Verbraucherinsolvenz – Raus aus den Schulden?

Mehr zum Thema: Insolvenzrecht, Verbraucherinsolvenz, Schulden, Gläubiger, Schuldner
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Immer häufiger hört man in den vergangenen Jahren von überschuldeten Haushalten, das Fernsehen berichtet standardmäßig über Personen, die sich völlig überschuldet haben und nunmehr nach Wegen aus der Krise suchen. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder ein Stichwort auf: „Verbraucherinsolvenz“. Häufig wird es als DER Weg aus den Schulden dargestellt, als Allheilmittel für misslungene finanzielle Lebensführung und als Start in ein neues Leben ohne Schulden.

Im Grunde bietet ein Verbraucherinsolvenzverfahren tatsächlich derartige Möglichkeiten, jedenfalls in gewisser Hinsicht und bei korrekter Durchführung sowie erforderlicher Sorgfalt. Jedem steht ein Verbraucherinsolvenzverfahren zur Verfügung, sofern er überschuldet und nicht als selbständiger Unternehmer tätig ist (für derartige Personen greift das sog. Regelinsolvenzverfahren).

Ein Verbraucherinsolvenzverfahen läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Zunächst wird mit den verschiedenen Gläubigern Kontakt aufgenommen, um die genaue Höhe der Forderungen zu erfahren. Aus meiner Erfahrung sollte bereits dieser Schritt durch einen Anwalt erledigt werden, was aber nicht zwingend ist. Unerlässlich ist bereits hierfür ein genauer Überblick darüber, wem man überhaupt Geld schuldet. Andernfalls vergisst man möglicherweise bestimmte Gläubiger, was im Falle eines späteren Insolvenzverfahrens fatal wäre, da derartige Forderungen nicht in das Verbraucherinsolvenzverfahren und daher auch nicht in die sog. Restschuldbefreiung fallen.

Sobald die gesamten Verbindlichkeiten bekannt sind, ist eine Entscheidung zu fällen: Insolvenz JA oder NEIN. Diese Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab; Höhe der Verbindlichkeiten, Einkommensverhältnisse, finanzielle Resourcen etc.

Ein Insolvenzverfahren ist kein „Zuckerschlecken“, auch ist es kein erstrebenswertes Allheilmittel für seine finanziellen Probleme. Es dauert in der Regel zwischen 6 und 7 Jahren, bis bei entsprechender „guter Führung“ eine Restschuldbefreiung erlangt wird. Insoweit sollte dieser Schritt sehr gut überlegt sein.

Liegen eher geringe Verbindlichkeiten vor oder sind die finanziellen Resourcen recht positiv, sollte zunächst versucht werden, mit den Gläubigern einen Vergleich zu treffen, dass ein bestimmter Anteil zur Abgeltung der Forderung bezahlt wird. Auf diese Weise lassen sich, je nach Situation und Verhandlungsgeschick, mitunter recht gute Ergebnisse erzielen. Aus meiner eigenen anwaltlichen Praxis sind mir diverse Fälle bekannt, in denen Gläubiger mittlerer Forderungen auf die gesamte Summe verzichtet haben oder Großgläubiger Vergleiche in Höhe einer Summe von unter 50% der Forderung eingegangen sind. Dies mit gutem Grund: im Falle einer Insolvenz erhalten diese Gläubiger häufig nur einen Bruchteil dessen, was die eigentliche Forderung ausmacht.

Sofern die Situation aufgrund der dargestellten Kriterien nicht für Vergleiche geeignet ist, etwa weil die Gesamtverbindlichkeiten einfach zu hoch sind oder sich keine Vergleiche schließen lassen bzw. die finanziellen Möglichkeiten schlichtweg nicht gegeben sind, bleibt dann häufig nur der Weg in die Insolvenz. Zur Vorbereitung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens ist zunächst ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch zwingend erforderlich, welcher auf Basis eines Schuldenbereinigungsplans abläuft. Man bietet den Gläubigern an, dass für einen gewissen Zeitraum (in der Regel 6 Jahre) monatlich ein gewisser Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, der anteilsmäßig (je nach Höhe der Forderung) unter den einzelnen Gläubigern aufgeteilt wird. Je nach Einkommensverhältnissen ist ein entsprechender Betrag festzulegen; bei sehr einkommensschwachen Personen kann dies sogar ein sogenannter Nullplan sein, der schlichtweg eine „0-Euro“-Zahlung vorsieht.

Ein solcher Plan wird im nächsten Schritt den einzelnen Gläubigern vorgelegt, sofern alle Gläubiger zustimmen, wird der entsprechende Plan durchgeführt, und nach Ablauf der Plandauer wird eine Restschuldbefreiung erlangt, das bedeutet, der Schuldner ist schuldenfrei. Sofern aber auch nur ein Gläubiger ablehnt, gilt das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren als gescheitert und es ist als nächster Schritt das gerichtliche Insolvenzverfahren zu beantragen.

Voraussetzung für das Verbraucheinsolvenzverfahren bei Gericht ist stets eine Bescheinigung, dass ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch gescheitert ist, eine derartige Bescheinigung können nur Rechtsanwälte oder bestimmte Institutionen erteilen, etwa Schuldnerberatungen oder ähnliche Stellen.

Sofern der Antrag für das gerichtliche Verbraucherinsolvenzverfahren ordnungsgemäß ausgefüllt wird, eröffnet das Gericht dieses Verfahren und der Schuldner befindet sich nun offiziell in der sog. Verbraucherinsolvenz. Im Wesentlichen prüft nunmehr das Gericht die Verbindlichkeiten und die Einkommensverhältnisse und es wird ein entsprechender Plan erstellt, der vorsieht, dass der Schuldner über die nächsten 6 Jahre den pfändbaren Teil seiner Einkünfte an einer Treuhänder abgibt (in der Regel ein Rechtsanwalt), der diese Beträge wiederum anteilsmäßig an die Gläubiger weitergibt und das Verfahren insgesamt überwacht. Diese Phase wird als sog. Wohlverhaltensperiode bezeichnet. Nach Ablauf dieser Phase erlangt der Schuldner dann, sofern nicht gewisse Umstände vorliegen, die sog. Restschuldbefreiung. Das bedeutet, dass seine Schulden erlöschen und er noch einmal „neu beginnen“ kann.

Diese Darstellung eines Insolvenzverfahrens ist stark verkürzt und spiegelt nur grob die einzelnen Stationen und die zu beachtenden Dinge wieder. Es gilt diverse wichtige Punkte zu beachten, um erfolgreich seinen Weg aus den Schulden zu machen. Es gibt sehr gute Schuldnerberatungsstellen, leider tummeln sich mittlerweile auch viele schwarze Schafe in diesem Bereich, die für große Beträge kurze Wege aus der Schuldenfalle anpreisen – oftmals mit katastrophalen Ergebnissen.

Ich begleite in meiner anwaltlichen Praxis derzeit verschiedene Personen auf dem Weg in die Schuldenfreiheit, sowohl mit als auch (häufiger) ohne Insolvenzverfahren, da ich auf dem Standpunkt stehe, dass ein Insolvenzverfahren stets der letzte Schritt sein sollte. Teilweise sind diese Leute vorher an sog. schwarze Schafe geraten, die Ihnen noch ein wenig mehr Geld aus der Tasche gezogen haben und die Schulden nicht verringert, sondern noch vergrößert haben.

Verbraucherinsolvenzrecht ist eine umfangreiche und arbeitsintensive Materie, doch bei entsprechender ordnungsgemäßer Durchführung und einer guten Beratung kann eine entsprechende Schuldnerberatung / Schuldenbereinigung in der Tat ein Weg aus den Schulden sein.