Selbständige Freiberufler sind dann Verbraucher, wenn sie Waren für ihre private Sphäre als Privatleute erwerben

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Selbständige Freiberufler sind dann Verbraucher, wenn sie Waren für ihre private Sphäre als Privatleute erwerben

Mit Urteil vom 30.9.2009 entschied der Bundesgerichtshof, unter welchen Voraussetzungen "eine natürliche Person, die nicht nur als Verbraucher, sondern auch als selbständiger Freiberufler am Rechtsverkehr teilnimmt als Verbraucher im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches anzusehen ist."

Geklagt hatte eine Rechtsanwältin, die am 7.10.2007 via Onlinebestellung über die Internetplattform der Beklagten u.a. drei Lampen für insgesamt 766 € erworben hatte.

Als Liefer- und Rechnungsadresse wurde dabei ihr Name (ohne Berufsbezeichnung) sowie die Anschrift der "Kanzlei XY" angegeben, bei der sie tätig war.

Die Klägerin erklärte dann am 19./21. November 2007 den Widerruf ihrer Vertragserklärung und begründete ihr Recht auf Widerruf nach den Vorschriften über Fernabsatzgeschäfte (§§ 355 Abs. 1,  312d Abs. 1,  312b Abs. 1 BGB) damit, dass die Lampen für ihre Privatwohnung bestimmt gewesen seien.

Hierüber sei sie von der Verkäuferin nicht ordnungsgemäß belehrt worden.

Die Klage war auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtet.

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek gab der Klage statt, das Berufungsgericht (Landgericht Hamburg) wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Käuferin "nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht als Verbraucherin gehandelt habe und ihr daher ein Widerrufsrecht nach den fernabsatzrechtlichen Vorschriften nicht zustehe."

Die Revision wurde zugelassen, die Rechtsanwältin hatte damit Erfolg.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass "eine natürliche Person, die – wie die Klägerin – sowohl als Verbraucher (§ 13 BGB) als auch in ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmer (§ 14 BGB) am Rechtsverkehr teilnimmt, im konkreten rechtsgeschäftlichen Handeln lediglich dann nicht als Verbraucher anzusehen ist, wenn dieses Handeln eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann.

Dies ist zum einen dann der Fall, wenn das in Rede stehende Rechtsgeschäft objektiv in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit der natürlichen Person abgeschlossen wird (§ 14 BGB).

Darüber hinaus ist rechtsgeschäftliches Handeln nur dann der unternehmerischen Tätigkeit der natürlichen Person zuzuordnen, wenn sie dies ihrem Vertragspartner durch ihr Verhalten unter den konkreten Umständen des Einzelfalls zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat.

Nach diesen Kriterien war die Klägerin im entschiedenen Fall bei der Bestellung der Lampen als Verbraucherin tätig geworden.

Nach den in den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen hatte die Klägerin die Lampen für ihre Privatwohnung gekauft.

Konkrete Umstände, aus denen die Beklagte zweifelsfrei hätte schließen können, dass der Lampenkauf der freiberuflichen Sphäre der Klägerin zuzurechnen sei, lagen nicht vor.

Insbesondere konnte die Beklagte aus der Angabe der Kanzleianschrift als Liefer- und Rechnungsadresse nichts Eindeutiges für ein Handeln zu freiberuflichen Zwecken herleiten, da hieraus nicht deutlich wurde, dass die Klägerin in der Kanzlei als Rechtsanwältin – und nicht etwa als Kanzleiangestellte – tätig war.", so die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes.

Verfahrensgang:
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 30. September 2009 - VIII ZR 7/09

vorgehend:
AG Hamburg-Wandsbek - Urteil vom 13. Juni 2008 – 716A C 11/08

LG Hamburg - Urteil vom 16. Dezember 2008- 309 S 96/08