ALG II auch für EU Bürger

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Hartz IV für EU Bürger im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzbar

Das SG Berlin hat erhebliche Zweifel daran, ob der Ausschluss von Arbeitslosengeld II Leistungen für EU-Ausländer, die sich zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, mit Europarecht vereinbar ist. Es hat daher einer vierköpfigen rumänisch-spanischen Familie zeitlich begrenzt Grundsicherungsleistungen zugesprochen (SG Berlin, Az.:  S 194  AS 5219/14/ER).

Der Fall: Jobcenter verweigert Hart IV

Die spanisch-rumänische Familie – ein Ehepaar und ihre drei Kinder – lebt seit Herbst 2013 in Deutschland. Zwei Familienmitglieder üben geringfügige Beschäftigungen aus, im Übrigen erhält die Familie Kindergeld.

Ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") lehnte das zuständige Job Center unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Demnach würden für Ausländer und ihre Familien, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, keine Leistungen gewährt.

René Piper
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Die Entscheidung: Zweifel an Leistungsausschluss für EU-Bürger

Der hiergegen gerichtete Eilantrag der Familie hatte vor dem SG Berlin Erfolg.
Das Gericht verpflichtete das Job Center im Wege der einstweiligen Anordnung, vorläufig Leistungen nach dem SGB II abzüglich eines Abschlages von 15%  monatlich zu gewähren.

Es kann – so die Richter - im Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden, ob der Leistungsausschluss zu Lasten der Antragsteller eingreift. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses für EU-Bürger mit dem Gemeinschaftsrecht der EU.

Die danach im Eilverfahren maßgebliche Folgenabwägung fällt zugunsten der Antragsteller aus. Der Familie drohen ohne die Grundsicherungsleistungen existenzielle Nachteile, die sie aus eigener Kraft nicht abwenden kann.

Den Abschlag von 15 % sei gerechtfertigt, da damit der Vorwegnahme der Hauptsache entgegengewirkt wird.

Das Gericht sprach den Antragstellern die Leistungen ab dem Antragseingang bei Gericht zu.  Für die Zeit vor dem Antragseingang sprach das Gericht keine Leistungen zu.  Für diese Zeit erweise sich der Antrag nicht als eilbedürftig, weshalb eine rückwirkende Existenzsicherung nicht in Betracht kommt. Eine Folgewirkung aus fehlenden Leistungen in der Vergangenheit sei nicht ersichtlich.

Der Standpunkt: Immer mehr Gerichte billigen Leitungen im Eilverfahren

Immer mehr Gerichte billigen EU-Bürger Leistungen zur Sicherung des Lebenunterhalts nach SGB zu im Eilverfahren vorläufig zu. Es steht zu erwarten, dass auch der EUGH dem diese Frage vorgelegt wurde, im Sinne dieser Bürger entscheidet. EU-Bürger die in Deutschland leben und arbeitssuchend sind ist deshalb zu empfehlen,  Leistungen zu beantragen und im Eilverfahren durchzusetzen.

Rechtsanwalt René Piper

an diesem Artikel wirkte Rechtsreferendar Jan Bergmann mit.

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