Zum Rücktritt vom Kauf eines Neuwagens

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Aktuelles Urteil des BGH zum Autokauf stärkt Position des Käufers eines mit einem Sachmangel behafteten Neuwagens

Einleitung

Der Käufer einer mangelhaften Kaufsache kann gegenüber dem Verkäufer gem. § 437 BGB Gewährleistungsansprüche geltend machen. Unter anderem kann er, wenn die Nacherfüllung unmöglich oder fehlgeschlagen ist, vom Kaufvertrag zurücktreten, also unter Rückübereignung der Kaufsache den Kaufpreis zurückverlangen.

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Allerdings ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag gem. § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, wenn die zum Rücktritt berechtigende Pflichtverletzung nur unerheblich ist. Mit anderen Worten ist ein gewährleistungsrechtlicher Rücktritt vom Kaufvertrag nur bei einem erheblichen Mangel der Kaufsache möglich. Häufig ist die Frage, wann ein Mangel im konkreten Fall erheblich oder unerheblich ist, streitig.

Bei einem Autokauf wurde bislang häufig die Auffassung vertreten, dass lediglich geringfügige optische Beeinträchtigungen und Fehler an der Ausstattung des Fahrzeugs, die sich nicht stark wertmindernd auswirken und das Fahrverhalten nicht negativ beeinflussen, solch unerhebliche Mängel darstellen, die den Käufer nicht zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen würden.

In einer aktuellen Entscheidung bewertet der BGH diese Frage anders.

Das Urteil des BGH

Dem Urteil des BGH vom 06.02.2013 (VIII ZR 374/11) lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem ein Kaufvertrag über einen Neuwagen im Wert von ca. 40.000 € geschlossen worden war. Nach Lieferung des Fahrzeugs verweigerte der Käufer die Annahme wegen Fehlern an Karosserie und Lackierung und verlangte unter Fristsetzung Nachbesserung durch den Verkäufer. Anschließend verweigerte der Käufer erneut die Annahme des Fahrzeugs, begründete dies mit einer nicht ordnungsgemäßen Nacherfüllung und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Verkäufer hingegen ging davon aus, dass das Fahrzeug nun mangelfrei sei. Durch ein Gutachten konnte der Käufer nachweisen, dass nach wie vor Mängel vorhanden waren, die jedoch überwiegend optischer Natur und kaum wahrnehmbar waren und Beseitigungskosten von bis zu 7 % des Kaufpreises ausgelöst hätten.

Der Käufer erhob wegen Rücktritts vom Kaufvertrag Klage auf Rückzahlung der Anzahlung des Kaufpreises, Freistellung von den zur Kaufpreisfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten und Ersatz der Gutachterkosten. Das LG Bochum gab der Klage statt (Urteil des LG Bochum vom 23. Februar 2011, 6 O 151/10). In der Berufungsinstanz hob das OLG Hamm das erstinstanzliche Urteil jedoch auf und wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Käufer nicht zum Rücktritt berechtigt sei (Urteil des OLG Hamm vom 10. November 2011, I-2 U 68/11). Vielmehr habe er durch sein Nachbesserungsverlangen zu erkennen gegeben, dass er das Fahrzeug nach einer Nachbesserung grundsätzlich akzeptieren würde. Er könne dann später aus der fehlenden Fabrikneuheit bei lediglich unerheblichen Mängeln kein Rücktrittsrecht ableiten.

Der BGH teilte diese Auffassung nicht und gab dem Käufer grundsätzlich Recht. § 323 V 2 BGB sei nicht einschlägig, der Rücktritt des Käufers also zulässig. Zur Begründung führt der BGH aus, dass der Käufer eines Neuwagens grundsätzlich erwarten könne, dass eine von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführe, die dem werksseitigen Auslieferungszustand entspreche. Das Nachbesserungsverlangen stelle keinen Verzicht auf die vereinbarte Beschaffenheit einer Fabrikneuheit dar. Führen die Nachbesserungsmaßnahmen des Verkäufers keinen Zustand herbei, wie er normalerweise bei Auslieferung eines fabrikneuen KFZ bestehen würde, kann der Käufer wirksam vom Vertrag zurücktreten. Insbesondere sei der Rücktritt nicht nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, denn der Zustand des Fahrzeugs als fabrikneu sei ein bei der Kaufentscheidung maßgeblicher Gesichtspunkt. Dieser spiele auch eine wirtschaftliche Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt würden.

FAZIT:

Der Käufer einer mangelhaften Kaufsache muss den Verkäufer grundsätzlich zunächst einmal unter Fristsetzung zur Nacherfüllung auffordern. Andernfalls, wenn er voreilig den Rücktritt erklärt, steht ihm gerade kein Rücktrittsrecht zu.

Die Entscheidung des BGH belegt jedoch, dass der Käufer eines Neuwagens sein Rücktrittsrecht nicht einbüßt, wenn Nachbesserungsmaßnahmen des Verkäufers nur teilweise Erfolg haben.

Ein Neuwagen, der dann eine nicht als fabrikneu einzustufende Beschaffenheit besitzt, berechtigt also selbst dann zum Rücktritt vom Kaufvertrag, wenn er nur optische und kaum wahrnehmbare Mängel aufweist.

Der Käufer eines Neuwagens sollte daher keinesfalls einen Zustand des Fahrzeugs hinnehmen, der negativ von einer Fabrikneuheit abweicht. Sollte der Verkäufer eine Vertragsrückabwicklung mit der Begründung verweigern, dass ein Rücktrittsrecht wegen einer Unerheblichkeit des Mangels nicht bestehe, hat der Käufer gute Erfolgsaussichten, sein Rücktrittsrecht gerichtlich durchzusetzen. Wegen dem hiermit verbundenen Prozesskostenrisiko ist dem Käufer allerdings anzuraten, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, den Fall vorab dahingend zu überprüfen, ob auch die sonstigen Rücktrittsvoraussetzungen vorliegen.

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