Erbschaftssteuern in Amerika (USA)
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Bereits aus der sprichwörtlichen Figur des „reichen Erbonkels in Amerika" wird deutlich, dass es immer wieder deutsch-amerikanische Erbrechtsfälle gab und gibt. Im Abstand von 50-70 Jahren dürfte diese direkt proportional zu den Auswanderungswellen auftreten. Spätestens seit den siebziger Jahren gibt es auch wohlhabende Deutsche, die über Immobilien in den USA verfügen, ohne dort dauerhaft ansässig zu sein. Klassisches Beispiel wäre sicherlich Grundbesitz in Florida, wie in einem vor längerer Zeit vom BGH entschiedenen Fall1. Das macht deutlich, dass ein Bedürfnis an Auskünften zum amerikanischen Erbrecht in Deutschland gibt. Die erbrechtlichen Details variieren zwar von Bundesstaat zu Bundesstaat, doch mit entsprechenden Vorkenntnissen in der Recherche von US-Recht lassen sich diese recht einfach ausmachen. Hier geht es nur um einen knappen Überblick über US-Erbschaftssteuerrecht.
Jeder Gesetzgeber hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten Erbschaftsteuern zu erheben:
1.) Mit einer Erbnachlasssteuer (estate tax), die den Wert des Gesamtnachlasses besteuert oder
2.) Mit einer Erbanfallsteuer (inheritance tax), die besteuert, was jeder Erbe empfängt.
Die Höhe einer Erbanfallsteuer wird häufig vom Grad der Verwandtschaft zum Erblasser abhängig gemacht, um Vermögen innerhalb von Familien zu halten2. Die deutsche Erbschaftsteuer in der Form, die 2014 vor einer etwaigen anderen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Herbst 2014 noch gilt, ist eine Erbanfallsteuer. Es wird besteuert, was jeder Erbe bekommt. Freibeträge und Steuerquote hängen vom Grad der Verwandtschaft zum Erblass und dem Wert der empfangenen Anteils ab (§-§ 16, 19 ErbStG). Der Internal Revenue Service, der die Bundeserbschaftssteuer der USA erhebt, erhebt dagegen eine Erbnachlasssteuer, bei der der Wert des Gesamtnachlasses besteuert wird. Das gilt auch für die meisten Erbschaftssteuern der einzelnen Bundesstaaten aber nicht für alle. Kalifornien und Florida erheben momentan weder eine Erbanfall- noch eine Erbnachlassteuer, sondern werden quasi an der Bundeserbschaftssteuer beteiligt. New York und Hawaii, um die bekanntesten zu nennen, erheben eine eigene Nachlasssteuern. Nur sehr wenige Staaten erheben momentan eine eigene Erbanfallsteuer, vergleichbar der deutschen Erbschaftssteuer, etwa Kentucky oder Pennsylvania. Die Staaten Maryland und New Jersey dagegen erheben sogar beides, so dass sozusagen der Todesfall dort theoretisch dreimal besteuert werden kann, einmal der Gesamtnachlass durch die USA, einmal der Gesamtnachlass durch diese Bundesstaaten und einmal das Empfangene bei den Erben.
Zu beachten, ist dass das Erbschaftssteuerrecht sich sowohl der USA als auch der Einzelstaaten seit ca. dem Jahr 2000 in ständiger Bewegung ist. Es kommt sehr häufig vor, dass ein Einzelstaat seine Erbschaftssteuer abschafft und sie im nächsten Jahr wieder einsetzt. Für die Erbschaftssteuer des US-Bundesgesetzgebers geschah das zuletzt 2010 bzw. 2011.
Sehr impressionistisch wird auch die Frage gehandhabt, ob gleichgeschlechtliche Ehen bzw. Lebenspartnerschaften an Ehegattenfreibeträgen partizipieren (martial deductions). Für die Bundeserbschafssteuer führt der IRS dazu aus, den Einzelstaaten folgen zu wollen. Wenn das einzelstaatliche Recht gleichgeschlechtliche Ehen akzeptiert, soll auch auf Bundesebene der Ehegattenfreibetrag gelten; wenn dagegen das einzelstaatliche Recht nur eingetragene Lebenspartnerschaften kennt, dann nicht. Offen bleibt, was das für eingetragene Lebenspartnerschaften im Sinne des deutschen Gesetzesgebers heißen mag.
Tendenziell tendieren potentielle deutsche Erben von US-Erblassern erfahrungsgemäß dazu, die Bedeutung der amerikanischen Bundeserbschaftsteuer überschätzen. Ein Grund dafür ist, dass diese zumindest, soweit es um die Bundesnachlasssteuer (Federal Estate Tax gem. §-§ 2001 bis 2801 des Internal Revenue Code) geht, erst ab einem Bruttonachlasswert von knapp oberhalb von 5. Mill. USD relevant wird. Dieser Wert gilt in dieser Größenordnung für 2013 und 2014. Er variiert über die Jahre stark je nach Regierung, fiskalischen Bedürfnissen und sonstigen politischen Umständen. Die längste Zeit der Jahre 2000 bis 2010 lag er bei 1. Mill. USD. Die Freibeträge der Einzelstaaten sind dagegen meist deutlich geringer, und diese sind es auch, die in Deutschland wenig bekannt sind, und bei denen man nicht umhin kommt, sich für den jeweiligen Einzelstaat zu informieren. New York etwa hat zuletzt (Gesetz vom 1.April 2014) seinen Freibetrag auf knapp oberhalb von 2.Mill USD festgelegt, der aber in den Folgejahren steigen soll, bis er 2019 das gleiche Niveau wie der Freibetrag der Bundeserbschaftssteuer erreicht, so dieser denn dann wirklich noch bei 5. Mill USD liegen sollte.
Wie berechnet man nun eine Erbnachlasssteuer?
Die Faustregel ist, dass muss man zunächst den Brutto-Nachlasswert (gross estate) ermitteln muss: das ist der Marktwert aller Vermögensgüter, incl. Grundstücke, Aktien, Lebensversicherungsprämien usw. Der zweite Schritt besteht darin, von diesem Brutto-Nachlasswert alle Nachlassforderungen (last expenses) wie Begräbniskosten, Kosten der Nachlassverwaltung und Schenkungen an gemeinnützige Organisationen (charitable gifts) in Abzug zu bringen. Die sich dann ergebende Größe ist der ggf. zu versteuernde Nachlass (taxable estate). Erst an dieser Stelle werden Freibeträge relevant (tax exemption amounts). Der größte dieser Freibeträge gilt, wenn ein Ehepartner sein gesamtes Vermögen einem anderen Ehepartner vermacht und beide US-Staatsbürger sind. In diesem Fall fällt überhaupt keine Bundeserbschaftssteuer an selbst wenn der Bruttonachlasswert mehr als USD 5. Mill beträgt.
Muss man nun in beiden Ländern Erbschaftssteuer zahlen?
Nein, denn zwischen Deutschland und den USA existiert ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschafts-, Nachlass,- und Schenkungssteuer. Dieses bedient für die meisten Fälle einer etwaigen Doppelbesteuerung der Anrechnungsmethode. Diese zufolge wird eine Doppelbesteuerung dadurch vermieden, dass die in einem Land gezahlte Erbschaftssteuer auf die in dem anderen Land gezahlte Erbschaftssteuer angerechnet wird. Zu beachten ist auch, dass viele Arten etwas zu erwerben, die an den Tod einer anderen Person anknüpfen, gar nicht unbedingt durch Erwerb von Todeswegen zustande komme, sondern sich außerhalb des Erbrechts vollziehen. Das gilt in Deutschland etwa für Sparbücher, Konten und Lebensversicherungen, in denen ein Dritte für den Todesfall als Begünstigter eingesetzt wird. In den USA gilt das für sogenannte POD-Accounts (Payment on Death Accounts, Early Retirement Accounts), einige Arten von Pensions-Plänen Plans und ggf. Trusts in der Form des Intervivos-Trust oder Totten Trusts. Bei jeder dieser Arten des Erwerbes ist genau zu prüfen, ob sich wirklich erbschaftsteuerliche oder nicht eher einkommenssteuerliche Fragen stellen. Auch auf dem Gebiet der Einkommenssteuer gibt es zwischen den USA und Deutschland allerdings ein Doppelbesteuerungsabkommen.
1) BGH Urteil vom 07.07.2004, Az. IV ZR 135