Unwirksamkeit einer "englischen Restschuldbefreiung" - Risiken einer England-Insolvenz / Frankreich-Insolvenz
Mehr zum Thema: Insolvenzrecht, England-Insolvenz, Frankreich-Insolvenz, EU-Insolvenz, Insolvenz, RestschuldbefreiungSelbst nach erfolgreichem Abschluss eines Insolvenzverfahrens in England oder Frankreich ist es keineswegs sicher, dass die Restschuldbefreiung in Deutschland anerkannt wird
Die Wege des Privat-Insolvenzverfahrens in Deutschland sind oft steinig und immer lang: Die sog. Wohlverhaltensperiode bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung dauert (immer noch) 6 Jahre. Die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode auf 3 Jahre ist in Planung, wird aber an die Bedingung einer Mindestquote von 25% gekoppelt sein.
Verbreitet werden von verschiedenen Dienstleistern daher schnelle EU-Insolvenzverfahren in England und Frankreich angepriesen. Es ist jedoch keineswegs sicher, dass sämtliche Verbindlichkeiten bei einem solchen Verfahren restschuldbefreit werden und die Insolvenzrichter in Frankreich oder England – angesichts des blühenden Insolvenztourismus – nicht die Anforderungen erhöhen und damit dem Insolvenztourismus einen Riegel vorschieben.
Selbst nach “erfolgreichem” Abschluss des Insolvenzverfahrens in England oder Frankreich ist es keineswegs gesichert, dass die Restschuldbefreiung in Deutschland anerkannt wird:


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Zuletzt hat das Landgericht Köln dem Insolvenztourismus mit seinem Urteil vom 14. Oktober 2011 (Az.: 82 O 15/08) eine deutliche Absage erteilt: Im entschiedenen Fall hatte sich der beklagte Schuldner zusammen mit vier weiteren Deutschen eine Wohnung in London geteilt. Die Mitbewohner hielten sich ebenfalls in London auf, um das englische Insolvenzverfahren zu durchlaufen. Das Landgericht Köln bewertete die Wohngemeinschaft als „Insolvenznest“ und sah es als erwiesen an, dass der Beklagte seinen Wohnsitz unter Ausnutzung des “organisierten Insolvenztourismus” rechtsmissbräuchlich nach England verlegt hat, um sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen berechtigten Gläubigerforderungen zu entziehen. Dieses Verhalten wurde als Verstoß gegen den sogenannten „Ordre public“ (öffentliche Ordnung) bewertet. Der in England erteilten Restschuldbefreiung wurde deshalb die Anerkennung in Deutschland versagt.
Leitsätze der Entscheidung des LG Köln in seinem Urteil vom 14. Oktober 2011 (Az.: 82 O 15/08):
Verlegt ein Schuldner seinen Wohnsitz nur zum Schein nach England, um sich (die Möglichkeiten des organisierten Insolvenztourismus nutzend) durch das unkomplizierte englische Insolvenzverfahren innerhalb eines Jahres zu entschulden und sich dadurch berechtigten Gläubigerforderungen zu entziehen, liegt ein Verstoß gegen den deutschen Ordre public vor, der dazu führt, dass von der englischen Restschuldbefreiung erfasste Forderungen in Deutschland gleichwohl durchsetzbar sind.
Damit wird deutlich, dass ein derartiger (verbreitete) Insolvenztourismus mit einem hohen Risiko verbunden sein kann.
Statt auf den Insolvenztourismus zu setzen, lohnt es sich in vielen Fällen, über Wege zur außergerichtlichen Schuldenregulierung (Gläubigervergleich) nachzudenken. Das ist häufig vorteilhaft für alle Beteiligten – für die Schuldner, weil sie schneller schuldenfrei sind und für die Gläubigern, weil im Insolvenzverfahren kaum eine Quote zu erwarten wäre: Die Bereitschaft bei den Gläubigern, einen Gläubigervergleich zu akzeptieren, ist entsprechend groß. Über diesen unbürokratischen Weg lohnt es sich nachzudenken: außergerichtlicher Regulierungsversuch (Gläubigervergleich).
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