in Privatinsolvenzverfahren Insolvenzantrag zu stellen.

LEGITAS GOTHE-SYREN - RA Oliver Gothe
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