Patientenverfügung und Co.

Mehr zum Thema: Medizinrecht, Arztrecht, Patientenverfügung, Betreuung, Vorsorgevollmacht
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Jugend schützt nicht vor Unfällen und schwerer Krankheit

Von Rechtsanwältin Regina Kohn

Normalerweise geht es erst so ab 40 los, dass man sich mit möglichen Leiden durch Krankheit und mit dem Sterben beschäftigt. Es sei denn, man hat bereits Schicksalsschläge in der Familie oder im Freundeskreis hinnehmen müssen. Wer macht schon sein Testament, wenn er noch jung und gesund ist? Um das Aufsetzen von Testamenten soll es in diesem Beitrag nicht gehen, sondern um sinnvolle Regelungen für diejenigen, die bestimmen möchten, was vor allem medizinisch unternommen werden soll, wenn sie vielleicht durch einen Unfall oder unvorhergesehene Erkrankung (vorübergehend) entscheidungsunfähig werden.

Man nennt ein derartiges Reglement „Patientenverfügung“. Sinnvollerweise sollte es möglichst Hand in Hand mit einer „Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten“ und einer „Betreuungsverfügung“ gehen. Bloß für den Fall, dass psychische, geistige, seelische und/oder körperliche Schäden dauerhaft zurück bleiben. Wer die drei oben erwähnten Willenserklärungen schriftlich und möglichst nach den Empfehlungen von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hinbekommt, kann sich getrost im Frühling wieder auf seine Harley Davidson schwingen und ein bisschen durch die Gegend rasen. Er wäre dann nicht mehr abhängig von doofen Angehörigen, die womöglich im Ernstfall zu entscheiden hätten, was im Krankenhaus geschieht oder nicht. Und für Singles ohne jeglichen oder nur gleichgültigen familiären Background macht es sowieso Sinn, zu dokumentieren, wie sie behandelt werden möchten, wenn sie nicht mehr Herr ihrer Entscheidung sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Frage, wer sich denn überhaupt um ihre Belange kümmern soll, wenn etwas passiert.

Wie geht eine Patientenverfügung?

Die Patientenverfügung sollte immer schriftlich erstellt werden, da es ansonsten Probleme bei der Beweisbarkeit geben kann. Formvorschriften oder Vordrucke gibt es nicht. In erster Linie richtet sich die Patientenverfügung an die behandelnden Ärzte. Da nie sicher ist, wie eine Patientenverfügung im konkreten Fall ausgelegt wird, sollte darin ganz deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass sie zum Zeitpunkt der Erstellung und darüber hinaus ernst gemeint ist. Der Verfügende sollte deshalb seine Wertvorstellungen zum Ausdruck bringen. Zuvor sollte er darüber in Ruhe nachdenken und mit einer Person, die fachkundig ist, darüber sprechen. Für Gespräche im Vorfeld der Patientenverfügung eignen sich zunächst die Hausärzte, Beratungsstellen oder fachkundige Rechtsanwälte.

Folgender Aufbau wird vom Bundesjustizministerium empfohlen:

Eingangsformel, Situationen, für die die Patientenverfügung gelten soll, Festlegungen zu ärztlichen/pflegerischen Maßnahmen, Wünsche zu Ort und Begleitung, Aussagen zur Verbindlichkeit, Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen, Hinweis auf beigefügte Erläuterungen zur Patientenverfügung, Organspende, Schlussformel, Schlussbemerkungen, Datum und Unterschrift, eventuelle Aktualisierungen mit Datum und Unterschrift, im Anhang: die persönlichen Wertvorstellungen. Fundstelle: BMJ-Broschüre „Patientenverfügung“ auf www.bmj.de

Die hier zitierte Broschüre ist sehr gut und kann im Internet herunter geladen werden. Sie beinhaltet ausführliche Erklärungen und ausformulierte Beispiele von Patientenverfügungen.

Vielleicht ein überflüssiger Hinweis: Wer seine Patientenverfügung erstellt hat, sollte sie nicht in der Schublade verschwinden lassen. Sie gehört verteilt an alle Bevollmächtigten und Vertrauenspersonen sowie natürlich an die Angehörigen.

Was die Organspende angeht, ist es leider so, dass es auch bei uns „Körperfresser“ gibt, die Leichname ausweiden und mit Gewebe und Organen dealen. Wer sich für die Bestrafung der Täter interessiert, sollte sich im TPG (Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen) die Paragrafen 17 – 20 durchlesen. Den Gesetzeswortlaut findet man auf der Seite www.gesetze-im-internet.de .

Wer braucht eine Vorsorgevollmacht und was ist das?

Die Vorsorgevollmacht gehört in den Bereich des Betreuungsrechts. Außer von Leuten wie Pete Doherty, der hierzulande nach erfolgreichem Entzug in ein nettes Heim für betreutes Wohnen einziehen dürfte, kann jeder Mensch durch Unfall, Krankheit oder Alter soweit kommen, dass er sich nicht mehr um sein eigenes Leben kümmern muss. In jeder Hinsicht. Es geht dabei unter anderem um Fragen wie Handlungs- und Entscheidungshilfen, Vermögensverwaltung, Erledigung von Bank- und Geldgeschäften, ärztliche Versorgung, Kündigung von Verträgen (z.B. Mietvertrag, Telefon) usw.

Wichtig: Selbst Angehörige wie Eltern, Ehegatten, Geschwister oder volljährige Kinder dürfen nur dann entscheiden, wenn sie über eine rechtsgeschäftliche Vollmacht verfügen oder vom Vormundschaftsgericht als Betreuer bestellt worden sind.

Es ist wirklich sehr zu empfehlen, gerade dann, wenn man dazu noch in der Lage ist, einem oder mehreren Menschen, denen Vertrauen entgegen gebracht wird, eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Vertrauenspersonen sollten vorher gefragt werden, ob sie bereit dazu sind, den Auftrag anzunehmen. Auch die Vorsorgevollmacht sollte auf jeden Fall schriftlich abgefasst werden. Fehlt es an einer Vorsorgevollmacht, würde bei Bedarf ein Betreuer vom Gericht bestellt werden.

Neben Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht wurde bereits die Betreuungsverfügung erwähnt. Diese geht über die Vorsorgevollmacht hinaus und regelt den Fall der notwendigen Betreuung in jeder Hinsicht. Interessant ist, dass darin sogar festgelegt werden kann, wer unter keinen Umständen als Betreuer eingesetzt werden darf.

Ausführliche Erklärungen und Hinweise sowie je ein Beispiel für eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung zum Downlod befinden sich in einer weiteren sehr guten Ratgeber-Broschüre des Bundesjustizministeriums zum Betreuungsrecht auf www.bmj.de.


Rechtsanwältin Regina Kohn