Webshop-Recht: Streitwert bei Abmahnung wegen Widerrufsbelehrung

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Was darf die Abmahnung für Fehler in der Widerrufsbelehrung kosten?

Einer der häufigsten Gründe für die Abmahnung eines Webshops sind Fehler in der Widerrufsbelehrung, sei es wegen der Nutzung der veralteten Muster - Widerrufsbelehrung (in der Form von vor dem 04.11.2011), die „40-€ Klausel“ usw.

Doch was die Abmahnung erst wirklich ärgerlich macht, ist die angehängte Kostennote.

Da ein Fehler der Widerrufsbelehrung einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG darstellt, kann der Abmahnende Ersatz seiner Aufwendungen vom Webshop verlangen (§ 12 Abs. 1 UWG), wozu auch die Kosten des beauftragten Rechtsanwaltes gehören.

Die Höhe der Kosten wiederum richtet sich nach dem Streitwert der Angelegenheit.

Häufig setzen Abmahnanwälte im Eigeninteresse überhöhte Streitwerte von 10.000 bis 15.000 wegen eines einzelnen Fehlers in der Widerrufsbelehrung an.

Doch welcher Streitwert ist angemessen?

In einem gerichtlichen Verfahren setzt das jeweils zuständige Gericht den Streitwert fest.

Maßgeblich ist dabei zunächst das wirtschaftliche Interesse des Abmahnenden an zukünftiger Unterlassung des beanstandeten Verhaltens, aber auch die Nachahmungsgefahr wettbewerbswidrigen Verhaltens, Umfang und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie die rechtliche Schwierigkeit der Streitsache.

Daran hat sich auch ein Anwalt beim Ansatz des Gegenstandswertes für eine außergerichtliche Abmahnung zu orientieren.

Vierstelliger Streitwert nur noch die Ausnahme

Dabei gehen nur noch vereinzelt Gerichte von Streitwerten im vierstelligen Bereich aus:

• OLG Koblenz, Beschluss vom 08.03.2010, Az.: 9 U 1283/09:
wegen: Unrichtige Belehrung über die Rücksendekosten

Streitwert: 10.000 €        Abmahnkosten: 651, 80 €

• OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.12.2009 Az.:- 2 U 51/09):
wegen: Unrichtige Belehrung über die Rücksendekosten

Streitwert: 7.500 €          Abmahnkosten: 555,60 €

Deutliche Tendenz zu geringeren Streitwerten

Die ganz überwiegende Mehrheit der Gerichte setzt jedoch deutlich geringere Streitwerte an:

• Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 30.10.2007, Az.: 3 W 189/07
wegen: fehlerhafter Widerrufsbelehrung

Streitwert: 5.000 €         Abmahnkosten: 411,30 €
 
• OLG Celle, Beschl. v. 19.11.2007, Az.: 13 W 112/07
wegen: 40 € - Klausel in der Widerrufsbelehrung

Streitwert: 3.000 €         Abmahnkosten: 265,70 €

• OLG Naumburg, Beschluss vom 18.07.2007, Az.: 10 W 37/07
wegen: falsche Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist

Streitwert: 2000 €        Abmahnkosten: 192,90 €

• OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.11.2008, Az.: 6 W 141/08
wegen: irreführende Widerrufsbelehrung

Streitwert: 1.000 €        Abmahnkosten: 130,50 €

• OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.2007, Az.:  I-20 U 107/07
wegen: falsche Angabe über den Beginn der Widerrufsfrist

Streitwert: 900 €        Abmahnkosten: 104,50 €

Die Gerichte argumentieren dabei häufig zum einen damit, dass es sich bei den abgemahnten Fehlern um leicht festzustellende Gesetzesverstöße handele, die keine umfangreiche Arbeit des Anwaltes erfordere.
Zum anderen sei gerade bei relativ umsatzschwachen Unternehmen, die die Abmahnung beauftragt haben, das wirtschaftliche Interesse an der Abmahnung nicht so groß, da sie eher geringe finanzielle Einbußen durch eine unzulässige Widerrufsbelehrung der Mitbewerber zu befürchten hätten.

Diese Argumentationsansätze lassen erkennen, dass viele Gerichte bestrebt sind, die Abmahnkosten zu senken, insbesondere wenn es sich um einen Einzelfall aus einer Abmahnwelle handelt, in dem der Einwand einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG naheliegt, aber nicht nachgewiesen werden kann.

Problem

Falls es zu einem Rechtsstreit kommen sollte, in dem der abmahnende Anwalt seine Kosten geltend macht, ist das zuständige Gericht bei der Bemessung des Streitwertes nicht an Entscheidungen anderer Gerichte gebunden. Es ist daher im Regelfall nicht davon auszugehen, dass Streitwerte an der Untergrenze festgesetzt werden, ebenso wenig aber sind Streitwerte von 10.000 € oder 15.000 € die Regel. Es verbleibt daher ein Prognoserisiko.

Empfehlung

Sollte aber vom Rechtsanwalt ein Streitwert von mehr als 5.000 €  (entspricht Anwaltskosten von 411,30 €) für die Abmahnung eines Fehlers in der Widerrufsbelehrung zu Grunde gelegt worden sein,
dann sollte hier durch Vergleichsverhandlungen der Wert unbedingt heruntergehandelt werden.

Die Abgabe einer Unterlassungserklärung berührt die Verpflichtung zur Zahlung der Abmahnkosten übrigens nicht.

Sollte die verlangte Unterlassungserklärung diesbezüglich auch einen Passus zu der  Kostentragungspflicht enthalten, so sollte dieser vor Abgabe der Unterlassungserklärung ggf. gestrichen werden. Lassen Sie sich bei Unklarheiten anwaltlich beraten.

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