Wann ist E-Mail-Werbung zulässig?

Mehr zum Thema: Internetrecht, Computerrecht, E-Mail, Werbung, Marketing, Abmahnung, opt-in
4 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
2

E-Mail-Marketing und Recht

Die Vorteile des E-Mail-Marketings liegen klar auf der Hand. E-Mail-Werbung ist günstig, die Rückflussquote relativ hoch, die Reichweite enorm und Erfolge unmittelbar messbar. Der Nachteil des E-Mail-Marketings: ca. 70% bis 80% des gesamten E-Mail-Aufkommens soll Werbung oder SPAM sein. Der Schaden, der durch E-Mail-Marketing entsteht, ist daher erheblich. Der deutsche Gesetzgeber hat die Zulässigkeit von E-Mail-Marketing erheblich eingeschränkt. Der nachfolgende Artikel soll einen Überblick geben, innerhalb welcher Grenzen E-Mail-Werbung noch zulässig ist.

Wann ist eine E-Mail Werbung?

Wann liegt überhaupt Werbung vor? Nach der gesetzgeberischen Definition ist Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Nach dieser weiten Definition fällt offensichtliche Produktwerbung genauso unter den Begriff der Werbung wie der Newsletter oder die Einladung zu einer Info-Veranstaltung. Wie weit der Begriff der Werbung ausgeweitet werden kann, zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG München (vgl. OLG München, Urt. v. 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12), die im Übrigen eine heftige Kontroverse ausgelöst hat.

Bisher entsprach es der herrschenden Meinung, dass die im Rahmen des so genannten double-opt-in-Verfahrens versandte Bestätigungsaufforderung per E-Mail keine Werbung und damit ein sicheres Verfahren darstellt. Das double-opt-in-Verfahren sieht vor, dass der Empfänger nach der Anmeldung oder Eintragung auf einer Webseite eine E-Mail erhält, mit der er die Anmeldung oder Eintragung durch Betätigung eines Links bestätigen muss. In einer fragwürdigen Entscheidung qualifiziert das OLG München die Bestätigungsaufforderung per E-Mail als Werbung. Mit der E-Mail verfolge der Absender das Ziel, die Erbringung einer Dienstleistung zu fördern (vgl. OLG München, Urt. v. 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12). Dass die E-Mail selbst keine Werbebotschaft enthalten habe, sei rechtlich irrelevant. Praktisch hat die Entscheidung die gängige Praxis "auf den Kopf gestellt" und zu einer erheblichen Verunsicherung geführt. Nichtsdestotrotz sei hier Entwarnung gegeben: Der BGH hat das double-opt-in-Verfahren im Grundsatz bereits abgesegnet (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2011, Az. I ZR 164/09 - Double-opt-in-Verfahren). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Entscheidung des OLG München einer Revision standhalten wird.

Mailempfänger muss Werbung ausdrücklich zugestimmt haben

E-Mail-Werbung bedarf grundsätzlich der ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Mutmaßliche oder konkludente Einwilligungen sind nicht (mehr) ausreichend. Schon die einmalige Zusendung unerlaubter E-Mail-Werbung stellt nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH eine unzumutbare Belästigung dar (vgl. BGH, Beschl. v. 20.05.2009; Az. I ZR 218/07 - E-Mail-Werbung II).

Der BGH hatte über die Versendung einer einzelnen Werbe-E-Mail an einen Gewerbetreibenden zu entscheiden. Unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung beeinträchtige den Betriebsablauf eines Unternehmens und stelle einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb i.S. der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB dar. Mit dem Sichten und Aussortieren dieser E-Mails sei u.a. ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden. Dieser halte sich zwar bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen, nicht aber bei einer Vielzahl von E-Mails, ausgehend von verschiedenen Absendern. Die billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende Versendungsmöglichkeit lasse ein weiteres Umsichgreifen dieser Werbeart befürchten. Um dies zu verhindern, müsse bereits die Übermittlung der einzelnen E-Mail verhindert werden.

Nach herrschender Meinung ist es erforderlich, dass das ausdrückliche Einverständnis im Wege des sog. opt-in-Verfahrens, d.h durch aktive Nutzeraktion (z.B. mittels anzukreuzender Checkbox auf der Webseite) nach ausführlicher Belehrung eingeholt wird.

Das umgekehrte Verfahren, dass nämlich die Einwilligung erteilt wird, wenn der Nutzer nicht aktiv wird (z.B. die entsprechende Checkbox nicht ankreuzt oder die Einwilligung streicht, sog. opt-out-Verfahren) ist insoweit unzulässig. Gleiches gilt nach h.M. für eine vorausgewählte Checkbox. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Beweislast für die Erteilung der Einwilligung grundsätzlich der Absender trägt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2011, Az. I ZR 164/09 - Double-opt-in-Verfahren). Mit anderen Worten: Der Absender sollte jede Einwilligung vollständig dokumentieren können.

Auf eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten kann nur in den Ausnahmefällen des § 7 Abs. 3 UWG verzichtet werden. Praktisch dürfte der Ausnahmetatbestand nur in den seltensten Fällen greifen. Auch hier trägt der Absender die Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen. Im Einzelnen: (1) Der Absender muss die E-Mail-Adresse von dem Adressaten erhalten haben. Bei einem Ankauf oder Erhalt der E-Mail-Adresse über Dritte sind die Voraussetzungen nicht erfüllt. (2) Der Absender muss die E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten haben. Voraussetzung ist demnach ein Vertragsschluss. (3) Der Absender darf die E-Mail-Adresse nur für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwenden. (4) Der Adressat darf der Verwendung der E-Mail-Adresse nicht widersprochen haben. (5) Der Adressat muss bei erstmaliger Speicherung und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass er der Verwendung der E-Mail-Adresse jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür mehr als die üblichen Übermittlungskosten entstehen.

Fazit: Abmahnrisiko ist groß<7h3>

Für Werbende gilt: E-Mail-Werbung ist nur in engen rechtlichen Schranken zulässig, nämlich nur bei Einwilligung des Empfängers oder im Rahmen der Ausnahmebestimmung des § 7 III UWG. Da der Werbende die Beweislast trägt, stellt jede Werbe-E-Mail praktisch ein rechtliches Abmahnrisiko dar. Lassen Sie sich im Vorfeld unbedingt rechtlich beraten. Für den Empfänger von E-Mail-Werbung oder Mitbewerber des Absenders gilt: Unerlaubte E-Mail-Werbung müssen Sie nicht dulden. Mittels Abmahnung oder Unterlassungsklage können Sie sich ohne Weiteres gegen unzulässige Werbemaßnahmen wehren.