Heimrecht: Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz

Mehr zum Thema: Mietrecht, Pachtrecht, Betreuung, Heim
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Unsere Gesellschaft wird immer älter. Hier führt angesichts zurückgehender Geburtenraten und steigender medizinischer Fortschritte kein Weg daran vorbei.

Kein Wunder also, dass eine ausreichende Versorgung im Alter zunehmend wichtiger wird. Alters- und Pflegeheime spielen hier eine besondere Rolle. Die gestiegende Bedeutung ist auch an der Rechtslage nicht spurlos vorüber gegangen. Am 01.10.09 trat das sogenannte

Maximilian A. Müller
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rathausplatz 1
76829 Landau
Tel: 06341 - 91 777 7
Web: http://www.seither.info
E-Mail:
Aufenthaltsrecht, Internetrecht, Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht

"Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz"

in Kraft. Die wesentlichen gesetzlichen Regelungen sollen hier kurz vorgestellt werden:

1. Anwendungsbereich

Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) findet Anwendung auf Verträge, in denen sich (wie in aller Regel) ein Unternehmer gegenüber einem volljährigen Verbraucher zur

- Überlassung von Wohnraum und
- zur Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen

verpflichtet. Entscheidend ist damit, dass neben der reinen Überlassung von Wohnraum der Unternehmer Pflegeleistungen erbringt, die z.B. aufgrund Alters oder einer Behinderung notwendig geworden sind.

Nicht unter den Anwendungsbereich des WBVG fallen insbesondere Kinderheime, da lediglich Verträge zwischen volljährigen Verbrauchern erfasst sind.

Nicht von Bedeutung ist, ob die beiden Elemente Wohnraumüberlassung und Pflegedienstleistung in einem Vertrag enthalten sind. Auch zwei verschiedene Verträge führen zur Anwendung des WBVG, sofern z.B. beide Elemente voneinander abhängig sind.

Vom Gesetz ausgeklammert wurden ausdrücklich Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Internate der Berufungsbildungs- und Beförderungswerke sowie Kur- und Erholungsaufenthalte.

2. Informationspflichten vor Vertragsschluss

Nach § 3 WBVG muss der Unternehmer vor Abschluss des Vertrages über den Heimplatz in leicht verständlicher Sprache in Textform umfangreiche Informationspflichten erfüllen.

So muss der Unternehmer informieren über

- Lage und Ausstattung des Gebäudes, der gemeinschaftlichen Anlagen sowie deren Nutzungsbedingungen
- Inhalt und Art der angebotenen Leistungen
- Ergebnisse von etwaigen Qualitätsprüfungen, sofern sie nach gesetzlichen Vorschriften zu veröffentlichen sind.

§ 3 enthält weitere Informationspflichten. Der Heimbetreiber wird daher letztlich eine umfangreiche Informationsbroschüre entwerfen müssen, um den gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Dies kann im Detail sicherlich zu Problemen führen, da die gesetzlichen Regelungen viele unscharfe Rechtsbegriffe beinhalten. Eine klare Abgrenzung über den Umfang der Informationspflichten ist daher derzeit nicht möglich. Angesichts der vielfältigen Rechtsfolgen, sollte die Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten jedoch nicht vernachlässigt werden!

3. Vertragsschluss

Der Vertrag ist grundsätzlich unbefristet. Eine Befristung ist im Einzelfall möglich, wenn dies auch den Interessen des Verbrauchers dient. Abweichend vom "normalen" Mietrecht endet das Mietverhältnis grundsätzlich mit dem Tod des Heimbewohners. Es kann allerdings vereinbart werden, dass das Vertragsverhältnis noch für einen Zeitraum von bis zu 2 Monaten fortbestehen soll, um den Erben z.B. die Abwicklung der mitgebrachten Gegenstände zu erleichtern.

Lebte der Gestorbene zum Zeitpunkt des Todes mit einem Lebenspartner zusammen, wird das Vertragsverhältnis noch 3 Monate fortgesetzt. Die Fortsetzung bezieht sich aber nur auf die Überlassung des Wohnraums. Anspruch auf Pflegeleistungen oder Verpflegung hat der Lebenspartner nicht!

Es ist daher in solchen Fällen dringend zu empfehlen, dass beide Lebenspartner einen entsprechenden Vertrag mit dem Heimbetreiber schließen!

Der Vertrag ist schriftlich abzuschließen. Hierbei hat der Unternehmer auch im Vertrag selbst nochmals seine Leistungen ausführlich zu beschreiben sowie die vorvertraglichen Informationspflichten als Vertragsgrundlage zu benennen. Man wird daher davon ausgehen können, dass all das, was vom Heimbetreiber vor Vertragsschluss angegeben wird, letztlich auch bindender Vertragsbestandteil wird.

4. Entgelt und Kaution

Der Heimbewohner muss die Leistungen des Heimbetreibers selbstverständlich entlohnen. Das Entgelt setzt sich hierbei aus der "Miete" für den überlassenen Wohnraum sowie den Pflegeleistungen zusammen. Hierbei muss das Entgelt grunsätzlich nach gleichen Grundsätzen bemessen werden, so dass eine weitgehende Differenzierung innerhalb des Heimes zumindest ohne schwerwiegenden sachlichen Grund ausscheidet.

Von den Heimbewohnern kann eine Kaution verlangt werden. Diese darf maximal doppelt so hoch sein wie das monatlich zu zahlende Entgelt. Wie im Wohnraummietrecht darf die Kaution in 3 Raten gezahlt werden.

Keine Kaution darf von Beziehern von Leistungen nach dem SGB verlangt werden. Das Gesetz geht offenbar davon aus, dass in diesem Fall die Leistungen ohnehin direkt von dem Sozialamt gezahlt werden, so dass ein Bedürfnis für eine Sicherheitsleistung nicht besteht.

5. Vertragsänderungen

Ändert sich der Betreuungsbedarf des Heimbewohners aufgrund einer Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes ist der Heimbetreiber dazu verpflichtet, eine entsprechende Vertragsanpassung anzubieten. Der Heimbewohner kann entscheiden, ob er das Angebot - verbunden mit einer erhöhten Kostentragungspflicht - annimmt. Tut er dies nicht, kann der Heimbetreiber möglicherweise die Kündigung des Vertrages aussprechen.

6. Kündigungsrechte

Die Kündigungsmöglichkeiten sind in § 11 und § 12 WBVG geregelt.

Der Verbraucher kann grundsätzlich bis zum dritten Werktag eines jeden Monats zum Ablauf dieses Monats kündigen.

Bis zu zwei Wochen nach Abschluss des Vertrages kann der Vertrag fristlos ohne Grund gekündigt werden. Diese Frist beginnt erst dann, wenn dem Verbraucher eine Ausfertigung des Vertrages ausgehändigt wurde. Der Heimbetreiber sollte dies daher frühzeitig tun, um nicht ein Kündigungsrecht zu begründen.

Ein fristlosen Kündigungsrecht besteht weiterhin, wenn das weitere Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist. Gleiches gilt im Übrigen, wenn der Heimbetreiber seine Informationspflichten nach § 3 WBVG nicht erfüllt hat!

Der Heimbetreiber kann hingegen grundsätzlich nur bei Vorliegen eines besondes Grundes außerordentlich kündigen. Das Gesetz nennt hierbei Pflichtverletzungen des Heimbetreibers, insbesondere den Zahlungsverzug, der an die mietrechtlichen Regelungen angelehnt ist.

Weiterhin kann der Heimbetreiber kündigen, wenn er den Betrieb einstellt oder auch die notwendigen Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht mehr erbringen kann. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Verbraucher ein entsprechendes Angebot zur Vertragsänderung abgelehnt hat.

7. Sonstige Rechte des Heimbewohners

Der Heimbewohner kann ansonsten grundsätzlich die gleichen Rechte geltend machen, wie es auch ein Mieter kann. Zu nennen wären hierbei z.B. Rechte auf Minderung und Schadensersatz sowie auf Beseitigung von Mängeln. Intessant ist noch § 10 I WBVG. Hiernach kann der Verbraucher sogar rückwirkend für die letzten 6 Monate die Kürzung des Entgeltes verlangen und damit eine RÜckzahlung bereits geleisteter Zahlungen erzwingen.

8. Bindung!

§ 16 bestimmt:

"Von den Vorschriften dieses Gesetzes zum Nachteil des Verbrauchers abweichende Vereinbarungen sind unwirksam".

Der Heimbetreiber wird es also schwer haben, sich seine Pflichten aus dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes zu entziehen.

Rechtssprechung gibt es bislang kaum, da das Gesetz erst knappe 4 Monate in Kraft bleibt. Es wird also spannend, was die Gerichte aus den vielen auslegungsbedürftigen Begrifflichkeiten machen werden.

Den Volltext des Gesetzes gibt es u.a. hier: Gesetze im Internet

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
-----
Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
Das könnte Sie auch interessieren
Mietrecht, Pachtrecht BGH bestätigt Rechtsprechung zur Farbwahlklausel