Abmahnung der Rasch Rechtsanwälte für die Universal Music - Neue Entscheidung des Landgerichts Frankfurt

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Die hoch spezialisierten Rechtsanwälte Rasch aus Hamburg gehen seit Jahren massiv gegen mögliche Datendiebstähle im Internet vor. Meist werden illegale Musik-Down- bzw. Uploads für die Musikindustrie abgemahnt. Der Empfänger der urheberrechtlichen Abmahnung erhält ein umfangreiches anwaltliches Schreiben mit der Aufforderung, eine Unterlassungserklärung und eine Vergleichsvereinbarung zu unterzeichnen. Je nach Umfang der “Urheberrechtsverletzung“ wird die Zahlung einer Geldsumme zwischen 1.200,00 und 2.100,00 Euro verlangt. Hierbei spielt es keine Rolle ob und wer tatsächlich eine Musikstück oder Album im Internet widerrechtlich getauscht hat. Es wird immer der Inhaber des Internetanschlusses in Anspruch genommen.

Die aktuellen Abmahnungen werden vorwiegend im Namen der Musik-Konzerne Universal Music GmbH aus Berlin und der EMI Music Germany GmbH & Co. KG mit Sitz in Köln ausgesprochen.

Thilo Wagner
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In den Abmahnungen wird der Anschein erweckt, dass die geltend gemachten Zahlungs- und Unterlassungsansprüche aufgrund der ermittelten Daten, wie eine IP-Adresse oder ein genauer Zeitpunkt der Verletzungshandlung, völlig zu Recht bestehen.

TIPP: Wie Sie sich am einfachsten gegen eine solche Abmahnung zur Wehr setzen können, erfahren Sie bei einer Universal-Abmahnung durch die Rechtsanwälte Rasch hier bzw. bei einer EMI-Abmahnung der Rasch Rechtsanwälte hier.

Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Urteil vom 07.04.2011 - 2-03 O 20/11) zeigt nun, dass die Sach- und Rechtslage keineswegs so eindeutig ist, wie von Seiten der Musikwirtschaft dargestellt wird und dass im Einzelfall die geltend gemachten Ansprüche sogar völlig unbegründet sein können.

Das war der Fall - Das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 07.04.2011 (2-03 O 20/11)

In dem durch das Landgericht Frankfurt entschiedenen Fall verklagte die Universal Music GmbH die Inhaberin eines Internetanschlusses. Die Parteien stritten um die mögliche Verletzung von Urheberrechten durch das Zugänglichmachen eines Musiktitels im Rahmen einer sogenannten "Musiktauschbörse" und um hieraus folgende Zahlungs- und Unterlassungsansprüche. Vor dem Prozess geschah folgendes:

Die Beklagte verfügte über einen privat genutzten Computer, der über einen W-LAN-fähigen Router mit dem Internet verbunden war.

Die von Klägerin beauftragte Detektei "proMedia GmbH" ermittelte, dass zu einem gewissen Zeitpunkt das vollständige Musikalbum "Große Freiheit" der Künstlergruppe "Unheilig" über eine bestimmte IP-Adresse mittels einer "Filesharing"-Software zum illegalen Herunterladen bereit gestellt worden sei.

Um in Erfahrung zu bringen, welcher Internet-Nutzer sich hinter der IP-Adresse verbarg, erwirkte die Klägerin einen richterlichen Beschluss, nach dem es der Telefonica O2 Germany GmbH & Co. OHG gestattet wurde, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welchem Anschlussinhaber die IP-Adresse zum genannten Zeitpunkt zuzuordnen war. Die Telefongesellschaft teilte der Klägerin mit, dass die IP-Adresse zur Tatzeit der Beklagten zugewiesen gewesen sei.

Mit anwaltlichen Schreiben mahnte die Klägerin sodann die Beklagte wegen der vermeintlichen Urheberrechtsverletzung ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und eine Geldzahlung (Schadensersatz und Rechtsverfolgungskosten).

Die Beklagte gab weder die begehrte Unterlassungserklärung ab, noch bezahlte sie die verlangte Entschädigungssumme.

Daraufhin erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Frankfurt, mit der der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt wurde, die Tonaufnahme "Geboren um zu leben", welche sich auf dem Album "Große Freiheit" der Künstlergruppe Unheilig befindet, über das Internet bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Hiergegen wandte sich die Beklagte. Im weiteren wurde nun über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung gestritten:

Die Klägerin behauptete in dem Verfahren weiterhin, dass die ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt der Beklagten zugewiesen gewesen sei. Ein Übertragungsfehler sei auszuschließen, da im Rahmen der Ermittlungen die erforderlichen Daten stets elektronisch versandt würden. Die Rechteinhaberschaft an der Tonaufnahme ergebe sich aus der Vermutung des § 10 Abs. 3 UrhG (Urheberrechtsgesetz), da auf der CD zum streitgegenständlichen Titel ein entsprechender Vermerk angebracht sei, der die Klägerin als Rechteinhaberin erkennen ließe.

Die Beklagte bestritt, dass die ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt ihr zugewiesen gewesen sei. Die proMedia GmbH habe nicht ausreichend dargelegt, dass bei der Ermittlung der IP-Adresse kein Fehler unterlaufen sei. Die Telefonica O2 Germany GmbH & Co. GmbH habe die IP-Adresse auch nicht richtig zugeordnet. Die Beklagte war der Ansicht, es sei gerichtsbekannt, dass bei der Ermittlung von IP-Ziffern eine Fehlerquote von bis zu 17 Prozent auftrete. Weder die Beklagte, noch deren Mitbewohner hätten den streitgegenständlichen Titel zu irgendeinem Zeitpunkt heruntergeladen. Auch sei niemand in der Wohnung gewesen, der Zugriff auf den Computer gehabt habe. Ihre Internetverbindung sei auch zum streitgegenständlichen Zeitpunkt durch die Verschlüsselung WPA 2 PSK (Datenverschlüsselung AES) gesichert gewesen. Zudem hätten die MAC-Adressen der Rechner, die den WLAN-Anschluss der Beklagten nutzen wollten, zuvor freigeschaltet werden müssen, was auch schon zum Tatzeitpunkt so gewesen sei. Dies versicherten die Beklagte und deren Mitbewohner im Einzelnen an Eides statt. Die Beklagte war zudem der Ansicht, dass aus den vorgelegten Unterlagen die Rechteinhaberschaft der Klägerin nicht belegt sei.

Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt: Einstweilige Verfügung unrechtmäßig!

Das Landgericht Frankfurt entschied gegen die Musikindustrie und gab der Beklagten Recht. Es hob die zwischenzeitlich ergangene einstweilige Verfügung auf. Die Urteilsbegründung lautet wie folgt:

Auf den Widerspruch der Beklagten war die einstweilige Verfügung der Kammer vom 20.01.2011 auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dies führte zu ihrer Aufhebung und zur Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch nach § 97 I UrhG gegen die Beklagte wegen Verletzung ihrer Rechte an dem Musiktitel " Geboren um zu leben" der Gruppe "Unheilig" zu. Zwar hat die Klägerin ihre Rechtsinhaberschaft an dem Titel " Geboren um zu leben" glaubhaft gemacht. Ihre Rechtsinhaberschaft wird nach § 10 Abs. 3 UrhG vermutet. Der Vermerk "P" und "C" auf dem Cover des Musikalbums "Große Freiheit", dem sich auch der streitgegenständliche Titel befindet, lassen auf die ausschließlichen Rechte der Klägerin schließen. Ein Gegenbeweis ist durch die Beklagte nicht angeboten.

Auch liegt eine Verletzungshandlung vor, da das Musikalbum "Große Freiheit" durch das Bereithalten für den Zugriff eines anderen in einem Filesharing-System am 03.12.2010 um 20:37 Uhr i.S.d. § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht wurde (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage, § 19a Rn. 6).

Allerdings hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagte diese Rechtsverletzung begangen hat und damit als Täterin haftet. Dabei kann dahin stehen, ob die IP-Adresse, von der die Zugänglichmachung erfolgte (XX.X.XXX.XXX), richtig ermittelt wurde und ob die Ermittlung der Beklagten als Nutzerin dieser IP-Adresse fehlerfrei erfolgte, da selbst dann, wenn man den klägerischen Vortrag insoweit als richtig unterstellte, haftet die Beklagte nicht als Täterin.

Zwar spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass derjenige, dem die IP-Adresse zuzuordnen ist, für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, GRUR 2010, 633 juris-Rn. 12 - Sommer unseres Lebens). Daraus ergibt sich eine sekundäre Beweislast des Anschlussinhabers (BGH, GRUR 2010, 633 juris-Rn. 12 - Sommer unseres Lebens). Dieser sekundären Beweislast ist die Beklagte nachgekommen. Sie und ihr Mitbewohner, Herr X, haben an Eides statt versichert, dass sie das Musikalbum "Große Freiheit" nicht kennen würden und auch zu keinem Zeitpunkt heruntergeladen hätten. Auch wäre im streitgegenständlichen Zeitraum niemand anderes in der Wohnung gewesen. Demnach scheidet die Beklagte als Täterin der Urheberrechtsverletzung aus.

Die Beklagte haftet auch nicht als Störerin für die Urheberrechtsverletzung. Ein Anschlussinhaber haftet als Störer für Urheberrechtsverletzungen, die über seinen Internetanschluss begangen werden, wenn er seinen Computer nicht mit den zum Zeitpunkt des Erwerbers üblichen Sicherungen ausstattet (BGH, GRUR 2010, 633 Juris-Rn. 20, 23 - Sommer unseres Lebens). Zu den Sicherungen gehören nach der Rechtsprechung des BGH zum einen eine Verschlüsselung des WLAN-Anschlusses und zum anderen ein Passwortschutz des Routers (BGH, GRUR 2010, 633 Juris-Rn. 33,34 - Sommer unseres Lebens). Nach dem durch die eidesstattlichen Versicherungen der Beklagten sowie ihres Mitbewohners, Herrn X, glaubhaft gemachten Vortrag, hat die Beklagte ihren Internetanschluss bereits zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Rechtsverletzung Anfang Dezember 2010 über die Verschlüsselung WPA 2 gesichert. Zudem müssen die einzelnen MAC-Adressen, die den WLAN-Anschluss der Beklagten nutzen wollen, zuvor freigeschaltet werden. Dadurch wird einem Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten durch Rechner von Dritten vorgebeugt. Die Sicherung über WPA 2 entspricht dem derzeitig üblichen Sicherungsstandard. Die Sicherung über die Freischaltung einzelner MAC-Adressen ist ebenso wie ein Passwortschutz des Routers geeignet, zusätzlich vor dem Zugriff durch Dritte zu schützen. Da die Beklagte alle derzeit üblichen Sicherungsvorkehrungen getroffen hat, hat sie keine ihrer Prüfpflichten verletzt und haftet nicht als Störerin.“

Fazit und Tipp:

Letztlich gewann die Beklagte den Gerichtsprozess, weil Sie glaubhaft machen konnte, dass sie Ihren Internetanschluss ausreichend vor dem Zugriff Dritter geschützt hatte und zudem zum „Tatzeitpunkt“ nicht zu Hause war. Dieser Vortrag klingt einfach. Er ist jedoch im Einzellfall schwer darzulegen, da insoweit ein lückenloser, überzeugender Sachverhalt vorzutragen ist. Keinesfalls sollten Sie daher auf eine Abmahnung reagieren, indem Sie den abmahnenden Anwälten einen Brief senden, um ihre Unschuld und Ihre persönlichen Verhältnisse darzulegen. Im Zweifel verraten Sie zu viel und eine spätere Rechtsverteidigung wird mit den unnötig preisgegebenen Informationen erschwert oder sogar ganz verhindert.

Auch wenn dieser Fall für die abgemahnte Internetnutzerin gut ausgegangen ist, sollte ein gerichtliches Verfahren im Falle eine Abmahnung unbedingt vermieden werden. Das Prozess- und Kostenrisiko ist aufgrund der komplexen Sachverhalte und der unterschiedlichen Rechtsprechung einzelner Gerichte immens hoch. Durch geschicktes Verhalten, wie etwa durch die Abgabe einer abgeänderten Unterlassungserklärung, kann ein einstweiliges Verfügungsverfahren und ein hiernach folgendes Hauptsachverfahren immer verhindert werden. Zudem können die geltend gemachten Zahlungsansprüche mit Hinweis auf die richtige Sach- und Rechtslage oft sogar vollständig abgewehrt werden. Hierbei sollten Sie auf die ruhige Hilfe eines im Urheberrecht erfahrenen Anwalts vertrauen. Durch die anwaltliche Unterstützung werden die Verfahren meist schnell, außergerichtlich und kostenschonend gelöst.

Zusatz-Info: Das ist „Filesharing“

Die Urheberrechte der großen Plattenfirmen werden häufig im Internet durch sog. "Filesharing-Systeme, Musiktauschbörsen oder peer-to-peer Netzwerke" umgangen und verletzt. Bei diesen Systemen werden jeweils zwei Nutzer zum Zweck des Datenaustauschs in direkten Kontakt gebracht. Dabei kann der eine Nutzer von dem anderen kostenfrei eine Musik-, Film- oder sonstige Datei herunterladen, wobei er regelmäßig gleichzeitig den anderen Nutzern im System die in seinem Rechner befindlichen Dateien zum Herunterladen anbietet. Es existieren verschiedene Filesharing-Softwares, die auf dem "BitTorrent"-Protokoll basieren. Bei diesen Systemen kann ein Nutzer eine Anfrage zu einer Audio-Datei starten, die über einen zentralen Server, dem sog. "Tracker", an andere Nutzer weitergeleitet wird. Sofern ein Nutzer über die gewünschte Audio-Datei verfügt, kann der Austausch der Datei direkt zwischen den beiden Nutzern erfolgen. Die Musikindustrie glaubt, dass ihr durch den kostenfreien Erwerb (Tausch) der Musik und Filmdateien ein Schaden in Milliardenhöhe entstehe; schließlich würden die illegal gehandelten Werke nicht mehr gekauft. Mit Blick auf die legalen Möglichkeiten der Datenspeicherung und des Datentausches erscheint diese Ansicht jedoch zumindest zweifelhaft.

WAGNER HALBE Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Thilo Wagner
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