Wissenswertes über Internetauktionen

Mehr zum Thema: Internetrecht, Computerrecht, Internetauktion, Fernabsatz, Kaufvertrag, Widerruf
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Verschiedene Erscheinungsformen der Internetauktion

Von Rechtsanwalt Markus A.Timm

3-2-1-Meins! Wer kennt es nicht, das berauschende Gefühl auf Schnäppchenjagd zu sein. Manchmal kam das Kaufglück jedoch zu einem jähen Ende: Der Käufer liefert den heiß begehrten DVD-Player nicht. Der Scanner ist nicht mit dem für die Photo-Funktion „optional" ausgerüsteten Zusatzadapter versehen. Das gekaufte Gemälde entspricht bei weitem nicht den Erwartungen. Was kann ich machen? Wie kann ich mich von dem Vertrag lösen? Welche Rechte habe ich? Was für ein Vertrag besteht überhaupt und zwischen wem besteht er? Vielerlei Fragen tun sich auf, wenn sich die Abwicklung mal nicht so einfach gestaltet. Dieser Artikel soll etwas Licht in das Dunkel der rechtlichen Zusammenhänge bei Internetauktionen bringen.

Das Grundmodell der Internetauktion ist bekannt und hat sich mehrfach bewährt: Sowohl private Verkäufer als auch Händler präsentieren ihre Waren. Dabei ist der Mindestpreis in der Regel frei wählbar. Innerhalb eines bestimmten Zeitraums haben Interessenten die Gelegenheit, Gebote abzugeben. Wer am Ende der Auktion das höchste Gebot abgegeben hat, hat die Ware ersteigert.

Daneben gibt es auch die Form des Sofortkaufs. Dabei bestimmt der Verkäufer einen Preis, zu dem er – ohne weitere Gebote – bereit ist, die Ware zu veräußern. Nutzt ein Interessent diese Option, so ist die „Auktion" beendet.

Bei „Live-Auktion" auf Chatbasis wird durch einen „echten" Auktionator durch Zuschlag bestimmt, wer das höchste Gebot abgegeben hat. Ein Variante ist die so genannte „Reverse-Auction" : Dabei sinkt der Preis nach einer festgelegten Zeit jeweils um einen bestimmten Betrag so lange, bis sich ein Käufer findet. Bei dem „Power"- oder „Community-Shopping" wird der Preis einer Ware um so billiger, je mehr Interessenten sich für das Produkt finden.

Einzelfragen

  1. Wer schließt eigentlich mit wem einen Vertrag?

    Im Rahmen einer Auktionsplattform beteiligt sind stets drei Parteien: der Verkäufer, der Bieter und das Auktionshaus. Während der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Bieter zustande kommt, hängt die Rolle des Auktionshauses von der Ausgestaltung der einzelnen Auktionen ab.

  2. Was für ein Vertrag besteht zwischen Verkäufer und Bieter und wann kommt er zustande?

    Hierbei handelt es sich um einen ganz „normalen" Kaufvertrag (§ 433 BGB). Dieser kommt aber nur im Fall der „Live-Auktion" auf Chatbasis mit Zuschlag des Auktionators zustande. In den meisten Fällen entscheidet der Zeitablauf über die Frage, welcher Bieter den Zuschlag erhält.

  3. Was für ein Vertrag besteht zwischen Verkäufer und Auktionshaus?

    Der Vertrag zwischen Plattformbetreiber und Nutzer stellt die Grundlage dar für die Gebühren- bzw. Provisionsansprüche des Plattformbetreibers (auch Anbieter) gegen den Verkäufer (auch Nutzer). Diese Verträge erfüllen eine Doppelfunktion: Einerseits regeln sie das Verhältnis von Anbieter und Nutzer. Andererseits bestimmen sie die Funktionsweise und den Ablauf der einzelnen Versteigerungen und damit den Abschluss der einzelnen Kaufverträge. Es kann zu Problemen kommen, wenn der Verkäufer sein Auktionsangebot mit Zusätzen versieht, die nach den Nutzungsbedingungen des Auktionshauses unzulässig sind. Wichtig: Im Verhältnis zum Käufer ist der Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen regelmäßig unbeachtlich. Deshalb empfiehlt es sich für den Käufer, das Angebot des Verkäufers gründlich zu lesen (z.B. wenn im „Angebot" eindeutig nur von einer Preisumfrage die Rede ist; hier fehlt dem Verkäufer der Rechtsbindungswille, so dass kein Vertrag zustande kommt).

  4. Was gilt für Anfechtung und Gewährleistung?

    Insofern bestehen keine Besonderheiten zum allgemeinen Kaufrecht. Das heißt, der Käufer kann den Kaufvertrag mit allen hieraus resultierenden Rechten anfechten, wenn er arglistig getäuscht wurde oder sich über die Beschaffenheit des ersteigerten Gegenstands irrt. Dem Verkäufer steht aber kein Anfechtungsrecht wegen Nichterzielung des angestrebten Kaufpreises zu. Wird z.B. ein DVD-Player, der ca. 100,- € wert ist, für nur 5,- € ersteigert, so lässt sich hieraus kein Anfechtungsrecht ableiten.

    Auch für die Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels der erworbene Sache gelten die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften ohne Besonderheit. Wegen der Einzelfallkomplexität bei Fragen des Anfechtungs- bzw. Gewährleistungsrechts empfiehlt es sich, den Rat eines Rechtsanwalts einzuholen, um unnötige Kosten zu sparen.

  5. Wann steht mir ein Widerrufsrecht zu?

    Die Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht ergeben sich aus § 312 d BGB: Es muss sich um einen Fernabsatzvertrag zwischen Unternehmer (Verkäufer) und Verbraucher (Käufer) handeln. Außerdem darf das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen sein (s.u.). Wenn diese Voraussetzungen vorliegen hat der Käufer das Recht, die Ware ohne Begründung innerhalb einer Frist von zwei Wochen (Frist beginnt erst zu laufen, wenn eine schriftliche Belehrung über das Widerrufsrecht stattgefunden hat) seit Eingang der Ware beim Empfänger (Käufer) zurück zu senden. Mit dem Widerrufsrecht wird das Informationsdefizit kompensiert, welches darauf beruht, dass der Verbraucher bei Vertragsschluss die Ware nicht in Augenschein nehmen und prüfen kann. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verkäufer erfolgt durch schriftliche (=Textform; unterschriebenes Fax oder einfach signierte E-Mail genügen, vgl. § 126 b BGB) Widerrufserklärung gegenüber dem Unternehmer.

Wichtig: In dem Ricardo-Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei den üblichen Erscheinungsformen von Internetauktionen nicht um Versteigerungen im Sinne des § 156 BGB handelt. Damit greift der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB nicht. Das gilt aber nicht für die oben bereits beschriebene Form der „Live-Auktion". Hier findet der Vertrag durch Zuschlag statt, so dass eine Versteigerung (§ 156 BGB) vorliegt und das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist.

Rechtsanwalt Markus A. Timm, Kanzlei Peukert & Timm

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