Anspruch auf Alg II (Hartz IV) bei selbstständiger Tätigkeit

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Ist der Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage als Einkommen zu berücksichtigen?

Besteht ein Anspruch auf den Bezug von Alg II- (Hartz IV-)Leistungen, wenn ein Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage bei selbstständiger Erwerbstätigkeit erzielt wurde?

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert (dies umfasst auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit) zu berücksichtigen. Vom Einkommen sind u.a. die auf das Einkommen entrichteten Steuern abzuziehen (§ 11 b Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch).§ 3 Alg II-V regelt die Einzelheiten der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb und Land- bzw. Forstwirtschaft.  Bei der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit ist gemäß §3 Abs. 1 Satz 1 Alg II-V von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbstständiger Tätigkeit erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II (sechs Monate)tatsächlich zufließen. Grundsätzlich ist der Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage im Sinne des § 7 g des Einkommensteuergesetzes Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Ansparrücklagen sollen es dem Selbstständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung wird verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert werden.

Was ist Einkommen und was ist Vermögen?

Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor der Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 30.07.2008, Az. B 14 AS 26/07). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.

Als Vermögen ist z.B. ein Sparguthaben anzusehen, das der Leistungsberechtigte vor der Antragstellung gebildet wurde. Dies gilt auch, wenn das Sparguthaben nach der Antragstellung fällig wird und zufließt (BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 57/07). Das gilt insbesondere in Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, z.B. bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben bleibt auch bei seiner Auszahlung Vermögen. Dasselbe gilt für die Ansparrücklage. Die Ansparrücklage entstammt aus dem Jahre zuvor erwirtschafteten Gewinn. Zum damaligen Zeitpunkt war die Ansparrücklage Einkommen und fließt bei ihrer Auflösung in den Betrieb/das Unternehmen als Investition zurück. Daher handelt es sich tatsächlich um die Freisetzung von angespartem Einkommen und damit um Vermögen.

Im Grundsatz entspricht dem durchgängigen System des Grundsicherungsrechts, auf den tatsächlichen Zufluss einer Einnahme abzustellen, wenn sie als Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung den Leistungsanspruch mindern soll. § 9 Abs. 1 SGB II bringt zum Ausdruck, dass SGB II-Leistungen nicht für denjenigen erbracht werden sollen, der sich nach seiner tatsächlichen Lage selbst helfen kann. Es kommt daher auf den tatsächlichen Zufluss „bereiter Mittel" an. Entsprechend der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II muss korrespondierend bei der Festlegung der zu berücksichtigenden Einkommensteile an die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen angeknüpft werden. Zwar gilt insoweit, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande sieht, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen, andererseits kann ein Leistungsanspruch auch dann gegeben sein, wenn das zu berücksichtigende Einkommen tatsächlich nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht. In diesem Sinne regeln §§ 11 ff. SGB II, dass das Einkommen um zahlreiche Absetzbeträge zu bereinigen ist, bevor es zur Leistungsberechnung heranzuziehen ist. Grund hierfür ist, nicht nur einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen, sondern auch, nur diejenigen Einkünfte tatsächlich bei der Höhe des Alg II-Anspruchs zu berücksichtigen, die tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung eingesetzt werden können.

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