Neue Strafvorschrift gegen Stalking verabschiedet

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Der Bundesrat hat der wichtigen Initiative zur Verschärfung der Strafdrohung gegen Stalking am 10.02.2017 zugestimmt.

Damit ist insbesondere der Opferschutz durch eine frühzeitigere Verfolgung der Tathandlungen verbessert worden.

Dies ist prinzipiell auch ein wichtiges Signal gegenüber unerträglichen Verharmlosungen, wie den immer noch veröffentlichten Presseberichten, die bei Aggressionstätern realitätsfern von „verschmähter Liebe" sprechen und damit bereits dem Opfer in absurder Weise eine Mitverantwortung an den Taten andichten. Stalker handeln aus vielfältigen Motiven, aber niemals aus Zuneigung dem Opfer gegenüber. Daher gibt es auch keine für die Taten ursächliche „Verschmähung" des Opfers.

Stefan Musiol
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Zwar stellt die Neuregelung die Handlungen des Täters unter Strafe und nicht, wie aktuell in § 238 Strafgesetzbuch (StGB), nur den Erfolg. Dieser muss bis dato auch noch „schwerwiegend" sein, was auch immer dies bedeuten soll. Sie ist damit entgegen dem derzeitigen, untauglichen Gummiparagraphen erstmals überhaupt am Opferschutz orientiert.

Gestrichen wurde die verfassungsrechtlich sicher auch problematische Bestrafung in § 238 Absatz 1 Ziffer 5 StGB, die ebenfalls unklar „andere vergleichbare Handlungen" aktuell noch unter Strafe stellt. Es ist schwer vorstellbar, dass darüber überhaupt eine rechtskräftige Verurteilung eines Täters erreicht werden konnte.

Leider will der Gesetzgeber offenbar erneut die Chance ungenutzt lassen, die Regelung auf moderne Formen der systematischen Nachstellung konkret auszudehnen. Dabei drängten sich umfassende Tathandlungen wie die häufige Verbreitung gefälschter Fotos mit dem Gesicht des Opfers auf. Nur die Verbreitung echter Aufnahmen stellt der neue § 201a StGB unter Strafe.

Auch die systematische Provokation von Protesten Dritter gegen das Opfer über Fake-Accounts in sozialen Netzwerken und von dort verbreitete gefälschte Inhalte, die scheinbar vom Opfer stammen, sind typische Tathandlungen. Gleiches gilt für systematisch verbreitete „Fake-News". Sie werden mit der Bedeutung dieser Medien absehbar zunehmen. Ob damit der Tatbestand der „Veranlassung einer Kontaktaufnahme Dritter" in Ziffer 3b der Neuregelung von Gerichten schon als erfüllt angesehen wird, ist unklar. Denn direkt veranlasst wird nicht, dafür aber umso effektiver eine massenhafte Kontaktaufnahme oder – unter Umständen genauso schädlich – eine soziale Isolierung des Opfers provoziert. Der Kanzlei liegt aktuell ein Fall vor, in dem die Täter sogar eigens eine Internet-Domain mit dem Namen des Opfers in den USA eingerichtet haben, um darüber systematisch Verunglimpfungen zu verbreiten.

Diese von Tätern eher leicht zu realisierenden Angriffe oder Provokationen können in einem Verlust der Arbeitsstelle oder Umsatzeinbußen resultieren und somit existenzgefährdend sein. Bei schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen werden sogar Selbstmorde von Opfern berichtet.

Angesichts der laut Strafverfolgungsbehörden möglichen Verzögerungen von mehreren Monaten (!), bis eine Strafanzeige wegen Personalmangels überhaupt bearbeitet werden kann, wird ein effektiver Opferschutz ohnehin bis auf unbestimmte Zeit leider reine Theorie bleiben – ganz unabhängig von der Verbesserung in der Theorie des Strafgesetzes.

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