Das Gesetz der Serie

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"Boah, haben wir eine geile Truppe für die Weltmeisterschaft 2006!"

Nach einem ganz unterhaltsamen Spiel gegen unsere holländischen Nachbarn rannten unsere Nationalspieler wie ideen- und mutlose Krampen über das Spielfeld. Logische Konsequenz: das Ausscheiden in der Vorrunde der Fußball Europameisterschaft. Doch halt! Was hat die deutsche Fußball Nationalmannschaft in einer Kolumne eines Internetmagazins zu schaffen, das sich ausschließlich mit Recht und Justiz beschäftigt?

Ganz einfach! Wenn man will, kann man alles und jeden mit Recht und Gesetz in Verbindung bringen. Kleines Beispiel: Der Kanzler färbt seine Haare nicht, und schon haben wir darüber gerichtliche Auseinandersetzungen. So schnell geht das. Und auch König Fußball hat mit Gesetzen zu tun: Das Scheitern offenbart wieder einmal eines der ganz großen geltenden Universalgesetze, die in diesem Kosmos Gültigkeit haben: das Gesetz der Serie.

Das Gesetz der Serie ist quasi ein Gewohnheitsrecht. Von der Gültigkeit dieser ungeschriebenen Regel kann sich jeder mit Leichtigkeit überzeugen: Einfach mal an einem ganz bescheidenen Tag, einem Tag, an dem eh schon alles schief läuft, an die kürzeste Schlange im Supermarkt stellen und dann staunen, wie die Oma vor uns Stunden braucht, um ihre Bons zu sortieren. Während Oma hilflos in ihrer Börse kramt, werden alle anderen Kassenschlangen links und rechts kürzer, und kürzer, und kürzer, bis auch der alleinerziehende Vater an uns vorbeizieht, der eben noch zehn Meter weiter hinten war, hinter den wir uns aber partout nicht stellen wollten.

Läuft es nicht gut, dann bleibt es nicht nur dabei - es wird sogar noch schlimmer. So will es das Gesetz der Serie. Und schlimme Ereignisse wiederholen sich. Große Unglücke treten immer in Serien auf, egal, ob das nun unser Leben, Naturkatastrophen, Busunglücke oder Flugzeugabstürze sind. Etwas passiert, weil wir es wahrnehmen. Nehmen wir nur noch Negatives wahr, setzt sich dies fort. Und schwupps, haben wir den Salat - Teufelskreis.

Natürlich gilt dieses Gesetz ganz im Sinne des Dualismus auch für den umgekehrten Fall, und so kann man einen richtigen Lauf aufbauen, wenn uns einmal etwas richtig gut von der Hand geht. Bei der Nationalmannschaft hat das leider nicht geklappt. Wenn man über Jahre auf dem Niveau einer Jugendmannschaft auf dem Hundestrand von Grömitz spielt, dann setzt sich diese Wahrnehmung natürlich durch: "Wir sind nicht gut genug!" Was das zur Folge hat, haben wir ja gesehen: Wir sind tatsächlich nicht gut genug.

Also sind es gar nicht die Jungspunde, die sich da über den portugiesischen Platz gemüht, die es allein verbockt haben. Auch Rudi war es nicht mit seinen seltsamen Nominierungen und Mannschaftsaufstellungen. Nein, in erster Linie sind wir selbst Schuld! Dieses ewige "oh Gott, hoffentlich spielen wir nicht wieder so mies wie neulich, bitte, mach´ einer, dass wir uns nicht blamieren, wir haben ja keine Stars, das wird ja nichts, die anderen spielen immer so schön, mit so viel Leidenschaft, warum wir nicht, oh nein, spielen wir schlecht, ich habe schon nach zehn Minuten keine Hoffnung mehr, nimm den raus, der kann nichts" etc.

Wir nehmen unsere Mannschaft als Gurkentruppe wahr, und so ist es auch kein Wunder, dass es eine Gurkentruppe ist! Wie es in den Wald schallt, so hallt es hinaus. Wie sollen die sich denn aus ihrem Loch kämpfen, wenn wir sie da ständig wieder hineinreden? Das Gesetz der Serie ist nun mal unerbittlich.

Zum Schluss sei gesagt, dass auch die längste Serie irgendwann reißt. Früher oder später. Also alle jetzt forsch vom Computer aufstehen, das Fenster öffnen, und im Brustton der Überzeugung aller Welt verkünden: "Boah, haben wir eine geile Truppe für die Weltmeisterschaft 2006!" Von jetzt an jeden Tag, 24/7. Damit das was wird bei der WM.

Denn das Gesetz der Serie kann gebrochen werden, wenn ihr nur wollt. Und dieses spezielle Gesetz zu brechen, ist garantiert nicht strafbewehrt. Vor keinem Gericht der Welt. Nur so eine Anregung.