Was heißt eigentlich „fahrbereit“?

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Den Begriff „fahrbereit“ findet man recht häufig, wenn ein Gebrauchtwagen zum Verkauf angeboten wird, sei es per Zeitungsinserat, bei ebay, beim privaten Automarkt oder an anderer Stelle. Auch in Kaufverträgen wird das Fahrzeug oft als fahrbereit bezeichnet. Dabei fällt auf, dass dieser Begriff um so eher verwendet wird, je älter das angebotene Fahrzeug ist und je mehr Mängel es hat. Möglicherweise möchte der Verkäufer wenigstens irgend etwas Positives über das Auto angeben und nachdem es ja zumindest noch fährt, wird es dann eben als „fahrbereit“ bezeichnet.

Dies kann allerdings für den Verkäufer weitreichende Folgen haben. Denn je nachdem, wie das Angebot oder der Kaufvertrag ansonsten ausgestaltet ist, kann „fahrbereit“ ganz schnell zur Beschaffenheitsgarantie werden und spätestens dann, wenn der Käufer Ansprüche hieraus geltend macht, wird der Verkäufer möglicherweise feststellen, dass die Rechtsprechung unter „fahrbereit“ etwas versteht, was weit über „fährt noch“ hinausgeht.

Gabriele Koch
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Familienrecht, Versicherungsrecht

Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 22.11.2006 Az. VIII ZR 72/06 ein weiteres mal ausführlich mit dem Begriff „fahrbereit“ auseinandergesetzt und definiert, was genau darunter zu verstehen ist. Nach der Definition des BGH beinhaltet der Begriff zwei Komponenten:

Zum einen das, was wohl jeder darunter verstehen würde, nämlich tatsächlich, dass das Fahrzeug im Hinblick auf seine technische Beschaffenheit in der Lage ist, zumindest eine kurze Fahrstrecke zurückzulegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Fahrzeug auch über einen längeren Zeitraum oder eine größere Strecke fahrbereit sein muss. Bleibt das Fahrzeug z.B. kurz nach der Übergabe infolge eines Motorschadens liegen, so kann man daraus nicht ohne weiteres den Rückschluss ziehen, dass es bei Übergabe nicht fahrbereit war, denn mit der Bezeichnung als „fahrbereit“ übernimmt der Verkäufer nicht automatisch auch eine Haltbarkeitsgarantie.

Neben den rein technischen Voraussetzungen dafür, dass das Fahrzeug überhaupt fährt, knüpft der BGH an die Bezeichnung „fahrbereit“ aber auch noch die Anforderung, dass das Fahrzeug verkehrssicher sein muss, dass es also es nicht mit verkehrsgefährdenden Mängeln behaftet ist, aufgrund derer es bei einer Hauptuntersuchung als verkehrsunsicher eingestuft werden müsste. Und dazu gehört doch eine ganze Menge: Bremsen und Beleuchtung müssen in Ordnung sein, die Reifen müssen ein Mindestmaß an Profiltiefe aufweisen, Fahrgestell und Aufbau dürfen keine Risse und keine Korrosion an tragenden Teilen haben, Kraftstoff- und elektrische Leitungen müssen in Ordnung sein, das Fahrzeug muss die Abgasanforderungen erfüllen u.v.m.

Das bedeutet also, ein Fahrzeug ist fahrbereit, wenn es verkehrssicher ist und die technischen Möglichkeiten aufweist, um damit zumindest eine kurze Strecke zu fahren. Es bedeutet aber nicht, dass das Fahrzeug deshalb auch mangelfrei sein oder über einen längeren Zeitraum fahren muss. Wenn allerdings z.B. die Reifen völlig abgefahren sind, oder die Benzinleitung undicht, dann ist es auch dann nicht fahrbereit, wenn man damit rein technisch noch Tausende von Kilometern zurücklegen könnte.