"Abgeschleppt! Hast du das Schild nicht gesehen?"

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Anstatt Parkplätze zu schaffen, kassiert die Stadt Hannover lieber kräftig ab

Der Rechthaber

Ich habe die letzten drei Jahre auf dem tiefsten Land gelebt - was für eine herrliche Parkplatzsituation das doch war! Viel Gegend vor dem Haus, selbst für Besucher noch ausreichend Stellplatz für Autos jeder Größe. Mit Anhänger, Heuwagen oder für Monstertrucks: immer und zu jeder Zeit ein Parkplatz. Völlig legal und umsonst. Nachts oder nach Feierabend? Egal.

Jetzt wohne ich wieder mitten in der Stadt. In Hannover, Stadtteil List, das ist so eine Art Möchtegern Prenzlauer Berg. Was ich in den letzten Jahren auf dem Land völlig verdrängt habe, ist die unterirdische Parkplatz Situation in Hannover. Tagsüber geht es ja noch, da ist die Fluktuaktion noch recht hoch. Aber wehe, man kommt abends mit dem Auto nach Hause. Dann kannst du schön deine Kreise ziehen, mit anderen Suchenden um die nicht existenten Plätze kämpfen, fernab parken oder irgendwo illegal stehen.

Und in letzter Zeit tritt immer mehr ein weiterer Spieler auf den Plan, der die Karten ständig neu mischt und kräftig abkassiert: die Stadt Hannover.

Was war geschen? Ich hatte einen 1a Parkplatz in einer legalen Dreierparkbox schräg gegenüber von meiner Wohnung ergattert. Diese Art Parkplatz, bei der du dich abfeierst wie nach dem Sieg der Championsleague und wie Charlie Sheen über die Straße hoppst: Winner!

Am nächsten Tag war mein Wagen weg.

Auch von den anderen zwei Parkkollegen, die neben mir gestanden hatten, war weit und breit nichts zu sehen. Stattdessen machte sich dort ein Umzugswagen breit. "Was, Auto? Ist abgeschleppt! Alle 3 Auto hier abgeschleppt! Hassu Schild nicht gesehen? Steht hier seit Tagen!!"

Schild nicht gesehen, Schild nicht gesehen! Wie soll man, bei einer 3er Parkbox, ein Schild bitte übersehen? Da ist so wenig Platz, da muss ein Parkverbotsschild zwangsläufig auffallen. Wie ein Signalfeuer. Wieso aber haben ich und die zwei anderen Autofahrer das Schild nicht gesehen?

Ich beobachte das jetzt schon eine Weile. Wer auch immer diese temporären Schilder hinstellt - Ahnung hat er davon nicht. Entweder sie stehen irgendwo, wo man sie zwangsläufig übersehen muss, sind falsch herum und zeigen in die falsche Richtung - oder es sind lustige selbstgeschmierte Zettel dran, wo man irgendein wirres Datum samt Uhrzeit entziffern soll. Oder alles zusammen.

Der Stadt ist das scheißegal, ob die Schilder gesehen, verstanden oder entziffert werden können, denn sie kassiert kräftig ab. Für die Schilder, für das Abschleppen, für das "Falschparken". Je bekloppter die Schilder stehen, desto mehr Geld fließt in die Kasse. Das hat System.

Meine Verschwörungstheorie wurde dann auch prompt vom Abschleppunternehmer bestätigt, der mein Auto in Gewahrsam hatte. Der schleppt nämlich nicht nur das Auto ab, sondern sammelt dann auch gleichzeitig die Schilder ein. Einen besseren Zeugen kann man nicht bekommen! Sein Auto wäre genauso abgeschleppt worden, sagte er, denn das Schild hätte man gar nicht sehen können, so wie das stand. Aha! Ich wittere Oberwasser. Ob er das auch notfalls vor Gericht bezeugen würde? Auf gar keinen Fall! Das hätte er früher gemacht, das gab immer nur Ärger.

Mittlerweile schleppt er nur stumpf ab, wenn er gerufen wird. Der Rest interessiert ihn nicht mehr.

Gut, das macht ihn als Zeugen denkbar ungeeignet. Trotzdem bestätigte der Abschleppunternehmer mir unter der Hand, dass das Aufstellen von sinnentleerten Schildern System hat. 64 Autos habe er diesen Samstag vormittag abgeschleppt, allein in Hannover List. Das mache ihm auch keinen Spaß. Super Verdienst? Nein, das meiste kassiere die Stadt. Wieviel? Nein, das wolle er dann doch nicht sagen.

Abschleppfälle sind juristisch äußerst wild und werden daher gerne im Examen abgefragt. Da geht es um Begriffe wie Verwaltungsakt, Dauerverwaltungsakt, Ersatzvornahme, Übermaßverbot und und und. In der Theorie unschön, in der Praxis auch. Hat die richtige Person das Schild aufgestellt? Steht es im Widerspruch zu einem anderen? Ein Klassiker ist der Fall des längere Zeit geparkten Autos, das dann auf einmal von Schildern umzingelt wird. Dann muss der Autofahrer für das Abschleppen zahlen, auch wenn er zum Zeitpunkt des Parkens freie Bahn hatte. Denn ein Verkehrsteilnehmer muss ständig mit veränderter Parksituation rechnen und regelmäßig - alle paar Tage - den Parkplatz kontrollieren.

In meinem Fall war das Schild schon zur Parkzeit da - wo auch immer - nur hat es eben keine Sau gesehen. 220 Euro wird mich der Spaß jetzt kosten. Viel Geld! Werde ich mich deswegen mit der Stadt streiten? Vermutlich nicht. Der Abschleppunternehmer, mein wertvollster Zeuge, duckt sich und will nicht aussagen. Wenn ich die zwei anderen abgeschleppten Autofahrer ausfindig machen könnte, dann hätte ich wohl noch ganz gute Karten. Und dann hätte ich noch ein paar Angreifspunkte. Wer hat das Schild aufgestellt? War der überhaupt befugt? Gab es keine freien Parkplätze in der Nähe, auf die das Auto geschleppt werden konnte? Der Abschlepper wird garantiert "Nein" sagen. Wurde versucht, mich vor dem Abschleppen zu benachrichtigen? "Klar, ganz lange!"

Aber das wichtigste Argument: Sich mit der Behörde rumschlagen nervt. Das tue ich mir nicht an. Dazu ist die Erfolgsaussicht zu unsicher. Außerdem verlief der weitere Samstag dann doch noch ganz gut. Bekannte von uns wohnen um die Ecke, die wurden an dem Vormittag auch abgeschleppt. Eine Straße weiter. Willkommen in Hannover. Geteiltes Leid ist dann doch halbes Leid.

Leserkommentare
von syssi am 24.04.2012 20:36:49# 1
''n Abend, sehr schöner Artikel - als ich den eben las, dachte ich die ganze Zeit, man könnte statt Hannover auch Bielefeld schreiben ;-) Da ist die Parkplatzsituation genauso besch...eiden und die Politeusen machen den ganzen Tag nichts anderes als Knöllchen schreiben oder Auto''s abschleppen (lassen)... Die wollen offensichtlich gar keine Anwohner. Liebe und leidgeplagte Grüße
    
von 280-tacken-bääm am 06.05.2013 19:37:42# 2
Man sollte eine Art Gemeinschaft im Internet bilden...
Soetwas im, wo man sich anmelden kann. Und dann sollte man sich gemeinsam gegen die Stadt wenden, so dass es illegal wird, Parkplätze so zu sperren, wie es jetzt gemacht wird.
da gibt es mit Sicherheit auch andere Möglichkeiten, Parkplätze zu kennzeichnen. z.B. Klebestreifen neben parkenden Autos. In rot, evtl... Das fällt lustigerweise wahrscheinlich sogar Blinden auf, dass die auf einmal da sind...

Die Stadt sollte dazu verpflichtet sein, die Parkenden zu benachrichtigen, beim ersten Strafzettel... Mit nem´ simplen Anruf und bei Nichterreichen per SMS. Sowas sollte kein großes Problem darstellen, für die Wächterinnen der verbotenen Nieschen.

Momentan muss man im Laden 10 eh schon armen Ommies den Einkaufswagen klauen, wenn der erste Flyer die Windschutzscheibe vor zu starken Druck der Scheibenwischerlamelle schützt. Der Ahnungslose bleibt, wie er ist und der Zweite kommt ne halbe Stunde später oder so dazu. Und dann noch der freundlicherweise ebenso stillschweigende dritte Verwahnzettel. Der Ahnungslose hat natürlich noch immer keine Ahnung, was da gerade passiert.

Danach wird man abgeschleppt. Wäre die Benachrichtigung da, ja im Grunde auch kein Problem. Aber einfach stillschweigend...

Auf dem Zettel von mir steht:
"Sie parkten im absoluten Halteverbot (Zeichen 283) UND BEHINDERTEN DADURCH ANDERE"
Ich habe mein Auto um 21Uhr abgestellt und als ich um halb 4Uhr morgens losfahren wollte, war nur noch das letzte parkende Auto in der am Vorabend ganz normal beparkten Straße.
Es war ja Marathon, hier in Hannover. DIE ERSTEN LÄUFER kamen gegen Mittag. UND Warum müssen die dann auch noch mitten in der nacht diese "Sch.... mit einem machen?!?!

!!! Das ist wirklich einfach nur Kohlemacherei nachts um halb 3!!!

Das ist Charakter á la mieser Zigeuner (-> wenn jemand "Normales" bei solch krummen Dingern erwischt wird, landet jemand Hier für gewöhnlich sehr lange im Bau) - Und angefügt sei noch, dass in anderen Ländern andere Sitten herrschen und ich garnicht wissen will was man da mit solchen Verbrechern machen würde.

aber echt wirklich... man sollte denen wirklich das handwerk legen, quasi...
hrrmpf