Oh Schreck, die Domain ist weg!

Mehr zum Thema: Internetrecht, Computerrecht, Domain, Verlust, Registrierung, Löschung, Denic
4,83 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
6

Wer haftet für Domain–Verlust?

Was tun, wenn Ihre Domain plötzlich nicht mehr erreichbar ist oder sogar von einem anderen unbefugt übernommen wurde? Dieser Alptraum jedes Betreibers einer privaten oder geschäftlichen Internetseite kann in Zeiten des schnellen und einfachen Domainhandels öfters passieren als gedacht.

Die Registrierung, Löschung oder Übertragung ist längst zu einem Massengeschäft angewachsen. Die Anzahl der registrierten Internetdomains hat alleine bei der Denic- der zentralen Registrierungsstelle für .de Domains - die 10 Mio. Grenzen überschritten und eine Domainverwaltung gehört mittlerweile zum Standardgeschäft eines jeden Providers. Fast zwangsläufig wächst mit der Anzahl der domainbezogenen Transaktionen die Gefahr, dass bei der Abwicklung Fehler passieren. Dieses kann beispielsweise dadurch passieren, dass der Provider keine Gebühren an die zuständige Registrierungsstelle bezahlt oder dass im Rahmen eines Löschungsauftrages schlicht die falsche Domain gelöscht oder übertragen wird. Auf der anderen Seite kann es aber auch vorkommen, dass ein Mitarbeiter des Domaininhabers bei der Verwaltung der Domains unbeabsichtigt die falsche Domain löscht. Was also tun, wenn der Verlust der Domain aufgefallen ist?

Zunächst sollte geprüft werden, ob die Domain noch „frei" ist oder ob sich zwischenzeitlich eine andere Person die Domain gesichert hat. Dieses lässt sich am einfachsten über eine Anfrage auf der Homepage der Denic vornehmen. Stellt sich heraus, dass die Domain mittlerweile an einen Dritten übertragen wurde, stellt sich die Frage, ob die Domain zurückverlangt werden kann oder wer für den Domainverlust haftet.

Schadensersatz gegen den Provider

Grundsätzlich besteht zwischen einem Domaininhaber und dem Provider ein Vertrag, der regelt, welche Vertragsleistungen im einzelnen geschuldet werden. In der Regel verpflichtet sich der Provider, für den Domaininhaber die Domain zu registrieren und ggf. für diese Speicherkapazitäten bereitzustellen. Im Gegenzug zahlt der Domaininhaber eine Gebühr an den Provider. Löscht der Provider nun vorsätzlich oder fahrlässig die Domain, kann der Inhaber Schadensersatzansprüche gegen seinen Provider geltend machen. Die Verschuldenshaftung kann der Provider zwar in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ein fahrlässiges Handeln beschränken, doch hat er dieses dann auch in einem eventuellen Gerichtsprozess zu beweisen – aus praktischen und rechtlichen Gründen ist ein derartiger Beweis jedoch nur sehr schwer zu führen.

Steht im Einzelfall fest, dass der Provider schadensersatzpflichtig ist, stellt sich die Frage, was nun überhaupt verlangt werden kann. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht kann sich ein Schadensersatzanspruch nicht nur auf die Zahlung einer Geldsumme beschränken. Hier besteht alternativ oder zusätzlich die Möglichkeit, den Provider zu einer Rückübertragung der Domain zu verpflichten. Dieses hätte zur Folge, dass sich der Provider bemühen müsste, die Domain von dem neuen Inhaber zurückzuerlangen. Ist dieses nicht möglich, weil der neue Inhaber die Domain behalten will, so kann weiterhin die Zahlung eines angemessenen Geldbetrages für den Verlust der Domain verlangt werden. Der Schadensersatzanspruch umfasst dann nicht nur den „Wert" der Domain, sondern auch die bereits an den Provider gezahlten Gebühren und unter Umständen sogar Zahlungen für den Erreichbarkeitsausfall, falls damit wirtschaftliche Einbußen verbunden waren.

Als Beispiel sei eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt / Main vom 30.April 2004 (Az. 2-8 S 83/03) anzuführen, dass den Provider für einen von ihm verschuldeten Verlust einer Domain auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe 2.888,00 $ verurteilte. Ausgangspunkt des Verfahrens war die Feststellung des Klägers, dass eine auf ihm registrierte und von dem beklagten Provider verwaltete Domain nicht mehr erreichbar war, da der Provider die für die .com- Domain fällige Gebühr nicht bei der Registrierungsstelle in den USA gezahlt hatte. Daraufhin war die Domain von einem sog. „Domaingrabber" registriert worden, der sie für einen Preis von 2.888,88 $ zum Rückkauf anbot.

Herausgabe der Domain vom neuen Inhaber

Grundsätzlich darf eine freigewordene Domain von einem neuen Besitzer frei verwendet werden, so dass der ehemalige Besitzer keine Rückübertragungsansprüche besitzt.

Darüber hinaus gibt es aber Fälle, dass der ehemalige Domaininhaber besonders geschützt wird und auf diesem Wege seine Domain vom neuen Inhaber zurückverlangen kann. Das gilt insbesondere dann, wenn es um Domains mit marken- und namensrechtlichen Bezügen geht. Kann der ehemalige Domaininhaber nachweisen, dass ihn die Nutzung der Domain durch den neuen Inhaber in seinen Rechten verletzt, so können ihm Unterlassungs- und zwangsweise Herausgabeansprüche gegen den neuen Inhaber zustehen. Insbesondere überregional bekannte Unternehmen besitzen gute Chancen, ihre Marken- und Namensrechte im Domainbereich durchsetzen, soweit der Dritte nicht seinerseits besondere und überwiegende Interessen an gerade diese Domain nachweisen kann.

Es ist ratsam, sich in einem solchen Fall zunächst mit Hilfe eines spezialisierten Rechtsanwalt an den neuen Domaininhaber zu wenden, um eine kurzfristige außergerichtlich Lösung zu erreichen. Sollte der neue Inhaber rechtswidrig eine Herausgabe der Domain verweigern, kann mithilfe des Rechtsanwalts eine gerichtliche einstweilige Verfügung erwirkt werden, die den neuen Domaininhaber zur Herausgabe der Domain zwingt. Um zu verhindern, dass die Domain dann im oder während des Rechtsstreits an einen Dritten weitergegeben wird, kann parallel ein „Dispute" Antrag bei der Denic gestellt werden. Dadurch wird eine Weitergabe der Domain für ein Jahr geblockt.

Eigenes Verschulden

Anders sieht es selbstverständlich aus, wenn nicht der Provider, sondern ein Mitarbeiter oder Vertreter des Domaininhabers vorsätzlich oder fahrlässig einen fehlerhaften Löschungsauftrag für eine Domain an den Provider verschickt. Eine derartige fehlerhafte „Kündigung" des Domainvertrages durch den eigenen Mitarbeiter muss sich der Domaininhaber regelmäßig zurechnen lassen, Schadensersatzansprüche stehen ihm regelmäßig nicht zu. In solchen Fällen kann der Domaininhaber nur noch versuchen, die Kündigung schnellstmöglich rückgängig zu machen, um eine Weiterübertragung der Domain zu verhindern.

Fazit: Unterläuft dem Provider ein Fehler, der zur Löschung der eigenen Domain führt, bestehen durchaus gute Möglichkeiten, die Domain wiederzubekommen oder zumindest einen angemessenen finanziellen Schadensersatz für den Verlust zu erhalten. Liegt der Fehler dagegen auf der eigenen Seite vor, sind die Chancen auf Ersatz auf rechtlichem Wege relativ schlecht.


Sebastian Trost
Rechtsanwalt

www.ra-trost.de