Kündigungsfrist in Wohnraummietverhältnissen

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Seit der Mietrechtsreform aus dem Jahr 2001 wird die Frage der Kündigungsfrist in Mietverhältnissen über Wohnraum heftig diskutiert. Hierbei wird - auch von Anwälten - oft übersehen, dass die Überleitungsvorschriften für die Schuldrechtsmodernisierung ab dem 01.01.2003 generell für Dauerschuldverhältnisse - und damit auch für Mietverhältnisse - die Geltung der ab diesem Zeitpunkt in Kraft befindlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches vorsehen.

Wendet man diese Vorschrift wortlautgetreu an, so gelangt man zu dem Ergebnis, dass Mietverhältnisse über Wohnraum unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen vom Mieter stets mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden können. Einzige Ausnahme von diesem Grundsatz: die wirksame Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses (wobei nicht verschwiegen werden darf, dass auch die Möglichkeit einer solchen Vereinbarung nach der derzeitigen Rechtslage nicht ganz unumstritten ist).

Der Grund, weshalb diese Regelung meist übersehen wird, liegt offenbar in der Rechtsprechung des BGH. Dieser hatte hinsichtlich vor dem 01.09.2001 abgeschlossener Verträge, die eine Verlängerung der Kündigungsfristen mit der Wohnzeit vorsehen, entschieden, dass diese längeren Fristen fortgelten. Was von vielen übersehen wird: die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Kündigungen wurden vor dem 01.01.2003 ausgesprochen. Daher stellte sich in diesen Fällen die Frage der Anwendung der Überleitungsvorschrift für die Schuldrechtsmodernisierung nicht. Soweit dem Autor bekannt ist, existiert noch keine Stellungnahme des Bundesgerichtshofes zur Auslegung dieser Überleitungsvorschrift. Tatsache ist aber, dass mehrere Amtsgerichte, in Fällen, in denen die vertraglich vorgesehene Verlängerung der Kündigungsfristen streitig war, im Hinblick auf die Überleitungsvorschrift bereits von der Geltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist ausgegangen sind.

Aus Sicht des Autors ist es nicht unwahrscheinlich, dass der BGH der Auffassung zuneigen würde, dass nunmehr unabhängig von der vorherigen vertraglichen Regelung die Geltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist anzunehmen ist. Denn der BGH hat die Entscheidung über die Fortgeltung der vertraglich vereinbarten Verlängerung der Kündigungsfrist bei Formularverträgen maßgeblich damit begründet, dass die für diese Entscheidung relevante Überleitungsvorschrift für die Mietrechtsreform nach deren genauem Wortlaut auch auf die Formularverträge und nicht nur auf individuell ausgehandelte Vereinbarungen anzuwenden sei. Der BGH hat dabei - juristisch einwandfrei - der Auslegung streng am Wortlaut gegenüber den übrigen Auslegungsmethoden den Vorzug gegeben. Tut er dies auch im Hinblick auf die Überleitungsvorschrift für die Schuldrechtsmodernisierung, so kommt er am genauen Wortlaut derselben nicht vorbei, mit der Folge, dass nunmehr generell drei Monate Kündigungsfrist für Wohnraummietverhältnisse gelten.

Anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn man die Überleitungsvorschriften für die Mietrechtsreform denjenigen der Schuldrechtmodernisierung als lex specialis Vorrang einräumen würde. In diesem Zusammenhang stellte sich dann die Frage, ob es bei nicht zeitgleich in Kraft tretenden und wirkenden Überleitungsvorschriften ihrer Rechtsnatur nach überhaupt Spezialgesetze gibt.

Weiter darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden: offen ist, wie zu bewerten ist, dass der Gesetzgeber bei wortlautgetreuer Auslegung der neueren Überleitungsvorschrift in bestehende vertragliche Vereinbarungen regelnd eingreift.

Fazit: Eine "wasserdichte" Prognose über eine künftige BGH-Entscheidung zu dieser Problematik lässt sich letztlich nicht treffen.

Falk Brorsen
Rechtsanwalt