Keine Gebühren für Musik in Zahnarztpraxis

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Tonträger in Zahnarztpraxen stellen keine "öffentliche Wiedergabe" im Sinne des Unionsrechts dar

Nach einem neuerlichen Urteil des EuGH stellt das Abspielen von Tonträgern in Zahnarztpraxen keine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne des Unionsrechts dar. Das Abspielen begründet keinen Anspruch auf Vergütung für die Tonträgerhersteller.

Die italienische Verwertungsgesellschaft Società Consortile Fonografici (SCF) hatte nach erfolgloser Verhandlung mit dem italienischen Zahnarztverband über angemessene Vergütungssätze für die Wiedergabe von Tonträgern vor einem italienischen Gericht geklagt. Die Sache ging vor das Berufungsgericht Corte d’apello di Torino, das den Rechtsstreit dem EuGH vorlegte. Der EuGH sollte klären, ob das TRIPS-Abkommen von Rom und der WPPT in der Unionsrechtsordnung unmittelbar Anwendung finden, und wie der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ auszulegen ist.
Laut EuGH ist das Abkommen kein Bestandteil der Unionsrechtsordnung, allerdings entfalte es sehr wohl mittelbare Wirkungen.

Carsten Herrle
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Maßgeblich kam es damit auf den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ an. Der EuGH verneinte die Einstufung des Abspielens von Tonträgern in Zahnarztpraxen als „öffentliche Wiedergabe“ und führte hierzu aus, „dass die Situation eines bestimmten Nutzers und sämtlicher Personen zu beurteilen ist, für die dieser die geschützten Tonträger wiedergibt. In diesem Zusammenhang sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind“.
Zur Erfüllung dieser Kriterien sei entscheidend, ob der Nutzer „in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens tätig wird, um seinen Kunden Zugang zu einer Rundfunksendung zu verschaffen, die das geschützte Werk enthält“.
Weiter sei das Merkmal „öffentlich“ nur gegeben bei einer unbestimmten Anzahl von potentiellen Zuhörern, bestehend aus „recht vielen Personen“.
Schließlich komme es auch darauf an, „ob eine ‘öffentliche Wiedergabe’ Erwerbszwecken dient“.

Das Publikum dürfe also nicht bloß zufällig „erreicht“ werden. In Zahnarztpraxen kämen die Patienten, die gerade eine bestimmte und eher unbedeutende Zahl potentieller Zuhörer bildeten, „unabhängig von ihrem Willen“ in den Genuss der kostenlosen Tonträger.

Für das Merkmal der „öffentlichen Wiedergabe“ fehle des Weiteren der Charakter des Erwerbszwecks. Denn die Patienten suchten die Praxis nur zur Behandlung auf, wozu die Wiedergabe von Tonträgern nicht gehöre.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sieht der EuGH daher das Merkmal „öffentliche Wiedergabe“ als nicht gegeben. Somit ist auch der Weg für einen Vergütungsanspruch der Tonträgerhersteller versperrt. Das Urteil finden Sie hier .

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