Darf Facebook (& Co.) meinen Beitrag einfach löschen oder mein Konto sperren?
Mehr zum Thema: Internetrecht, Computerrecht, Soziale Medien, Facebook, Vertrag, LöschungGrundsätzlich: Nein und gegebenenfalls hast du sogar noch einen Unterlassungsanspruch, wenn dein Beitrag von der Meinungsfreiheit umfasst ist und du keine Gelegenheit hattest, zu der Löschung Stellung zu nehmen. Jedoch löscht Facebook aktuell viele kritische Beiträge, um hohen Bußgeldern zu entgehen.
Das liegt daran, das seit 2017 in Deutschland das viel kritisierte und bereits teilweise geänderte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft ist. Dieses Gesetz wird umgangssprachlich auch das Facebook-Gesetz genannt, da es nur für soziale Netzwerke gilt, die im Inland mehr als zwei Millionen registrierte Nutzer haben. Hiervon ausgenommen sind berufliche Netzwerke, Fachportale, Verkaufsplattformen, online Spiele, Messenger-Dienste und E-Mail-Dienste, sodass hauptsächlich die Netzwerke Facebook, Instagram, YouTube, TikTok und Twitter betroffen sind.
Das NetzDG beinhaltet Compliance Regeln für Anbieter sozialer Netzwerke zum Umgang mit Nutzer-Beschwerden über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte im Netz und legt den sozialen Netzwerken einige Pflichten auf, die, wenn gegen Sie verstoßen wird, mit sehr hohen Bußgeldern (bis zu 5 Mio. Euro) geahndet werden können.
Um diesen Bußgeldern zu entgehen, geht Facebook aktuell wohl so vor, dass jeder gemeldete, kritisch erscheinende Beitrag provisorisch gelöscht wird, auch wenn dieser keine strafbaren Inhalte oder Hasskriminalität enthält.
Ist mein Beitrag zu Unrecht gelöscht worden?
Zwischen Facebook und jedem einzelnen Nutzer besteht ein Nutzungsvertrag über die Teilnahme am sozialen Netzwerk. Facebook hat das Recht, hierfür Nutzungsbedingungen, ein so genanntes virtuelles Hausrecht, zu erlassen. Der Nutzer hat im Gegenzug unter anderem das Recht, Inhalte hochzuladen. Verstößt der Nutzer gegen das „virtuelle Hausrecht“ darf Facebook zwar gegebenenfalls den Beitrag löschen, aber nur wenn die Löschung die Grundrechte des Verfassers berücksichtigt und sachlich gerechtfertigt ist (OLG Brandenburg, Beschl. V. 25.02.2021 – 1 U 68/20).
Eine sachliche Rechtfertigung im Rahmen des virtuellen Hausrechts ist nicht gegeben, wenn der Beitrag eine zulässige Meinungsäußerung nach Art. 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz ist.
Wann ist ein Beitrag von der Meinungsfreiheit geschützt?
Die Meinungsfreiheit gewährt jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Dabei kommt es auf den Wertgehalt der Meinung nicht an, selbst scharfe und überspitzte Äußerungen sind grundsätzlich geschützt. Dieser Schutz lässt erst nach, wenn eine Äußerung nicht mehr der Auseinandersetzung in der Sache dient, sondern die Herabsetzung einer Person im Vordergrund steht (Schmähkritik). Aber auch bei der Schmähkritik sind enge Grenzen gesetzt. Eine Äußerung die sehr spitz und überzogen ist, ist für sich genommen erst eine Schmähkritik, wenn die Diffamierung im Vordergrund steht, die in erster Linie herabsetzen und an den Pranger stellen soll.
Eine zum Beispiel rein satirische Äußerung, die sich mit sachlichem Bezug mit einem Thema auseinandersetzt, ist somit keine Schmähkritik. Die gilt selbstredend nicht für Beleidigungen, Anprangerungen und Schmähungen. Facebook hat grundsätzlich auch kritische Beiträge zu akzeptieren, solange Sie die rechtlichen Schranken nicht überschreiten.
Facebook darf strenger als der Gesetzgeber gegen Hassbotschaften vorgehen
Allerdings hat das oberste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), entschieden, dass ein soziales Netzwerk sogar strenger gegen Hassbotschaften als der Gesetzgeber vorgehen darf. Jedoch muss dem Nutzer die Möglichkeit zum Widerspruch gegen die Sperre gegeben werden (BGH, Urt. V. 29.07.2021, Az. III ZR 179/20 und III ZR 192/20). Facebook (und Co.) muss also ein konkretes Verfahren vorsehen, um den Sachverhalt mit dem Nutzer aufzuklären und nach dessen Stellungnahme die Sachlage gegebenenfalls neu bewerten bzw. getroffene Maßnahmen rückgängig machen. Nach dem Urteil des BGH muss die „Anhörung“ des Nutzers vor einer Sperrung oder Löschung seines Kontos stattfinden. Bei der Löschung eines Beitrags würde eine nachträgliche Anhörung ausreichen.
Was kann ich gegen einen zu Unrecht gelöschten Beitrag tun?
Soweit ein Beitrag oder ein Konto zu Unrecht gelöscht wurde und keine Anhörung stattgefunden hat, kann der jeweilige Nutzer Facebook (oder ein anderes soziales Netzwerk) abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung (Vereinbarung in der Facebook erklärt, das Löschen des Beitrages jetzt und in Zukunft zu unterlassen und für den Fall des Verstoßes eine sofort fällige Vertragsstrafe zu zahlen) auffordern. Soweit Facebook diese nicht abgibt, kann mit guten Erfolgsaussichten gerichtlich, vor allem im einstweiligen Rechtsschutz, hiergegen vorgegangen werden.
Hast du weitere Fragen hierzu? Schreib mich gerne an unter info@kanzlei-de.de