Werberecht für Ärzte unter Beachtung der Vorschriften der Musterberufsordnung (MBO)

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Über lange Zeit hinweg war es deutschen Ärzten aufgrund der Standesordnungen strikt verboten, Werbung für die eigene Person und damit zusammenfallende Leistungen zu machen. Der Arzt konnte sich allein auf die Mundpropaganda berufen.

Bereits zur Jahrtausendwende wurde auf dem 103. Deutschen Ärztetag 2000 in Köln die starre Standesordnung gekippt und eine Novellierung der §§ 27, 28 Musterberufsordnung (MBO) beschlossen und somit das Werbeverbot entschärft.

Sascha  Kugler
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In den darauf folgenden Jahren wurde das Werberecht der Ärzte immer wieder neu novelliert.

Die §§ 27, 28 MBO regeln nunmehr in der aktuellen Fassung generalklauselartig die Abgrenzung zwischen sachlicher Information und berufswidriger Werbung. Auf katalogartige Detailregelungen, wie sie bisher zum Beispiel bei den Anforderungen für Praxisschilder erfolgt waren, wird mittlerweile verzichtet.

Zum Verständnis die relevanten Paragraphen in der aktuellen Fassung (Stand 2006):

§ 27 Erlaubte Information und berufswidrige Werbung

(1) Zweck der nachstehenden Vorschriften der Berufordnung ist die Gewährleistung des Patientenschutzes durch sachgerechte und angemessene Information und die Vermeidung einer dem Selbstverständnis der Ärztin oder des Arztes zuwiderlaufenden Kommerzialisierung des Arztberufs.

(2) Auf dieser Grundlage sind Ärztinnen und Ärzte sachliche berufsbezogene Informationen gestattet.

(3) Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden.

Werbeverbote aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen bleiben unberührt.

(4) Ärztinnen und Ärzte können
nach der Weiterbildungsordnung erworbene Bezeichnungen,
nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbene Qualifikationen,
Tätigkeitsschwerpunkte
und
organisatorische Hinweise
ankündigen.

Die nach Nr. 1 erworbenen Bezeichnungen dürfen nur in der nach der Weiterbildungsordnung zulässigen Form geführt werden. Ein Hinweis auf die verleihende Ärztekammer ist zulässig.

Andere Qualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte dürfen nur angekündigt werden, wenn diese Angaben nicht mit solchen nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können.

(5) Die Angaben nach Absatz 4 Nr. 1 bis 3 sind nur zulässig, wenn die Ärztin oder der Arzt die umfassten Tätigkeiten nicht nur gelegentlich ausübt.Ärztinnen und Ärzte haben der Ärztekammer auf deren Verlangen die zur Prüfung der Voraussetzungen der Ankündigung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Ärztekammer ist befugt, ergänzende Auskünfte zu verlangen.

§ 28 Verzeichnisse

Ärztinnen und Ärzte dürfen sich in Verzeichnisse eintragen lassen, wenn diese folgenden Anforderungen gerecht werden:

  1. sie müssen allen Ärztinnen und Ärzten, die die Kriterien des Verzeichnisses erfüllen, zu denselben Bedingungen gleichermaßen mit einem kostenfreien Grundeintrag offen stehen,
  2. die Eintragungen müssen sich auf die ankündigungsfähigen Informationen beschränken und
  3. die Systematik muss zwischen den nach der Weiterbildungsordnung und nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbenen Qualifikationen einerseits und Tätigkeitsschwerpunkten andererseits unterscheiden.

In § 27 MBO findet sich nun nur noch eine Generalklausel, die berufswidrige Werbung verbietet. Darunter fallen vor allem anpreisende und marktschreierische Äußerungen. Gestattet wird ausdrücklich die sachliche Information, die im Hinblick auf das Informationsinteresse des Patienten sogar erwünscht ist.

Unterstützt wurde die Liberalisierung durch zahlreiche Entscheidungen der obersten Gerichte - allen voran des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses erkannte immer häufiger eine Grundrechtsverletzung des Art. 12 GG (Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit) durch Werbebeschränkungen. Eingriffe in dieses Grundrecht sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie Gemeinwohlbelange schützen sollen. Darunter fällt vor allem der Schutz des Patienten. Dieses musste für viele Situationen verneint werden, wie z.B. bei der Größe der Praxisschilder sowie darauf die dortige Nennung von weiteren Informationen wie z.B. Homepage, Emailadresse, etc. Zugleich wurde dem Patienten in zunehmend höherem Maße das Recht auf Information zugebilligt - ein weiteres Argument gegen Werbeverbote.

Im Einzelnen gilt nun Folgendes:

  • Alle Werbeträger (Praxisschild, Briefbogen, Rezeptvordrucke, Internetpräsentationen, Anzeigen) werden gleich behandelt. Es findet keine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Medien statt. Rundfunk- und Fernsehwerbung ist grundsätzlich zulässig; allerdings kommt es auch hier auf die konkrete Ausgestaltung von Form, Inhalt und Umfang im Einzelfall an. § 27 Abs. 3 MBO muss stets beachtet werden.

  • Neben nach Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen dürfen auch

    • Sonstige öffentlich-rechtliche Qualifikationen
    • Tätigkeitsschwerpunkte
    • Organisatorische Hinweise
    • Informationen sind unabhängig von besonderen Anlässen (Urlaub, Praxisvertretung, Änderung der Sprechzeiten etc.) und in allen Medien zulässig. Für Verzeichnisse ist die bisherige Sonderregelung beibehalten worden.
    • angegeben werden.

Praktisch dargestellt heißt das im Vergleich zu früher:

  • Es gibt keine Regulierung hinsichtlich der Größe und des Inhaltes des Praxisschildes.
  • Zeitungsanzeigen dürfen ohne bestimmten Anlass geschaltet werden.
  • Werbung in Rundfunk- und Fernsehwerbung sind prinzipiell zulässig.
  • Flyer und Informationsbroschüren (Praxiszeitungen) dürfen in den Praxisräumen ausgelegt werden. Diese dürfen organisatorische Hinweise, eine Übersicht des Leistungsspektrums sowie persönliche Angaben zur Arztperson beinhalten.
  • Für Patienten dürfen zu Marketingzwecken Artikel wie bedruckte Chipkartenhüllen, Kugelschreiber und Kalender abgegeben werden.
  • Möglich sind auch Tage der offenen Tür in der Praxis sowie Kunstausstellungen.

Allerdings werfen sich Fragen auf, wie eine Differenzierung zwischen erlaubter sachlicher Information und nach wie vor berufswidriger Werbung getroffen werden kann und wo die Grenze gezogen werden muss. Unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Lehre ist die erfolgte Trennung zwischen sachlicher Information und berufswidriger Werbung ungeeignet.

Da die unterschiedliche Behandlung von verschiedenen Medien sowie die Trennung von Informationen in der Praxis und außerhalb, und auch die unterschiedliche Adressatenberücksichtigung abgeschafft wurde, gelten für Internetauftritte nun keine Besonderheiten mehr. Damit sind die Empfehlungen der Bundesärztekammer zu "Darstellungsmöglichkeiten des Arztes im Internet" gegenstandslos.

Jedoch muss bei jeglicher Form von Praxispräsentation oder Werbung beachtet werden, dass neben der MBO auch andere Gesetze berücksichtigt werden müssen, die die Werbung von Ärzten zusätzlich zur Berufsordnung eingrenzen. Dabei ist besonderes Augenmerk auf mögliche Verstöße gegen Regelungen aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und das Heilmittelwerbegesetz zu richten.

Unzulässig wird eine Werbemaßnahme, sobald sie die folgenden Aspekte berührt:

  • Informationen sind nur zulässig, soweit sie wahr und sachgerecht sind, für den Patienten verständlich dargebracht werden und im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit vermittelt werden.
  • Auch prinzipiell zulässige Werbemaßnahmen können als berufswidrig qualifiziert werden, wenn sie in Form, Inhalt und Umfang der Darstellung unter Berücksichtigung des Mediums unüblich oder besonders auffallend gestaltet sind.
  • Generell verboten ist nach wie vor anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung. Hierunter fallen die bewusste Herausstellung der Person des Arztes und nicht seiner Leistungen und Fähigkeiten, die Werbung mit unklaren Bezeichnungen - die zum Beispiel mit schwieriger zu erwerbenden verwechselt werden können - und der Vergleich mit der Konkurrenz.
  • Anpreisende Werbung ist eine gesteigerte Form von Werbung mit reißerischen oder marktschreierischen Mitteln ( z.B. nichtssagende oder reklamehafte Inhalte)
  • Irreführende Werbung ist dann anzunehmen, wenn Fehlvorstellungen über die Arztperson entstehen können ( z.B. Mehrdeutigkeit, Unklarheit, Verschweigen wichtiger Sachverhalte, Benutzung eines nicht-medizinischen akademischen Grades)
  • Vergleichende Werbung ist unzulässig
  • Auch die Übernahme von Werbemethoden, die in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind, kann unzulässig sein

Nach Ansicht der Bundesärztekammer sind weiterhin folgende Maßnahmen unzulässig:

  • externes Auslagen von Informationen außerhalb der Praxisräume.
  • Zeitungsbeilagen
  • das Verteilen von bedruckten Gegenständen (Kugelschreiber etc. ) außerhalb der Praxis
  • Sonderangebote

Bei Zweifeln, ob eine Werbemaßnahme mit der MBO und den Gesetzen vereinbar ist, sollte sich der werbende Arzt einen Anwalt seines Vertrauens zu Rate ziehen.

Sascha Kugler
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