Nachlass regeln in Spanien

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Was es bei der Regelung des Nachlasses bei Vermögen in Spanien zu beachten gibt

Deutsches Testament als Erbnachweis in Spanien voll anerkannt

Weit verbreitet ist der Glaube, dass es für deutsche Immobilieneigentümer in Spanien zwingend notwendig sei, sein Testament in Spanien vor einem spanischen Notar, womöglich noch nach spanischem Recht, abzufassen. Dies ist nicht korrekt, denn für Deutsche richtet sich derzeit das anzuwendende Erbrecht nach der Staatsangehörigkeit, also nach dem deutschen Erbrecht.

Dies bedeutet, dass jeder Deutsche sein Testament, sei es handschriftlich oder notariell, auf Deutsch und in Deutschland sowohl für sein in Deutschland als auch in Spanien belegenes Vermögen abfassen kann.  Der Vorteil liegt auf der Hand, der Testierende kann in seiner Muttersprache nach den ihm bekannten Regeln testieren.

Martina  Dyllong
Partner
seit 2010
Notarin und Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Hagener Str. 231
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spanisches Immobilienrecht, spanisches Erbrecht, Erbrecht, Familienrecht

Deutsches Testament voll gültig

Als Erbnachweis in Spanien ist der deutsche Erbschein oder das deutsche notarielle Testament voll anerkannt. Diese Dokumente müssen allerdings mit einer sogenannten Apostille (=Überbeglaubigung im internationalen Urkundenverkehr) versehen und beglaubigt übersetzt sein. Für die Umschreibung der Immobilie in Spanien auf den Erben ist die Vorlage dieser Dokumente sodann zwingende Voraussetzung.

An dieser Stelle wird oftmals argumentiert, dass es dann doch günstiger sei, direkt ein Testament vor einem spanischen Notar aufzusetzen, da man sich die Übersetzungskosten und die Gebühr für die Apostille spart. Dies kann in Einzelfällen auch zutreffen. Allerdings kennt das spanische Recht zum Beispiel das „Berliner Testament“ nicht, mit welchem sich Ehegatten bzw. Lebenspartner gegenseitig in einem Testament zu Erben einsetzen. In der Regel werden dann zwei Einzeltestamente verfasst und in Deutschland dann noch einmal das „Berliner Testament“ für die deutschen Vermögenswerte. Was passiert aber, wenn sich die Testamente widersprechen, Immobilien in beiden Ländern vorhanden sind oder wichtige Bestandteile fehlen, gerade damit keine Widersprüchlichkeiten auftauchen können? Dies kann eine Lücke für langjährige Erbstreitigkeiten geben, welche man durch eine vorausschauende Nachlassplanung vermeiden kann.

Vorsicht vor unerwünschten Anordnungen

Es kommt sogar vor, dass spanische Testamente aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen nicht richtig bei der Beurkundung verstanden werden und im Vertrauen darauf, dass schon alles richtig sein werde, etwas unterschrieben wird, was gar nicht so gewollt ist. So ist es in der Praxis schon vorgekommen, dass spanische Testamentsvollstrecker eingesetzt wurden, ohne dass sich der Testierende darüber im Klaren war. Der spanische Testamentsvollstrecker wickelt dann im Ablebensfalle den Nachlass ab, ohne dass die Erben diesen gar kennen und ihm am Ende der Testamentsvollstreckung eine Vergütung zahlen müssen. Eine Testamentsvollstreckung kann bei sehr umfangreichen Nachlässen und in bestimmten Konstellationen durchaus sinnvoll sein. Wenn aber keine Testamentsvollstreckung gewünscht und auch nicht darüber gesprochen worden ist, sollte jeder Spanientestierende sein Testament überprüfen, ob nicht ein Testamentsvollstrecker (spanisch=„albacea“) in seinem Testament auftaucht, damit er diese Anordnung abändern kann.

„Berliner Testament“ bei Ehegatten und Lebenspartnern

Ehegatten bzw. Lebenspartner, welche ein „Berliner Testament“ verfasst haben, sollten ihr deutsches Testament dahingehend überprüfen, ob auch die spanische Immobilie so vererbt wird, wie es der Wille beider ist, um es gegebenenfalls anzupassen. Wichtig zu wissen ist auch, dass bei Ehegatten, bei denen Kinder vorhanden sind, nicht „automatisch“ zuerst die Ehegatten erben und nach dem Tod des Letztversterbenden die Kinder. Wenn diese Reihenfolge gewünscht ist, müssen die Ehegatten dies durch ein Testament zum Ausdruck bringen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass selbst bei der alleinigen Erbeinsetzung der Ehegatten die Kinder nach dem ersten Erbfall grundsätzlich einen Pflichtteilsanspruch haben.

Vorsicht vor der Bindungswirkung

Außerdem ist es kaum einem Verfasser eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrages bekannt, dass die meisten gemeinschaftlichen Testamente („Berliner Testament“) so abgefasst sind, dass sie eine sogenannte „Bindungswirkung“ haben. Bei einem gemeinschaftlichen Testament, welches sich großer Beliebtheit erfreut, wird häufig wie folgt testiert:

„Wir, Ehefrau und Ehemann, setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Schlusserben sind unsere drei Kinder zu jeweils gleichen Teilen.“

Dies bedeutet, dass die Bestimmung über die Erbeinsetzung der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden bindend wird, da die Verfügung wechselbezüglich ist. Der überlebende Ehegatte kann also nichts mehr an der Erbeinsetzung der Kinder zu gleichen Teilen ändern. Dies kann problematisch werden, wenn sich das Verhältnis zu beispielsweise einem Kind nach dem Tod des Erstversterbenden stark verschlechtert und der überlebende Ehegatte nur noch zwei Kinder bedenken möchte. Noch komplizierter verhält es sich bei den sogenannten „Patchworkfamilien“, falls unterschiedliche Erbeinsetzungen in Betracht kommen. Grundsätzlich kann der überlebende Ehegatte bei Abschluss einer gemeinschaftlichen Testamentes nämlich kein neues wirksames Testament mehr errichten.

Klare Anordnungen wählen

Soll diese Folge gerade nicht eintreten, muss dies auch im Testament klar zum Ausdruck kommen. Solange die beiden Ehegatten noch leben, kann jederzeit eine Änderung des Testaments erfolgen, weshalb empfohlen wird, das Testament wenigstens alle drei Jahre auf Aktualität des Willens hin zu überprüfen. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für das gemeinschaftliche Testament, sondern auch für Einzeltestamente.

Fazit und Ausblick – EU-Erbrechtsverordnung für Erbfälle ab dem 17.08.2015

Festzuhalten bleibt, dass ein deutsches Testament auch in Bezug auf Spaniennachlass voll gültig ist. Gemeinschaftliche Testamente sollten dahingehend überprüft werde, ob sie auch dem wirklichen Willen der Testierenden entsprechen. So können Erbstreitigkeiten und nicht vorgesehene  Erbeinsetzungen vermieden werden. Aufgrund der EU-Erbrechtsverordnung, die für Erbfälle ab dem 17.08.2015 Gültigkeit hat, sollten deutsche Testierende, die ihren Wohnsitz in Spanien (oder einem anderen Land der EU außer Dänemark, Großbritannien und Irland) haben oder ihn dorthin verlegen, überprüfen, ob auch die Rechtsanwendung ihren Vorstellungen entspricht. Denn ab Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung soll das Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zur Anwendung kommen. Dies bedeutet für einen Deutschen, der auf Mallorca lebt und dort verstirbt, dass spanisches Erbrecht zur Anwendung kommt. Der deutsche Testierende kann der Anwendung spanischem bzw. ausländischem Erbrecht allerdings entgegenwirken, indem er in seinem Testament ausdrücklich bestimmt, dass deutsches Erbrecht angewandt werden soll. In zahlreichen Fällen würde nämlich die Anwendung ausländischen Rechts zu nicht gewollten Erbfolgen führen, was durch eine gut vorbereitete und fachmännische Nachlassplanung vermieden werden kann.

Autorin
Die Autorin Martina Dyllong ist eine auf das Erb- und Immobilienrecht spezialisierte Rechtsanwältin

Kontakt:
Kanzlei Dyllong
Hagener Str. 231
44229 Dortmund
Info@kanzlei-dyllong.de, www.kanzlei-dyllong.de
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