Widerspruch beim Pflegegrad - Was Sie wissen sollten

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Wenn Sie mit dem Pflegegutachten nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen

Sie sind pflegebedürftig, aber der Pflegegrad wurde von der Pflegekasse abgelehnt? Was gilt es zu beachten beim Einlegen eines Widerspruchs und wie läuft der weitere Prozess ab?

Widerspruch beim Pflegegrad - Was Sie wissen sollten

Wenn Sie ein Pflegegutachten zu Ihrem beantragten Pflegegrad erhalten haben und mit diesen unzufrieden sind, haben Sie die Möglichkeit, einen Widerspruch einzulegen. Immerhin wird fast jeder fünfte Pflegegrad abgelehnt und viele Pflegegradbescheide führen zu einem zu niedrigen Pflegegrad. Oft ist das eine große Enttäuschung für die Betroffenen, da der Pflegegrad bestimmt, welche Leistungen und finanzielle Unterstützung von der Pflegekasse bezahlt werden. Wichtig bei dem Recht, Widerspruch einzulegen ist es, schnell zu reagieren, um die Frist von einem Monat nach Erhalt des Bescheids einzuhalten. In diesem Artikel wird das Widerspruchsverfahren dargestellt und es wird erläutert, was es zu beachten gibt.

 

1. Frist einhalten und schriftlich Widerspruch einlegen

Ungefähr 1-2 Wochen nach der Begutachtung durch den Gutachter vom Medizinischen Dienst (MD) bzw. MEDICPROOF sollte der Bescheid von der Pflegekasse bei Ihnen zugestellt werden. Der Leistungsbescheid übermittelt die Entscheidung der Pflegekasse über Ihre Pflegebedürftigkeit und teilt einen bestimmten Pflegegrad mit bzw. lehnt die anerkannte Pflegebedürftigkeit ab.

Wenn Sie mit der Entscheidung des Pflegegrades nicht einverstanden sind, kann schriftlich Widerspruch eingelegt werden.

Der schriftliche Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids bei der Pflegekasse eingereicht werden. Wenn diese Frist versäumt wird, wird der Bescheid rechtskräftig und ein Widerspruch ist nicht mehr möglich. Für einen höheren Pflegegrad ist dann nur ein erneuter Antrag mit erneuter Begutachtung nach frühestens 6 Monaten möglich.

Beim formlosen Einlegen des Widerspruchs sollten folgende Punkte eingehalten werden:

  • Klare und präzise Formulierung gegen welche Entscheidung Sie Widerspruch einlegen.
  • Falls Sie Ihr Gutachten nicht gemeinsam mit dem Bescheid erhalten haben, fordern Sie dieses Gutachten an.
  • Senden Sie Ihren Widerspruch schriftlich an Ihre zuständige Pflegekasse.
  • Die Begründung kann gleich mitgeschickt oder nachgereicht werden. Wenn Sie nachgereicht wird, sollte dies gleich im Widerspruch angekündigt werden.
  • Es ist empfehlenswert, den Widerspruch per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um den Eingang des Widerspruchs nachweisen zu können.

Falls die Frist schon verpasst wurde, kann der Bescheid nur noch durch ein Überprüfungsverfahren angefochten werden.

Für einen erfolgreichen Widerspruch ist es maßgeblich, dass der Widerspruch begründet wird. 

2. Begründung für den Widerspruch gegen die Ablehnung des Pflegegrads

In der Begründung sollte eine klare Argumentation erkennbar sein, warum Sie pflegebedürftig sind und mindestens Pflegegrad 1 erhalten sollen. Die Gründe sollten ausführlich dargelegt und mit konkreten Beispielen aus dem Alltag verdeutlicht werden. Gegebenenfalls sollten weitere Unterlagen wie ärztliche Gutachten oder andere Nachweise, die den Pflegebedarf darlegen, eingereicht werden.

In der Regel beruht der Bescheid der Pflegeversicherung auf das Pflegegutachten. Darin wird die Selbstständigkeit der betroffenen Person bzw. die Situation, in denen sie Unterstützung benötigt, festgestellt. Mehr zum Pflegegutachten finden Sie auch hier. Daher sollte dieses intensiv geprüft werden. Wurden die Punkte aus den einzelnen Modulen tatsächlich richtig zusammengerechnet? Wurden alle Module abgefragt und auch im Gutachten bewertet? Wo weicht das Gutachten von der tatsächlichen Pflegesituation ab?

Zur weiteren Überprüfung können Sie den kostenlosen Pflegegradrechner von Pflegewächter nutzen, um ein Vergleichspflegegutachten zu erhalten.

Zur Unterstützung der Begründung können Unterlagen eingereicht werden, wie z.B. Arztbriefe, Arztatteste, Krankenhausberichte oder Medikamentenpläne, wenn diese bei der Erstbegutachtung nicht vorlagen oder nicht richtig bewertet wurden. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, ein Pflegetagebuch zu führen, das den pflegerischen Aufwand dokumentiert.

 

3. Pflegegrad Widerspruch abgesendet - wie geht es weiter?

Anschließend wird der Widerspruch und die Entscheidung zum Pflegegrad von der Pflegekasse überprüft. Hierbei wird geprüft, ob neue Argumente oder Unterlagen vorliegen, die eine andere Einschätzung der Pflegebedürftigkeit oder des Pflegegrades rechtfertigen. Sollte die Pflegeversicherung zu dem Ergebnis kommen, dass die Entscheidung zum Pflegegrad falsch war, kann sie eine neue Entscheidung treffen und aus der Aktenlage heraus einen höheren Pflegegrad zustimmen. In den meisten Fällen beauftragt die Pflegeversicherung jedoch eine Wiederholungsbegutachtung. Dann wird der MD bzw. MEDICPROOF beauftragt. Dieser wird sich bei Ihnen zwecks einer Terminfindung für die neue Begutachtung melden.

Mit der neuen Begutachtung gibt der MD bzw. MEDICPROOF der Pflegeversicherung eine Empfehlung ab, welcher Pflegegrad vorherrscht. Das Gutachten wird dem Widerspruchsausschuss der Pflegekasse mitgeteilt. Dieser kann die Entscheidung anschließend bestätigen oder auch revidieren. Daher ist es wichtig, den Widerspruch auch nach einer Begutachtung mit demselben Ergebnis aufrecht zu erhalten, da es Fälle gibt, in denen der Widerspruchsausschuss anders entscheidet. Nachdem der Widerspruchsausschuss getagt hat, wird Ihnen anschließend ein Widerspruchsbescheid oder ein Abhilfebescheid schriftlich zugesendet. Der Abhilfebescheid gibt Ihnen Recht und Sie erhalten einen höheren Pflegegrad. Der Widerspruchsbescheid bestätigt die erste Begutachtung und somit war der Widerspruch nicht erfolgreich.

Insgesamt hat die Pflegekasse für diesen Prozess laut Sozialgesetzbuch drei Monate Zeit. Sollte diese Frist überschritten werden, kann eine Untätigkeitsklage eingereicht werden.

4. Klage vor dem Sozialgericht

Sollte der Widerspruch abgelehnt worden oder die neue Entscheidung der Pflegekasse immer noch nicht zufriedenstellend sein, können Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids Klage beim Sozialgericht einreichen. Klagen beim Sozialgericht sind grundsätzlich kostenlos.

Dennoch ist hierfür eine rechtliche Beratung empfehlenswert, da das Sozialgericht eine formale Klageschrift erfordert, die bestimmte Fristen und inhaltliche Anforderungen erfüllen muss. Hierbei sollten Sie jedoch beachten, dass dies ein langwieriger Prozess sein kann und es in manchen Fällen sinnvoller sein kann, eine Einigung mit der Pflegekasse zu suchen.

5. Unterstützung durch Pflegewächter

Bei all den genannten Schritten kann Pflegewächter Sie kostenlos unterstützen. Die Partneranwälte von Pflegewächter schreiben dabei Ihre Widerspruchsbegründung und leiten alle weiteren möglichen Maßnahmen ein. Der Service ist dabei für Sie von Anfang bis Ende kostenlos. Dafür müssen Sie lediglich den Online-Fragebogen von Pflegewächter ausfüllen, mit allen relevanten Informationen zu Ihrem Fall.

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