Mietrechtsreform 2013

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Der große Sprung für Vermieter?

Seit der großen Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 2002 ist das Deutsche Mietrecht nahezu unverändert geblieben. Dennoch hat sich die Praxis nicht zuletzt dank vieler wichtiger Entscheidungen des Bundesgerichtshofes weiter entwickelt. Politik und Gesellschaft haben eigene – neue – Schwerpunkte eines interessengerechten Mietrechts entwickelt. So war es daher nicht überraschend, dass eine weitere Reform des Mietrechts von den politischen Entscheidungsträgern vorangetrieben wurde.

Nun ist es soweit. Am 01. Februar 2013 hat der Bundesrat dem eingereichten Gesetzesvorschlag trotz einiger Bedenken der Opposition zugestimmt. Das Gesetz wird nun im Bundesgesetzblatt veröffentlich und voraussichtlich zum 01.04.13 in Kraft treten.

Maximilian A. Müller
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Das Gesetz hat den Ruf, deutliche Verbesserungen für Vermieter zu bringen. Aber was ändert sich nun tatsächlich für den Vermieter?

1.Vereinfachte Räumung „Berliner Modell" wird normiert

Vermieter, die bereits einmal eine Zwangsräumung ihres Mieters hinter sich gebracht haben, können aus eigener Erfahrung bestätigen, wie schwierig und teuer eine solche Räumung sein kann. Grundsätzlich sah das gesetzliche Grundmodell hierbei vor, dass der Gerichtsvollzieher den Mieter aus dem Besitz setzt (ihn also notfalls unter Zuhilfenahme der Polizei aus der Wohnung wirft und das Wohnungsschloss tauscht) und dessen Habe einlagert. Die Kosten hierfür waren enorm, schließlich musste der Gerichtsvollzieher nicht nur einen Schlosser, sondern auch eine Spedition beauftragen. Die zurückgelassene Habe des Mieters musste auf Kosten des Vermieters zudem eingelagert werden. Alle Kosten, die sich in der Regel auf mindestens 4.000,00 € belaufen haben, waren von dem Vermieter im Rahmen eines angeforderten Kostenvorschusses an den Gerichtsvollzieher vor der Räumung überweisen.

In der Praxis hatte sich alternativ die Räumung nach dem „Berliner Modell" durchgesetzt. Bei einer solchen Räumung konnte der Vermieter sich darauf beschränken, nur die Wohnung wieder in Besitz zu nehmen. Die Habe des Mieters konnte in der Wohnung verbleiben. Zwar war der Vermieter auch hier für die Aufbewahrung und Verwahrung des Eigentums des Mieters verantwortlich, allerdings konnte auf diesem Wege meist in Eigenregie eine günstigere Lösung gefunden werden.

Die Mietrechtsreform hat diese Möglichkeit nun auch gesetzlich normiert und festgeschrieben. Positiv für Vermieter: Die Haftung für das hinterlassene Eigentum des Mieters wird auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt. Geringfügige Verstöße beim Umgang mit dem Eigentum des Mieters führen daher zu keiner Schadensersatzpflicht mehr.

2. Schnelleres Vorgehen bei Überlassung der Wohnung nach Vorliegen eines Räumungstitels

Die Zwangsvollstreckung aus einem Räumungsurteil ist – wie jedes andere Urteil auch – grundsätzlich nur gegen denjenigen möglich, der auch in dem Urteil namentlich benannt ist. Dies hat zu der Problematik geführt, dass der Gerichtsvollzieher eine Räumung nicht vornehmen durfte, wenn nach dem Räumungsurteil die Räumlichkeiten von dem Mieter an einen Dritten überlassen wurden. Der Mieter hatte daher die Möglichkeit, durch das „Vorschieben" eines Dritten eine Räumung deutlich zu erschweren.

Die Mietrechtsreform 2013 versucht auch hier einen Riegel vorzuschieben. Sie ermöglicht dem Vermieter die Möglichkeit, gegen den neuen „Nutzer" der Räumlichkeiten eine einstweilige Verfügung zu beantragen und hiermit kurzfristig eine Räumung herbeiführen zu können. Ob sich dies in der Praxis als wirksames Instrument herausstellen wird, bleibt allerdings abzuwarten.

3. Regelungen zum Kampf gegen Mietnomaden

Zahlungsverzug von Mietern ist ein Problem. Auch wenn die Diskussion sich immer wieder um den Begriff des Mietnomaden zu konzentrieren scheint, kann sicherlich nicht bestritten werden, dass das Ausbleiben von Mieten gerade für private Vermieter, die die Immobilie ihrerseits noch finanzieren müssen, erhebliche Konsequenzen haben kann.

Derzeit ist die Rechtslage ernüchternd. Die Dauer zwischen Kündigung, Erhebung der Räumungsklage, Urteil und Räumung ist zum Teil erheblich und kann – selbst wenn der Mieter keine oder unerhebliche Einwendungen vorgebracht hat – mehrere Monate beanspruchen.

Ein Schwerpunkt der Gesetzesreform war es daher, für den Vermieter Möglichkeiten zu schaffen, den finanziellen Schaden durch ein zu langes gerichtliches Verfahren zu minimieren.

Kernstück der Gesetzesreform ist der neu in das Gesetz aufgenommene § 283a ZPO. Dieser sieht vor, dass das Gericht auf Antrag des Vermieters eine Anordnung treffen kann, wonach der Mieter für zukünftige Mieten Sicherheit zu leisten hat. Voraussetzung einer solchen Anordnung ist allerdings, dass

  1. Die Klage hohe Aussicht auf Erfolg verspricht und
  2. Die Anordnung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung besonderer Nachteile für den Kläger gerechtfertigt ist

Betrachtet man die Gesetzesbegründung so dürfte der Anwendungsbereich einer solchen Sicherungsanordnung allerdings in der Praxis recht gering bleiben. Eine hohe Aussicht auf Erfolg besteht nämlich in der Regel dann nicht, wenn die streitige Frage lediglich im Rahmen einer Beweisaufnahme geklärt werden kann. Insgesamt dürfte die Vorschrift insbesondere Bedeutung in Streitigkeiten im Zusammenhang mit Mietminderungen ergeben. Sollte nämlich der Mieter mehrere Minderungsgründe anführen, wovon einige zurückzuweisen, andere durch Beweisaufnahme näher aufgeklärt werden müssen, so könnte hinsichtlich eines bestimmten Teils der Forderungen eine Sicherungsanordnung ergehen.

Problematisch ist auch die Frage, wann eine solche Anordnung nach Abwägung der gegenseitigen Interessen nun gerechtfertigt ist. Auch hier relativiert sich das Gesetz, wenn man die Gesetzesbegründung berücksichtigt. Denn der drohende Zahlungsausfall alleine soll nicht ausreichen. Vielmehr muss darüber hinaus dem Vermieter auch ein weiterer Schaden drohen. Offensichtlich wird der Vermieter daher darzulegen haben, dass ihm ein besonderer wirtschaftlicher Schaden droht, der über den Zahlungsverlust hinausgeht. Wie dies konkret gelingen soll, wird die gerichtliche Praxis zeigen müssen.

Hat der Vermieter diese besonderen Hürden überschritten und wurde eine Sicherungsanordnung erlassen, so ist die besondere Bedeutung dieser Sicherungsanordnung nicht nur darin zu sehen, dass der Mieter die ausstehenden Mieten zu hinterlegen hat. Wichtiger ist die neu eingeführte Vorschrift des § 940a ZPO. Zahlt der Mieter nämlich trotz der Sicherungsanordnung die Mieten nicht, so kann der Vermieter durch eine einstweilige Verfügung die Räumung herbeiführen.

Die Vorschrift gilt im Wohnraummietrecht wie auch im gewerblichen Mietrecht.

Ob die gesetzlichen Regelungen tatsächlich ein wirksames Mittel darstellen, um „Mietnomaden" einen Riegel vorzuschieben und die wirtschaftlichen Schäden von Vermietern einzugrenzen, wird die Auslegung der neuen Regelung in der Praxis zeigen. Eine zu einschränkende Auslegung könnte die Wirkung der Reform in diesem Bereich doch deutlich einschränken.

4. Kündigung bei fehlender Kautionszahlung

Lange Zeit war umstritten, ob der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen kann, wenn der Mieter eine vereinbarte Kaution nicht zahlt.

Auch dies wird nun gesetzlich normiert. Wichtig für Vermieter hierbei: Der Rückstand muss mindestens der zweifachen Kalt-Miete entsprechen. Alleine vor diesem Hintergrund sollte der Vermieter bereits bei Abschluss des Mietvertrages darauf drängen, eine Kaution von mindestens 2 Kaltmieten zu vereinbaren.

In der Praxis dürfte zudem Bedeutung erlangen, dass eine Abmahnung durch den Vermieter nicht notwendig ist. Alleine die fehlende Zahlung kann daher eine Kündigung rechtfertigen. Es ist davon auszugehen, dass dies nun gerade nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu einer Vielzahl von Kündigungen führen wird.

5. Folgen von Modernisierungsmaßnahmen

Die gesetzlichen Regelungen über die Modernisierung der Mietwohnung und die Folgen für Mieter und Vermieter wurden deutlich überarbeitet. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll hierdurch die Investitionsbereitschaft des Vermieters gesteigert werden, um die wünschenswerte energetische Sanierung der Immobilien voranzutreiben.

Unverändert geblieben ist allerdings der Grundsatz, dass die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von 11% auf die Jahresmiete umgelegt werden können.

Wichtigste Änderung im Bereich der Modernisierung ist sicherlich, dass zukünftig für die Dauer von 3 Monaten der Mieter keine Rechte auf Mietminderung für Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Durchführung von einer energetischen Sanierung geltend machen kann. Für diesen beschränkten Zeitraum ist jegliche Minderung wegen Baulärm oder ähnlichen Beeinträchtigungen vollständig ausgeschlossen. Zur Minderung berechtigt bleibt der Mieter allerdings, wenn die Wohnung aufgrund der Maßnahmen überhaupt nicht mehr genutzt werden kann.

Ferner wichtig: Entgegen der bisherigen Gesetzeslage kann der Mieter die Modernisierung nicht deshalb verhindern, weil die geplante Modernisierung bzw. anschließende Mieterhöhung zu einer besonderen Härte führen würde. Diese Frage wird nunmehr ausschließlich bei der Beurteilung der Mieterhöhung selbst überprüft. Die Modernisierung kann allerdings unabhängig hiervon durchgeführt werden. Allerdings fragt es sich, ob dem Vermieter hierdurch allzu sehr geholfen ist. Denn die meisten Vermieter dürften wohl auf eine Modernisierung verzichten, wenn sie nicht zugleich sichergehen können, die Kosten anschließend auch auf die Miete umlegen zu können.

6. Erleichterung des „Contracting"

Vereinfacht wurden schließlich auch die Regelungen zum „Contracting", d.h. der gewerblichen Wärmelieferung. Die hierfür aufzuwendenden Kosten können zukünftig unter vereinfachten und rechtlich festgelegten Bedingungen dem Mieter im Rahmen der Nebenkostenabrechnung auferlegt werden. Hierfür wird eine neue Regelung geschaffen, die sich in § 556c BGB wiederfinden wird.

Fazit:

Die Reform des Mietrechts soll nach der gesetzgeberischen Vorstellung zu einer Verbesserung der rechtlichen Möglichkeit der Vermieter führen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die meisten neu eingeführten Vorschriften tatsächlich die Rechte der Vermieter verbessern. Mieterfreundliche Vorschriften sind hingegen eher selten.

Mit Spannung kann erwartet werden, welche Bedeutung die neu eingeführte Sicherungsanordnung, die übrigens nicht nur für Mietstreitigkeiten gelten wird, in der Praxis erfahren wird. Eine zurückhaltende Auslegung des doch recht strengen Wortlautes wäre wünschenswert, damit Vermieter auch tatsächlich einen Nutzen aus der Gesetzesänderung ziehen können. Hier kommt sicherlich auch den Rechtsanwälten eine besondere Bedeutung zu, die letztlich die Vorschriften und insbesondere den Antrag auf Anordnung einer Sicherheit zugunsten des Vermieters mit Leben füllen müssen.

Sicherlich bedeutsam wird der neu eingefügte Kündigungsgrund zugunsten des Vermieters werden, wenn die Kaution nicht gezahlt wurde. Eine Vielzahl von Kündigungen, die auf den neuen Kündigungsgrund gestützt werden, ist zu erwarten. Ebenfalls in der Praxis relevant dürfte der Ausschluss des Minderungsrechts für energetische Maßnahmen sein. 

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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