Deutsches Unternehmen in Polen verklagt – Ist ein gerichtliches Vorgehen gegen deutsche Unternehmen in Polen möglich?

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Eine Klage gegen einen deutschen Unternehmer, zugestellt durch ein polnisches Gericht, wird diesem mehr als fragwürdig erscheinen.

Man hätte schlimmstenfalls mit einer Inanspruchnahme vor einem deutschen Gericht gerechnet, denn normalerweise ist die Gerichtsbarkeit am Wohnsitz des Beklagten zuständig.

Die innergemeinschaftliche Gerichtszuständigkeit für staatenübergreifende Sachverhalte ist aber in der EuGVVO gesondert geregelt, diese Vorschriften ergänzen innerstaatliches Recht und ersetzen dieses auch teilweise.

Nach Artikel 4 EuGVVO kann der Beklagte, der im Mitgliedsstaat nicht ansässig ist, unter bestimmten Voraussetzungen vor den dortigen Gerichten verklagt werden. In häufig verwendeten Rahmenverträgen zwischen polnischen und deutschen Geschäftspartnern wird als Gerichtsstand gern der Ort der Niederlassung des polnischen Unternehmens eingetragen. Es bietet sich zunächst an, vor Unterzeichnung auf diese Klausel zu achten.

Darüber hinaus kann der polnische Kläger den Gerichtsstand des Erfüllungsortes wählen, der bei Geldschulden in Anwendung des Art. 34 KPC (Polnische Zivilprozessordnung) am Ort der Niederlassung des Gläubigers, beziehungsweise bei Überweisungen am Sitz des Kreditinstitutes des Gläubigers ist, also in Polen.

Aufgrund geringerer Kosten ist ein Vorgehen mittels Zahlungsbefehl üblich. Zunächst wird eine schlüssige Klageschrift mit Antrag auf Zahlungsbefehl zugestellt. Ab Zustellung läuft eine 2-wöchige Widerspruchsfrist.

Da das Verfahren über den Zahlungsbefehl ohne wirksamen Widerspruch einen Vollstreckungstitelitel gegen den Beklagten zur Folge hat, muss der Beklagte binnen 2 Wochen einen Rechtsanwalt in Polen beauftragen, um diesem alle Unterlagen für eine Erwiderungsschrift zur Verfügung zu stellen und um einen Gerichtskostenvorschuss für den Widerspruch einzuzahlen. Daher gilt im Fall der Zustellung einer Klageschrift aus Polen unbedingter Handlungsbedarf.

Ist der Zahlungsbefehl rechtskräftig ist, kann dieser nach Ausfertigung eines europäischen Vollstreckungstitels auch in Deutschland vollstreckt werden.

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