Die Aufklärungspflicht des Verkäufers

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Die Pressemitteilung Nr. 66/2009 vom 27.03.2009 der Pressestelle des Bundesgerichtshofs (BGH) befasst sich mit der Aufklärungspflicht des Verkäufers eines Hausgrundstücks. Konkret hatte sich der u. a. für Rechstreitigkeiten über Ansprüche aus Kaufverträgen über Grundstücke zuständige V. Zivilsenat des BGH mit folgendem Fall zu befassen, der zwei für die Rechtspraxis bedeutsame Fragen aufwirft:

Mit notariellem Vertrag aus dem Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten ein Hausgrundstück unter Ausschluss der „Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude war im Jahre 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. In der Außenfassade waren Asbestzementtafeln verarbeitet worden. Über diesen Umstand klärten die Beklagten die Kläger nicht auf, obwohl zuvor bereits ein anderer Kaufinteressent wegen der Asbestverkleidung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Die Kläger verlangten Schadensersatz in Höhe der Kosten für die Asbestsanierung. Das Landgericht (LG) Lüneburg - 5 O 104/07 - Urteil vom 30.08.2007 – sowie das Oberlandesgericht (OLG) Celle - 8 U 203/07 - Urteil vom 07.02.2008 hatten die Klage abgewiesen. Das OLG meinte dabei, eine im Jahr 1980 mit Asbestzementplatten errichtete Hausfassade stelle keinen Mangel dar, der Gegenstand einer Offenbarungspflicht hätte sein können. Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss wären ausgeschlossen.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung und Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er hat entschieden, dass Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, einen offenbarungspflichtigen Sachmangel begründen können. Das sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn Baumaterialien Stoffe enthalten, die schon in geringen Dosen karzinogen wirken, und die ernsthafte Gefahr besteht, dass diese Stoffe bei üblicher Nutzung, Umgestaltung oder Renovierung des Kaufobjekts austreten. Insbesondere liege eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes vor, wenn übliche Umgestaltungs- Renovierungs- und Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden könnten. Das gelte jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen würden.

Darüber hinaus hat der Senat entschieden, dass Ansprüche wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen nach Gefahrübergang (im Regelfall mit der Übergabe der Kaufsache) jedenfalls dann nicht durch die kaufrechtlichen Regelungen der §§ 434 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches BGB ausgeschlossen werden, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht hat.

(Urteil des V. Zivilsenats vom 27.3.2009 - V ZR 30/08 -)

Bereits im Jahr 2000 hatte sich der BGH zu den Aufklärungspflichten des Verkäufers bei Altlasten geäußert. In den Leitsätzen des Urteils vom 20.10.2000 (Az. : V ZR 285/99) hieß es damals:

Sind dem Verkäufer eines Grundstücks Altlasten bekannt, so genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht dadurch, dass er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht Mitteilung macht. Infolgedessen besteht die Offenbarungspflicht fort, wenn dem Käufer Umstände bekannt sind oder durch eine Besichtigung hätten bekannt werden können, aus denen sich ein Altlastenverdacht ergibt.

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verkäufer den Käufer über offenbarungspflichtige Umstände nicht aufgeklärt hat, trifft den Käufer. Dieser muss allerdings nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen. Vielmehr genügt er seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die von dem Verkäufer vorzutragende konkrete, d.h. räumlich, zeitlich und inhaltlich spezifizierte, Aufklärung widerlegt.

Asbest bzw. Altlasten sind – auch im Bezug auf die Aufklärungspflicht des Verkäufers – anders zu bewerten als z. B. Hausschwamm oder Schimmelpilze. Das verdeutlicht z. B. das Urteil des BGH vom 07.02.2003 (Az. : V ZR 25/92); dort hieß es in den Leitsätzen:

Für die Frage, ob den Verkäufer eine Aufklärungspflicht trifft, macht es beim Verkauf eines Hausgrundstücks einen Unterschied, ob ein Hausschwammverdacht besteht oder ob nur die Gefahr besteht, dass das Haus mit Hausschwamm befallen wird.Über die Gefahr eines Befalls mit Hausschwamm muss der Verkäufer nicht aufklären, wenn der Käufer die gefahrbegründenden Umstände kennt und den Schluß auf die Gefahr zieht.

Allerdings soll bereits bei eindringendem Wasser eine Offenbarungspflicht des Verkäufers eines Grundstücks bestehen. Das Eindringen von Wasser von außen in ein Gebäude soll regelmäßig einen Sachmangel des Gebäudes begründen. Bei Kenntnis bestehender Undichtigkeiten soll eine Offenbarungspflicht des Verkäufers eines Hausgrundstücks gegeben sein, weil es sich hierbei regelmäßig um einen für die Kaufentscheidung wesentlichen Umstand handele. Eine Offenbarungspflicht soll wiederum nicht bestehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eindringendes Wasser bei einer Besichtigung bereits offensichtlich sind, z. B. bei erkennbar unfachmännisch abgedichteten Fenstern.