Was dürfen Mieter in ihrer Mietwohnung, wo sind die Grenzen vertragsgemäßer Nutzung?

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Sie wohnen in einer Mietwohnung? -Dann kennen Sie das sicherlich:

Der Vermieter macht Ihnen, etwa in einer Hausordnung in einem Mehrfamilienhaus Vorgaben, wie Sie sich in Ihrer Wohnung zu verhalten haben.

Jörg Braun
Partner
seit 2010
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Marktstr. 39
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Tel: 0 36 72/41 23 41
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Diese Regeln verfolgen im Normalfall das Ziel, ein geordnetes Zusammenleben zu fördern. Gerade in Mehrfamilienhäusern ist klar, dass hier in größerem Maße Rücksicht zu nehmen ist auf Nachbarn als in einem frei stehenden Einfamilienhaus. Oftmals stehen solche Bestimmungen jedoch - scheinbar oder auch im Einzelfall tatsächlich - im Widerspruch zu dem Recht auf Entfaltung der eigenen Persönlichkeit in der angemieteten Wohnung. Dies umso mehr als auch die angemietete Wohnung in vergleichbarer Weise als Rückzugsort geschützt ist wie das Eigentum.

Regelungen zum Arbeiten in der Wohnung oder über den Empfang von Besuch, die Garten- oder Balkonnutzung oder sonstiger Gemeinschaftsflächen/-räume bis hin zum Wäschewaschen und -trocknen oder Duschen und Baden wirken gegenüber einem Mieter oftmals als Verstärkung des Besitzanspruch des Vermieters und damit gleichzeitig als (unzulässige?) Einschränkung der persönlichen Freiheit in den eigenen vier Wänden.

Doch, was darf ein Vermieter wirksam auf diese Weise beschränken? Welche Konsequenzen drohen dem Mieter bei deren Nichtbeachtung?

Ein Mieter, der gegen wirksam bestehende Pflichten aus dem Mietverhältnis verstößt, riskiert zunächst im Regelfall eine Abmahnung und im Wiederholungsfalle eine (fristlose) Kündigung des Mietverhältnisses. Eine andere gleichwohl schwieriger zu beantwortende Frage ist, was ein Vermieter wirksam untersagen darf und was nicht. Hier ist regelmäßig eine Abwägung zu treffen:

-Grundsätzlich kann eine Wohnung zum Arbeiten genutzt werden, wenn diese hierdurch nicht verstärkt abgenutzt und Mitbewohner nicht durch erhöhten Publikumsverkehr gestört werden. Somit ist es bspw. unproblematisch, wenn eine Lehrerin am Nachmittag, Abend oder auch in der Nacht ihren Unterricht vorbereitet oder Arbeiten korrigiert. Das Betreiben einer Kindertagesstätte oder eins Kosmetikstudios in der Mietwohnung mit notwendigem Publikumsverkehr dagegen ist da natürlich problematischer und bedarf der Zustimmung des Vermieters.

-Besuch dürfen Sie in Ihrer Wohnung selbstverständlich empfangen. Bedingung ist hier jedoch, dass der Besuch auch einmal wieder geht. Dauerbesuch muss der Vermieter nicht grenzenlos akzeptieren. Hier haben sich 6 Wochen als Richtwert etabliert; spätestens nach dessen Ãœberschreitung wird es kritisch. Früher sogar dann, wenn die Wohnung durch den Besuch überbelegt wird.

-Auch über die Art und Weise der Nutzung eines mitvermieteten Balkons lässt sich natürlich streiten, etwa über die Begrünung: Eine solche ist zulässig, soweit hierdurch andere Mieter nicht gestört werden, sei es durch Gießwasser, sei es durch herabfallende Blüten und Blätter. Aus eben diesem Grunde ist es auch dem Vermieter erlaubt, das Anbringen von Blumenkästen u. dgl. auf die Innenseite des Balkones zu beschränken. Grillen auf dem Balkon ist ohne vertragliches Verbot nur zulässig, wenn kein Rauch in Nachbarwohnungen zieht.

-Besonders nach dem Auftreten von Schimmel in der Wohnung streitet man gerne über die Frage des Heizens und Lüftens der Wohnung. Auch hier gilt es abzuwägen. Grundsätzlich darf geheizt und gelüftet werden wie es dem Mieter gefällt. Er hat jedoch Rücksicht zu nehmen auf das Eigentum des Vermieters und sowohl einer Unterkühlung der Wohnung und erst recht Einfrieren von Leitungen entgegenzuwirken. Umgekehrt hat der Vermieter dafür Sorge zu tragen, dass zwischen 6 und 24 Uhr 20 ° C in Wohnräumen und Küche, 22 ° C in Bädern, 18 ° C in Schlafzimmern und Fluren und außerhalb dieser Zeiten überall mindestens 18 ° C erreicht werden können.

-Zur vertragsgemäßen Nutzung einer Wohnung gehört auch das Wäschewaschen. Dies kann im Mietvertrag oder einer Hausordnung nicht wirksam untersagt werden. Damit einhergehende Geräusche wie typische Schleudergeräusche, sind von Nachbarn hinzunehmen. Auch das Trocknen der Wäsche muss in einer Wohnung möglich sein; andernfalls müsste der Vermieter Abhilfe schaffen.

-Das Wasserrauschen beim Duschen oder Baden ist oft auch beim Nachbarn zu hören. Es sind Wohngeräusche, mit denen man leben muss. Hierfür gibt es jedoch grundsätzlich keine Ruhezeiten; auch nächtliches Duschen oder Baden kann durch eine Hausordnung o. ä. nicht wirksam untersagt werden. Auch hier gilt jedoch das Gebot der Rücksichtnahme. Langes Duschen, welches über 30 Minuten innerhalb der üblichen Ruhezeiten hinausgeht, ist zu viel.

Das Duschen in einem Bad, welches nur mit einer Wanne ausgestattet und zudem nur halbhoch gefliest ist, hat gerade das Landgericht Köln als vertragswidrige Nutzung qualifiziert. Danach kann ein Mieter die Miete wegen Schwarzschimmels nicht mindern, wenn dieser auf der beschriebenen Nutzung des Bades beruht.

Wie ersichtlich ist gerade auch im Wohnraummietverhältnis gegenseitige Rücksichtnahme geboten; nicht jede mögliche Störung kann von vorneherein wirksam vollständig untersagt oder beschränkt werden, da damit die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung oft unangemessen eingeschränkt wird. Im Einzelfall sind unter Berücksichtigung von Ausmaß und Dauer von Störungen sowie die Tageszeit ihres Auftretens das berechtigte Nutzungsinteresse des diese verursachenden Mieters gegen das Interesse an eines möglichst störungsfreien Lebens anderer Mietparteien oder des Eigentümers abzuwägen.

Gerade diese notwendige Interessenabwägung bedarf oft anwaltlichen Rats und Unterstützung zur Ermittlung notwendiger und angemessener Schritte gegen tatsächlich nicht akzeptable Beeinträchtigungen.

Braun
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht


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