Rückzahlung der Nebenkosten bei fehlender Betriebskostenabrechnung

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BGH rettet Vermieter: Vorauszahlungen von Betriebskosten können von Mietern nur noch eingeschränkt zurück verlangt werden

Betriebskostenabrechnungen sind lästig. Sie sind langwierig, schwierig und kompliziert. Sie sind aber vor allem auch eins: sehr fehleranfällig. Statistisch dürfte die Mehrheit aller Abrechnungen fehlerhaft sein. Viele Vermieter, insbesondere kleinere Privatvermieter, schrecken daher vor einer konkreten Abrechnung zurück.

Mit fatalen Folgen!

Maximilian A. Müller
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Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Wenn Vermieter monatliche Vorauszahlung verlangt, muss er Betriebskostenabrechnung vorlegen

Sieht der Mietvertrag vor, dass der Mieter monatliche Vorauszahlungen auf die Nebenkosten zahlt (wie nahezu jeder Mustermietvertrag der großen Herausgeber), so ist der Vermieter auch zur Abrechnung verpflichtet. Für die Abrechnung hat er grundsätzlich ein Jahr Zeit. Der Vermieter muss daher das Kalenderjahr 2011 im Jahr 2012 abrechnen.

Was aber passiert, wenn der Vermieter seiner Abrechnungspflicht nicht nachkommt?  Für den Vermieter selbstverständlich nichts Gutes.

Ohne Abrechnung kann Mieter die weitere Zahlung von Nebenkosten verweigern

Schwerwiegend ist zunächst, dass der Vermieter nach Ablauf der gesetzlichen Frist keine Nachforderung mehr an den Mieter stellen darf. Auch wenn der Mieter bei einer Abrechnung weitere Zahlungen an den Vermieter hätte vornehmen müssen, kann er nunmehr eine Zahlung verweigern.

Aber das ist noch nicht alles. Selbstverständlich kann der Mieter weiterhin eine Abrechnung durch den Vermieter einfordern, denn ein etwaiges Guthaben ist dem Mieter auch bei einer verspäteten Abrechnung in voller Höhe zu erstatten. Legt der Vermieter keine Abrechnung vor, so kann der Mieter bis zur Vorlage einer Nebenkostenabrechnung die Zahlung der zukünftigen Nebenkostenvorauszahlungen verweigern. Der Vermieter muss also sämtliche Nebenkosten vorfinanzieren und muss, wenn er nicht vollständig auf seine Ansprüche verzichten möchte, eine ordnungsgemäße Abrechnung vorlegen.

Was passiert mit den Betriebskostenvorauszahlungen?

Ist das Mietverhältnis bereits beendet, so hat der Bundesgerichtshof unlängst entschieden, dass der Mieter nicht nur die ausstehende Abrechnung einfordern und auch gerichtlich einklagen kann, sondern dass der Mieter stattdessen auch die geleisteten Vorauszahlungen des nicht abgerechneten Zeitraums zurückfordern kann. Die Konsequenz für den Vermieter war erheblich.

Ein Beispiel gefällig?

Der ahnungslose Vermieter vermietet dem gewieften Mieter eine Mietwohnung ab Januar 2008. Im Mietvertrag sind Nebenkostenvorauszahlungen von 100,00 € monatlich vorgesehen. Der Vertrag endet zum 31.12.12. Da sich der Vermieter Arbeit sparen wollte, rechnete er über die Nebenkosten nicht ab, auch, nachdem er von dem Mieter aufgefordert wurde, kam der Vermieter seinen Pflichten nicht nach.

Die Rechtsprechung gab dem Mieter in diesen Fällen das Recht, den Vermieter auf Rückzahlung von 4.800 € (2008 - 2011, 48 Monate je 100,00 €) in Anspruch zu nehmen. Natürlich konnte der Vermieter dies durch eine Abrechnung während des gerichtlichen Verfahrens verhindern, aber die Kosten für das Verfahren musste der Vermieter dennoch tragen.

Von dieser mieterfreundlichen Regelung ist der Bundesgerichtshof nun mit einer Entscheidung vom 26.09.12 zurückgewichen. (Az.: VIII ZR 315/11).

Nur wer Vorauszahlungen einstellt, kann die bereits getätigten Zahlungen zurückfordern

Der Bundesgerichtshof hat festgehalten, dass ein Rückzahlungsanspruch dann nicht geltend gemacht werden kann, wenn der Mieter aufgrund der fehlenden Abrechnung die Vorauszahlungen hätte einstellen können. Nimmt der Mieter dieses Recht nicht wahr, so steht ihm kein Recht zu, nach Beendigung des Mietverhältnisses die geleisteten Vorauszahlungen zurückzufordern.

In unserem Beispiel bedeutet dies, dass der Mieter nicht etwa die Vorauszahlungen von 2008 bis 2011 hätte einfordern können. Denn ab dem 01.01.10 war der Mieter aufgrund der fehlenden Abrechnung für das Jahr 2008 dazu berechtigt, die Vorauszahlungen einzustellen. Dies hat er nicht getan. Hieran ist er gebunden. Er kann daher lediglich die Vorauszahlungen von 2008 und 2009 einfordern. Hinsichtlich der Jahre 2010 und 2011 ist der Mieter darauf verwiesen, eine Abrechnung einzufordern und einzuklagen. Eine weitere Rückforderung ist hingegen nicht möglich.

Gerade bei längeren Mietverhältnissen und weit zurückliegenden Abrechnungsperioden führt die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu einer Verbesserung der rechtlichen Situation für Vermieter und setzt damit die zu beobachtende Tendenz des Bundesgerichtshofes fort.

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
Leserkommentare
von Tshere am 18.01.2013 13:43:56# 1
Sehr geehrte Damen und Herren:

Regelmäßig beziehe ich Ihren Newsletter und finde Ihre Artikel und Kommentare immer sehr interessant und oft hilfreich. Beim vorliegenden Artikel jedoch finde ich die Attribute "ahnungsloser" Vermieter und "gewiefter" Mieter recht unpassend. Vermieter und Mieter haben beide Rechte und Pflichten. Wenn ich vermiete, muss ich mich auch über meine Pflichten kundig machen und als Mieter über meine Rechte und natürlich umgekehrt. Es kann also wohl keine Rede von einem "ahnungslosen" Vermieter und einem "gewieften" Mieter sein.
Da ich selbst seit über 30 Jahren Mieter in verschiedenen Wohnungen bin, kenne ich die Problematik der Nebenkostenabrechnungen mehr als genau. Komischerweise habe ich in meinem gesamten "Mieterleben" noch nie eine korrekte Nebenkostenabrechnung erhalten, komischerweise waren diese Abrechnungen aber immer zu meinen Ungunsten. Es stößt mir als Mieter dann besonders bitter auf, wenn von "ahnungslosen" Vermietern geredet wird. Ich hingegen als Mieter bin meinen Pflichten immer ordnungsgemäß nachgekommen. Es wäre daher nett, wenn Sie bei Ihren Beispielen einfach nur sachlich bleiben könnten. Hier hört es sich nämlich so an, als wäre der Vermieter das arme Opfer und der Mieter der böse Täter.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

    
von Artico0311 am 19.01.2013 11:44:50# 2
Sehr geehrte Damen und Herren,

da ich seit 40 Jahren Betriebskostenabrechnungen aufstelle hoffe ich ein wenig Ahnung davon zu haben. Dieser Artikel ist schon sehr gut und spiegelt die tatsächlichen Verhältnisse durchaus wieder. Mit den Begriffen " Ahnungslos " und " Gewieft " liegt man vielleicht ein klein wenig daneben aber die könnten beim folgenden nachweisbaren Fall durchaus ersetzt werden. Ein Vermieter vermietet eine 2 - Zimmerwohnung in einem Neubau mit innenliegendem 5 - geschossigem Treppenhaus. Im Mietvertrag wird einvernehmlich vereinbart, dass mit den Allgemeinen Stromkosten auch der Ersatz von Glühbirnen abgerechnet wird. In der ersten fristgerechten Jahresabrechnung fallen dadurch für den Mieter Kosten in Höhe von DM 3,12 an.
Der Mieterverein Leverkusen beanstandet nicht nur diesen Punkt sondern hat an 4 anderen Punkten ( Wasser, Heizung, Gebäudeversicherung, Hausmeister ) unberechtige Beanstandungen. In dem anschließenden Gerichtsverfahren hat das AG Leverkusen dann lediglich die vereinbarten Glühbirnenkosten gestrichen weil das nach den Vorschriften der Betriebskostenverordnung nicht vereinbart werden kann.
Hier könnte man das "Ahnungslos" mit damals " Unwissend " ersetzen. Und das " Gewieft " ersetze ich lieber nicht. Mit freundlichen Grüßen
    
von Rechtsanwalt Maximilian A. Müller am 21.01.2013 18:30:51# 3
Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die beiden Kommentare. Sicherlich wollte ich mit den Begriffen "ahnungslos" und "gewieft" niemandem zu nahe treten. Allerdings wollte ich die Problematik doch etwas "verbildlichen".

Die Erfahrung zeigt, dass gerade Privatpersonen mit der richtigen Vermietung erhebliche Schwierigkeiten haben, gerade im Bereich der Nebenkostenabrechnung. Der Kommentar von Tshere bestätigt dies und ich glaube gerne, dass Sie über 30 Jahre praktisch keine richtige Abrechnung erhalten haben. Ich bin mir aber sicher, dass die meisten Vermieter nicht aus bösem Willen falsche Abrechnungen erstellen, sondern schließt aus Unwissenheit in dem guten Glauben, eine Abrechnung richtig erstellt zu haben.

Diese Unwissenheit wird bei Nebenkostenabrechnung eben durch verschiedene Regelungen zur formellen Wirksamkeit und der gesetzlich verbindlichlichen Frist zur Abrechnung doch recht stark bestraft.

Letztlich stimmt es aber natürlich. Wer sich richtig informiert, notfalls eben auch anwaltlich oder durch Mietervereine sowie Vermietervereine, hält die gesetzlichen Vorgaben auch und kann daher auch seine Rechte richtig durchsetzen. Dies gilt für Mieter wie Vermieter gleichermaßen.
    
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